«Ich lese mit meinen Händen»
13.03.2023 Fricktal, Porträt, Gesundheit, Kaisten, PersönlichClaudia Frey hat ihre Empathie für Tiere zum Beruf gemacht
Seit zwei Jahren lebt Claudia Frey mit ihrem Mann Daniel in Kaisten. Sie betreibt dort «Im Winkel 5» eine Tiergesundheitspraxis. Dabei hat sie sich einem eher exotischen Metier verschrieben: Claudia Frey ist Diplomierte ...
Claudia Frey hat ihre Empathie für Tiere zum Beruf gemacht
Seit zwei Jahren lebt Claudia Frey mit ihrem Mann Daniel in Kaisten. Sie betreibt dort «Im Winkel 5» eine Tiergesundheitspraxis. Dabei hat sie sich einem eher exotischen Metier verschrieben: Claudia Frey ist Diplomierte Biodynamische Craniosacral Praktikerin für Tiere.
Hildegard Siebold
Idyllisch liegt das Haus von Claudia und Daniel Frey, inmitten von Kaisten und doch umgeben von grüner Natur. Nur wenig verrät auf den ersten Blick, dass sich hier eine Tiergesundheitspraxis befindet. Und noch weniger verrät, welch aussergewöhnlichen Beruf die Besitzerin gewählt hat. Ins Auge fallen auf den ersten Blick ihr kurzgeschnittener Blondschopf, der wache Blick und das einnehmende Lächeln.
Claudia Frey ist eine sehr offene Person. Ihre Empathie für Tiere begleitet sie von Kindheit an. Im Wohnzimmer blicken der fremden Besucherin mit neugierigen Augen «Jay Jay» und «Ono» entgegen. Die beiden – Jay Jay ist sieben Jahre, Hündin Ono ist ein Jahr alt – sind liebevolle Begleiter von Claudia und Daniel Frey. Wobei der Staffordshire Bullterrier Jay Jay «ihr» Hund ist und der Pitbull American Bully Ono «seiner», verrät sie lächelnd.
Durch seine Frau ist Daniel Frey überhaupt erst mit Hunden in Kontakt gekommen. Ihr Leben dagegen ist von Kindheit an geprägt von Hunden. Ihre Wiege stand 1976 in Baden, aufgewachsen ist sie in Wettingen, Würenlos und Zeihen. Während Claudia Frey beginnt, aus ihrem Leben zu erzählen, haben sich die beiden Vierbeiner wieder in ihre weichen Kuschelbetten verdrückt und scheinen mit wachen Ohren zuzuhören. Pitbulls zählen zu den so genannten Listen-Hunden, die potentiell als gefährlich eingestuft werden. Ihre Haltung fordert vom Besitzer Auflagen wie etwa eine besondere Ausbildungs- und Prüfungspf licht. Wobei Claudia Frey grundsätzlich der Ansicht ist, dass der Besuch einer Hundeschule für jeden Hundebesitzer hilfreich sein kann. Sie hat sich auf der Suche nach einem Vierbeiner über Facebook auf den ersten Blick in Jay Jay verliebt und seither gehört er zur Familie. Später gesellte sich Ono dazu.
Von der Homöopathie übers Studium zur Craniosacral Therapie
Hunde waren es auch, die sie zu ihrem seltenen Beruf brachten. Als ihr einstiger vierbeiniger Gefährte Murphy an einem unheilbaren Milztumor erkrankte, kam sie auf die Homöopathie, um ihm die verbleibende Zeit zu erleichtern. Sie begann ein Studium der Veterinärmedizin und der Ethologie und dabei wiederum kam sie in Berührung mit der Craniosacral Therapie. Das Thema beeindruckte sie so sehr, dass sie sich für eine Ausbildung zur Biodynamischen Craniosacral Praktikerin bei Nadja Maurer im Ausbildungszentrum für Menschen und Pferde in Emmenmatt im Kanton Bern entschied. Aber was verbirgt sich eigentlich dahinter? Die Craniosacral Therapie für Tiere ist eine weitere Form der Osteopathie. Der Begriff «Craniosacral» bedeutet vom Schädel (Cranio) bis zum Kreuzbein (Sacrum). Und genau darauf konzentriert sich auch die Therapie. Der Fokus liegt auf dem Schädel und der Wirbelsäule bis hin zum Becken. Dort hindurch fliesst der Liquor, die sogenannte Gehirnflüssigkeit. Durch den Fluss des Liquors spürt der Therapeut den craniosacralen Rhythmus, welcher in der Behandlung eine wichtige Rolle spielt. Für geübte Hände ist dieser Rhythmus, der eigenständig wie etwa der Atemrhythmus oder der Herzschlag ist, spürbar. Mit Hilfe verschiedenster Hand- und Fingerpositionen kann Claudia Frey diesen Rhythmus erspüren und die Qualität des Flusses beziehungsweise Blockaden feststellen und mit sanften Berührungen korrigieren. «Ich streichle nicht, ich lege meine Hände auf», erklärt sie. Ihre Aufgabe bestehe darin, die körpereigenen Selbstheilungskräfte des Tieres zu aktivieren, indem sie das craniosacrale System ins Gleichgewicht bringe und dem Organismus den richtigen Weg zur Selbstheilung aufzeige. Sie heilt nicht und sie stellt auch keine Diagnosen, sondern arbeitet sozusagen mit dem Gesunden im Tier. Heilen müsse sich das Tier selbst. Die Sitzungen verlaufen sanft, still und entspannend, niemals dürfe dahinter ein Muss stehen. Hilfreich ist die Craniosacral Therapie etwa vor und nach Operationen, Stress, bei auftretenden Lahmheiten, bei Ängsten, Problemen im Bewegungsapparat oder bei einem Trauma und bei Allergien. Eigens dafür absolviert sie gerade eine zusätzliche Ausbildung in Phyto- und Mykotherapie (Pf lanzen- und Pilzheilkunde). Altes Wissen wird dabei mit modernen Erkenntnissen kombiniert und kann sowohl vorbeugend als auch therapeutisch eingesetzt werden. Überwiegend zählen bisher Pferde und Hunde zu ihren Patienten, die sie entweder in ihrer Praxis oder vor Ort behandelt. Und gerne lässt sie sich überraschen, was sie in Zukunft sonst noch so antrifft.
Einige Umwege
Schon in jungen Jahren war sie neugierig, sich in vielem auszuprobieren. So schnupperte sich als Schülerin im Beruf der Krankenschwester, als OP-Assistentin und als Gross-Tierärztin, bevor sie eine Ausbildung als Raumplanungszeichnerin machte. Später schulte sie um zur eidgenössischen Sicherheitsfachfrau für Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutz und baute schliesslich ein eigenes Fachgeschäft für Tierfutter auf, das sie zwölf Jahre lang führte. Am Ende zählte ihr Betrieb 1000 Quadratmeter Lagerfläche für Pferde-, Hunde- und Katzenfutter. Aber auch wenn sie in ihrer Ausbildung zur Biodynamischen Craniosacral Praktikerin bisweilen an ihre Grenzen ging, sagt sie: «Ich bereue nicht, diesen Weg gegangen zu sein.»