«Zeit ist so etwas Wertvolles»

  17.12.2023 Persönlich, Laufenburg, Frick

Menschen zusammenbringen, das ist die schöne Aufgabe, die Jacqueline Loretan-Gasser beim Besuchsdienst Regio Laufenburg zufällt. Seit Mai vermittelt die Koordinatorin ehrenamtliche Besucherinnen und Besucher an vorwiegend betagte Menschen, die besucht werden möchten.

Simone Rufli

«Diese Art der regelmässigen wöchentlichen Besuche ist etwas ganz anderes, als wenn ich alle paar Wochen mal eine betagte Nachbarin besuche», sagt Jacqueline Loretan und stellt Tageshütehund Daisy ein Schüsselchen mit Milch hin. «In der heutigen Zeit, wo viele sich nicht mehr gerne binden und verpflichten, ist es ein Geschenk, wenn sich Frauen und Männer für diese wichtige, ehrenamtliche Aufgabe zur Verfügung stellen.» Jacqueline Loretan besuchte den Einführungskurs, bevor sie im März 2023 offiziell die Nachfolge von Myrta Zimmermann als Leiterin der Koordinationsstelle beim Besuchsdienst Regio Laufenburg antrat. So habe sie erste Besuchsdienst-Luft schnuppern und das Team kennenlernen können. «Und ich durfte feststellen, dass viel mehr hinter dieser schönen Aufgabe steckt, als ich mir zuvor vorgestellt hatte.» Mitzuerleben, wie die Besucherinnen und Besucher mit Hingabe und Herzblut bei ihrer Aufgabe seien, habe ihr eine neue Welt aufgetan.

Die meisten Besuche erfolgen im Pflegeheim Klostermatte, nur wenige werden daheim besucht. «In der Regel sind es betagte Menschen, es gibt aber auch jüngere, die nach einem Unfall oder wegen Krankheit nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.» Dem Besuchsdienst könne auch dann eine wichtige Aufgabe zufallen, wenn sich Familienmitglieder auch selbst intensiv um ihre Angehörigen kümmerten. «Manchmal tut es gut, mit einer Person zu reden, die neutral und unbefangen ist.»

Führen von Erstgesprächen
Als Leiterin der Koordinationsstelle ist Jacqueline Loretan nur beim ersten persönlichen Kontakt zwischen Besucherin oder Besucher und der zu besuchenden Person mit dabei. Ihre Aufgabe setzt schon früher ein. Sie führt die Erstgespräche. «Als Koordinatorin besteht meine Aufgabe darin – nebst der Erledigung diverser Büroarbeiten und der Organisation von Anlässen für die Besucherinnen – passende Paarungen zusammenzustellen und den Kontakt zwischen Besuchern, Besucherinnen und zu Besuchenden herzustellen.» Für diese Aufgaben ist sie in einem 20-Prozent-Pensum angestellt.

Es war ein Zeitungsinserat, das ihr Interesse weckte. Ein Inserat, erschienen zu einem Zeitpunkt, als sie den Wunsch nach einer beruflichen Veränderung verspürte. Ohne den Besuchsdienst zu kennen, habe sie sich angesprochen gefühlt. «Ich hatte sofort das Gefühl, dass ich mich mit dieser sinnstiftenden Arbeit identifizieren kann.» Sie macht eine Pause, überlegt. «Gekannt habe ich den Besuchsdienst zwar nicht, aber vielleicht habe ich mich unbewusst durch die verwandten Themen angesprochen gefühlt. Langsam Abschiednehmen, begleiten, Trauerarbeit leisten, Gespräche mit Angehörigen führen, damit war ich bei meiner früheren Arbeit als Pfarreisekretärin auch schon konfrontiert.» Zu den vielen schönen Momenten in der Begleitung von älteren Menschen geselle sich etwas hinzu: «Es wird einem sehr bewusst, dass das Leben endlich ist.»

In Frick aufgewachsen
Mit dieser Endlichkeit wurde Jacqueline – damals noch Gasser – früh konfrontiert. «Ich war elf Jahre alt, als mein Vater im Alter von erst achtunddreissigeinhalb Jahren starb.» Und zu alten Menschen habe sie immer schon ein gutes und enges Verhältnis gepflegt, so die 50-Jährige. «Ich bin sehr gern mit alten Leuten zusammen, ich mag sie und höre ihnen gerne zu, wenn sie aus ihrem Leben erzählen. Ich hatte auch immer eine sehr schöne Beziehung zu meinen Grosseltern.» Aufgewachsen ist sie in Frick. «Zu einer Zeit, als Frick halb so viele Einwohner zählte und alle einander kannten.»

Heute wächst auch ihr Sohn in Frick auf. Im Jahr 2018 gründete Jacqueline Loretan zusammen mit Adriana Feger die Krabbelgruppe Rampalino. Inzwischen ist ihr Sohn acht Jahre alt und sie ermöglicht anderen Eltern mit Kindern im Alter von Null bis vier Jahren, immer am ersten Dienstag im Monat im Rampartsaal einen Nachmittag mit Spielen, Plaudern und Spass zu verbringen. «Eine Nachfolgerin zu finden, ist schwierig», sagt sie.

Seit dem 24. Juni 2016 gehört sie auch dem Pfarreirat der katholischen Kirche an. Offiziell in dieses beratende Gremium an der Seite von Kirchenpflege und Seelsorgeteam gewählt wurde sie im Juni 2017. Damals übernahm sie auch gleich das Präsidium. «Ende Jahr gebe ich das Pfarreirat-Präsidium ab, Mitglied aber bleibe ich.» In dieser Funktion wirkt sie unter anderem an der Gestaltung kirchlicher Anlässe mit. Jacqueline Loretan blickt zu Daisy, die es sich im Stuhl neben ihr bequem gemacht hat und lächelt: «Zeit ist so etwas Wertvolles.»


Der Besuchsdienst Regio Laufenburg

Der Besuchsdienst Regio Laufenburg nahm seine Arbeit 2010 in den Gemeinden Gansingen, Kaisten-Ittenthal, Laufenburg-Sulz, Mettauertal und Schwaderloch auf. Träger und Gönner sind diverse Einwohner- und Kirchgemeinden, Pro Senectute Aargau, das Gesundheitszentrum Fricktal, der Verein für Altersbetreuung im Oberen Fricktal (VAOF), RPB Baden (Pflegewohngruppe Laufenburg), Stiftungen sowie Private und Firmen. Besucht werden Menschen in ihrem Zuhause oder in Institutionen wie etwa im Alterszentrum Klostermatte (Laufenburg), dem Pflegeheim GZF Laufenburg, dem Haus Rheinblick GmbH Laufenburg sowie der Pflegewohngruppe Laufenburg. Bis zur GV im Mai eine Trägerschaft mit Ausschuss, ist der Besuchsdienst seither ein Verein, präsidiert von Ursula Jutzi. Im Mai 2024 wird Ursula Jutzi nach elf Jahren das Präsidium abgeben. Die Leitung der Koordinationsstelle ging im Mai 2023 von Myrta Zimmermann an Jacqueline Loretan-Gasser über.

Der Besuchsdienst ist auf Spenden angewiesen u.a. zur Finanzierung von Wegentschädigungen, Weiterbildung und Erfahrungsaustausch. (sir)

www.besuchsdienst-regio-laufenburg.ch, E-Mail: kontakt@besuchsdienst-regiolaufenburg.ch, Telefon 078 268 82 67


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