Am Wochenende ging das diesjährige Solsberg-Festival mit Werken aus der Spätromantik zu Ende. Das Festival bot Interpretationen vom Feinsten.
Edi Strub
Das Publikum war begeistert, obschon zum Teil Stücke auf dem Programm standen, die nicht zu den ...
Am Wochenende ging das diesjährige Solsberg-Festival mit Werken aus der Spätromantik zu Ende. Das Festival bot Interpretationen vom Feinsten.
Edi Strub
Das Publikum war begeistert, obschon zum Teil Stücke auf dem Programm standen, die nicht zu den zugänglichsten gehören. So auch am Freitag am Schlusskonzert, als Arnold Schönbergs Streichsextett «Verklärte Nacht» und das Streichquintett Nummer Nr. 2. von Johannes Brahms erklangen. Dieses Streichquintett sollte eigentlich das letzte von Brahms Werken sein. Es sei Zeit aufzuhören, schrieb er seinem Verleger, als er ihm die Noten sandte. Und tatsächlich erscheint dieses Quintett als eine Art Schlusswort des deutschen Komponisten. Vieles, was er noch in seinen Schubladen hatte, habe er in die Traun geworfen, teilte er seinem konsternierten Verleger ergänzend mit. Ein paar Werke hat er dann aber doch noch komponiert, unter anderem das vielgespielte wunderbare Klarinettenquintett. Aber das 2. Streichquintett repräsentiert dennoch sozusagen die Quintessenz und den Abschluss seines Schaffens. Eine Art Rückschau auf ein ganzes Jahrhundert Musik mit Reverenzen an Richard Wagner, Ludwig von Beethoven, Felix Mendelssohn und Johann Strauss. Brahms liebte Strauss’ Wiener Walzer ganz besonders. Und Csárdás! Er gehörte zu den Stammgästen der ungarischen Platzkonzerte im Prater. Wer sich gut auskennt in der Musik dieser Epoche konnte während des Konzerts immer wieder Anspielungen auf die Werke dieser Komponisten erkennen, dazu viel ungarisch Angehauchtes und eben Walzer. Aber es geht auch ohne diese Kenntnisse. Man kann diesen Brahms auch einfach nur geniessen. Dazu bot die Interpretation des sorgsam zusammengestellten Ensembles mit Sol Gabetta in der Mitte reichlich Gelegenheit. Der Applaus war langanhaltend und herzlich.
Auch das Streichsextett «Verklärte Nacht» von Arnold Schönberg, das nach der Pause erklang, ist ein sehr besonderes Werk. Es ist nicht atonal und auch nicht als 12-Ton-Musik gesetzt, wie man beim Namen Schönberg vielleicht erwarten oder gar befürchten könnte. Im Gegenteil: es gilt als Gipfel der Spätromantik. Das rund halbstündige Werk erzählt musikalisch die Geschichte einer unglücklichen Liebe. Sie beginnt mit einem Spaziergang im Park in einer klaren, kalten Mondnacht nach einer Vorlage des Lyrikers Richard Dehmel. Aber auch das braucht man eigentlich nicht zu wissen. Als Dehmel das frisch komponierte Schönberg-Sextett zum ersten Mal hörte, habe er den Text seines Gedichts ganz vergessen, erzählte er. So versunken sei er in diese wunderbaren Klänge gewesen: Manchmal melancholisch, dann plötzlich dramatisch aufbegehrend, kurz darauf wieder sphärisch schwebend.
Musikalische Reife
Ein anderer Glanzpunkt des Festivals war der Felix Mendelssohn-Abend mit Sol Gabetta eine Woche zuvor in Olsberg. In den Hauptrollen zusammen mit Sol Gabetta die 22-jährige Geigerin Hana Chang aus den USA und die in Russland aufgewachsenen Pianistin Alexandra Dovgan, 17 Jahre. Das Spiel der zwei jungen Frauen verriet eine musikalische Reife und ein technisches Können, das in diesem Alter fast unbegreiflich scheint. Dazu kam das perfekte Zusammenspiel mit Sol Gabetta in «Variations concertantes» und im Klaviertrio in c-Moll.
Das Solsberg Festival gab noch weiteren Ausnahmetalenten und «Young Artists» Gelegenheit zu einem Auftritt. Sol Gabetta war vor ihrer Weltkarriere selbst mal ein solches Jungtalent und weiss daher, wie wichtig und schön es ist, schon früh in einem renommierten Rahmen auftreten zu können. Darum sei es ihr ein grosses Anliegen, einer jungen Generation von Ausnahme-Musikern am Solsberg Festival eine Handreichung zu geben. Im Zusammenspiel mit ihr oder auch Solo.