Sorgenvoller Blick auf den nächsten Winter

  11.08.2022 Brennpunkt, Rheinfelden, Fricktal

Die Wahrscheinlichkeit, dass es im nächsten Winter zu einer Energiemangellage oder einem Blackout kommt, ist gross. Dies erklärt Christoph von Büren, Chef des RFO Unteres Fricktal. Jeder solle sich jetzt vorbereiten.

Valentin Zumsteg

«Ich blicke mit einem mulmigen Gefühl auf den nächsten Winter. Die Schweizer Gesellschaft ist zu wenig vorbereitet», erklärt Christoph von Büren, Chef des Regionalen Führungsorgans Unteres Fricktal. Er befürchtet eine Energiemangellage oder gar einen Blackout. Die Wahrscheinlichkeit, dass es so weit kommt, sieht er als hoch an. Dies könnte bedeuten, dass für einige Stunden oder Tage gar kein oder zu wenig Strom verfügbar ist. «Es kommt derzeit so viel zusammen: Energiewende, Hitze- und Trockenperioden, Abschaltungen und Stilllegungen infolge Reparaturen von AKWs sowie Gasknappheit infolge des Ukraine-Krieges. Hätten wir dies alles vor einem Jahr als Übungsszenario genommen, wären wir wohl ausgelacht worden», sagt von Büren.

Gemeinden sind gefordert
Fällt die Stromversorgung aus, sind die unmittelbaren Folgen weitreichend: Die Feuerwehr muss möglicherweise Leute aus älteren Liften retten, es kann wegen des Ausfalls der Lichtsignal-Anlagen zu Unfällen kommen und die Alarmierung der Einsatzkräfte ist erschwert. «Industrie und Gewerbe stehen still, es besteht die Gefahr von Schäden durch unterbrochene Prozesse», erklärt von Büren. Hält der Stromausfall länger an, gibt es Probleme mit der Versorgung der Bevölkerung (Wasser, Lebensmittel, Wärme, Abwasser) und bei der Gesundheitsversorgung (Spital, Pflegeheim, Spitex, Mahlzeitendienst, Apotheken). «Auch die Sicherheitslage kann kritisch werden», so von Büren. Als Beispiele nennt er Einbrüche, Plünderungen und Zerstörungen.

«Würde das europäische Stromnetz länger als eine Woche ausfallen, rechnen Experten für die Wiederinbetriebnahme mit mehreren Tagen und es birgt die Gefahr von erneuten Blackouts. Man hat keine Erfahrung, wie dies ablaufen würde», sagt der RFO-Chef. Als langfristige Folgen sieht er Versorgungsengpässe in vielen Bereichen wie Lebensmittel und Medikamente. Der Wiederaufbau der Logistikketten würde viel Zeit brauchen, ist er überzeugt.

Eine zentrale Rolle käme bei der Bewältigung einer solchen Krise den Gemeindebehörden zu, denn sie wären vor Ort zuständig. «Das RFO berät die Gemeindebehörden in den Vorbereitungen auf eine Energiemangellage. Heute sind die Gemeinden noch zu wenig vorbereitet. Zentral wird die Kommunikation sein, die ohne Strom schwierig wird», sagt von Büren.

«Nur wer Notvorrat hat, kann anderen helfen»
Aber auch die Haushalte sollen sich vorbereiten. Wichtig sei ein Notvorrat für mindestens sieben Tage. Hinzu komme Beleuchtung (Kerzen, Taschenlampen), Kochmöglichkeiten ohne Strom, Bargeld in kleinen Noten (Franken und Euro), Medikamente für mindestens 14 Tage und ein batteriebetriebenes Radio. «Nur wer Notvorrat hat, kann anderen helfen», betont von Büren. Von Notstromaggregaten, die mit fossilen Treibstoffen betrieben werden, rät er für Private hingegen ab, viel eher helfe eine portable Power-Station mit Solarpanel.

Auf Ende August hat die kantonale Abteilung Militär- und Bevölkerungsschutz alle RFO-Chefs zu einer Sitzung eingeladen. «Dabei geht es um die Vorbereitung für eine mögliche Energiemangellage in der Schweiz», schildert Christoph von Büren. Das Thema wird also ernst genommen.


Bereit für den Notfall

Die Broschüre zum Thema Notvorrat kann auf der Webseite des Bundes heruntergeladen werden. Das Regionale Führungsorgan (RFO) berät die Gemeinden in Fragen des Bevölkerungsschutzes, koordiniert im Ernstfall die Einsätze der Partnerorganisationen, unterstützt die Gemeindebehörden und übernimmt die logistische Koordination. Es sorgt für die Erfüllung von Aufträgen der Gemeinderäte oder des Kantonalen Führungsstabs und erteilt seinerseits Aufträge an die Partnerorganisationen. (nfz)

www.bwl.admin.ch/bwl/de/home/themen/notvorrat.html


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