Ein gespanntes Fell und zwei Schlegel
17.03.2024 Persönlich, Musik, Möhlin, RheinfeldenFabian Egger ist von der Basler Trommel fasziniert
Was als Knirps mit dem Schlagen auf Kochtöpfen begonnen hat, ist heute seine grösste Leidenschaft: der Möhliner Fabian Egger ist Tambour mit Leib und Seele. Im Auftrag der Stadtmusik Rheinfelden hat er ein ...
Fabian Egger ist von der Basler Trommel fasziniert
Was als Knirps mit dem Schlagen auf Kochtöpfen begonnen hat, ist heute seine grösste Leidenschaft: der Möhliner Fabian Egger ist Tambour mit Leib und Seele. Im Auftrag der Stadtmusik Rheinfelden hat er ein Trommelstück komponiert, welches an den kommenden Konzerten uraufgeführt wird.
Birgit Schlegel
Schlepp, Tupfen, Mamapapa. Doublé, Coup de Charge, Bataf la. Figuren im Eiskunstlauf? Oder Rezepte aus der Sternenküche? Was sich den meisten wohl als Kauderwelsch präsentiert, ist nichts anderes als das ABC eines Tambours. «Grundlagen» werden die verschiedenen Streiche genannt, diese auf das Minimum reduzierten rhythmischen Figuren, welche bezeichnend sind für die Melodik der Basler Trommel. Fabian Egger beherrscht sie seit seiner Kindheit. In einer Fasnachtsfamilie in Möhlin aufgewachsen war er bereits als kleiner Bub fasziniert von allem, was mit Schlegeln zu spielen war. Nicht verwunderlich, dass er bald bei den Coconuts, dieser legendären Rhythmusgruppe, am Fasnachtsumzug mitwirken durfte.
Noch heute ist der 38-jährige Möhliner, der inzwischen in Basel wohnt, Mitglied der Fasnachtzunft Ryburg, ist aktiver Fasnächtler und nimmt mit den Ryburger Tambouren an Wettspielen der Tambouren- und Pfeiferfeste sowie an Showanlässen teil. Zudem ist er auch immer wieder als Dirigent oder Juror anzutreffen. Und die Basler Fasnacht darf natürlich nicht fehlen! «Schön war’s! Und wir hatten unglaubliches Wetterglück!» Drei Tage war der Tambour mit den Chriesibuebe unterwegs, dieser Fricktaler Formation, die aus rund 45 Trommlern aus der ganzen Schweiz besteht und sich ausschliesslich für die drei scheenste Dääg vereint. Steht das Repertoire fest, treffen sich die Tambouren, Jung und Alt gemischt, zu regionalen Proben, um dann erst kurz vor dem Morgestraich ein erstes Mal zusammen zu trommeln. Das funktioniert? «Aber ja! Jeder Einzelne ist ein top Spieler, ist gut vorbereitet und weiss, worum’s geht. Zudem steht bei den Chriesibuebe die Freundschaftspf lege im Vordergrund», erläutert der Musikant. Trotz der kurzen Vorbereitungszeit verspricht aber auch diese Tambourengruppe eine hohe musikalische Qualität. Längst hat sich dieser zusammengewürfelte Haufen an der Basler Fasnacht etabliert. «Wenn die Chriesibuebe durch die Gassen ziehen, scheppert es das Moos vom Dach!», so ihr Ruf.
Zündstoff im Trommeltext
Mit dem Komponieren kam Fabian Egger ein erstes Mal in Aarau in Kontakt, als er die RS als Militärtambour absolvierte. Kenntnisse über Noten und Theorie habe er da noch keine gehabt. Einen Trommeltext zu schreiben – also ein Stück für Basler Trommeln zu komponieren – war in den weiterführenden Kursen jedoch Pflicht. Eine Zarge, bespannt mit einem Trommelfell, und zwei Schlegel, mehr steht nicht zur Verfügung. Was daran so faszinierend ist, scheint schwierig in Worte zu fassen. «Ich kann es nicht genau sagen», meint Fabian Egger zögerlich. «Die Basler Trommel ist für mich ein Instrument, das nicht nur laut oder leise ist. Man kann sehr viel dazwischen herausholen und differenzieren. Und der Erfolg nach einem aufgeführten Stück gibt mir immer etwas zurück. Ich mache es einfach sehr gern!» Satt und straff ist ihre Sprache. Und es ist immer wieder verblüffend, wie klar und exakt jeder Schlag zu hören ist und welcher Drive entsteht, wenn eine ganze Gruppe mit höchster Präzision einstimmig daher wirbelt. Der Tambour wirkt oft in der Jury an Tambourenfesten mit. Was für den Laien wegen der rasanten Tempi kaum nachvollziehbar ist, ist für ihn klar und verständlich. Sein Gehör ist geschult. Und ob einem 5er- oder sogar 9er-Ruf wirklich die richtige Anzahl Noten voraus geht, erkennt er mühelos. Auch fällt es ihm leicht, die Schlegelführung zu lesen und zu beurteilen. Diese besondere Haltung der beiden Schlegel und die spezifischen Rhythmen: die Basler Tradition hat das Tambourenwesen derart beeinflusst, dass sie sogar in die Liste der lebendigen Schweizer Traditionen aufgenommen worden ist.
«Zündstoff» heisst die spezielle Trommelschrift, welche Fabian Egger für seine Kompositionen am Computer benutzt. Anstelle der fünf gängigen Notenlinien besitzt sie lediglich eine. Die Lage der Noten ober- oder unterhalb der Linie zeigt an, mit welcher Hand der Schlag ausgeführt wird. Dazu kommen Angaben zur Taktart, Dynamik und Verzierung, um den typischen Stil der Basler Trommel zu vervollständigen. «Manchmal trommle ich einfach etwas mit den Fingern und schaue dann, ob es auf dem Instrument klappt», so der Tambour, der alles andere als zapplig daherkommt. «Grundlage sind aber immer die Streiche – also die Grundschläge – der Basler Trommel.» Eben dieser unverkennbare «Schlepp» mit dem leicht vorgezogenen zusätzlichen Schlag, oder dieses gleichmässige «Mamapapa», welches abwechslungsweise mit der rechten und linken Hand ausgeführt wird und sich zum rasenden Wirbel steigern kann. Diese Grundfiguren werden mit Verzierungen und Vorschlägen erweitert und derart komplex ausgebaut, dass sie nicht mehr erkennbar sind. «Und es muss mit den Händen, also ob links oder rechts gespielt, natürlich immer aufgehen und spielbar sein!» Bereits mehrere Kompositionen hat er für die Basler Trommel geschrieben, hat Melodien für Piccolo und Querpfeifen mit Rhythmen unterlegt. Die Anfrage der Rheinfelder Stadtmusik im vergangenen Frühling ist nun aber auch für ihn ein Novum. «Den Rheinfelder Marsch von Heinz Schoenenberger habe ich mir immer wieder angehört, einfach mal dazu getrommelt und dann begonnen, einen Trommeltext aufzuschreiben.» Das Aufgeschriebene ruhen lassen, wieder hervornehmen und ausprobieren, wieder setzen lassen, um es dann erneut bis zur Zufriedenheit abzuändern!
Seit Anfang Jahr ist das Stück nun fertig und der Stadtmusik übergeben. Noch weiss der Komponist nicht, in welcher Art die Schlagzeuger ihn umsetzen werden, wie viele von ihnen sich mit den Streichen der Basler Trommel wirklich auskennen und wer das Solo im Mittelteil übernehmen wird. Lässt sich der Trommelmarsch auch als eigenständiger Marsch, also solo, spielen? «Nein! Der Trommeltext ist spezifisch auf die Stadtmusik zugeschrieben.» Die experimentierfreudige Rheinfelder Stadtmusik lässt sich also auch in diesen Konzerten wieder auf etwas Neues ein. Man darf gespannt sein!
Kaleidoskop, Jahreskonzert der Stadtmusik Rheinfelden im Bahnhofsaal Rheinfelden am Samstag, 23. März, 20 Uhr und Sonntag, 24. März, 15 Uhr. Tickets auf www.eventfrog.ch oder an der Konzertkasse