Kokain in der Milchschnitten-Verpackung

  14.12.2017 Aargau, Rheinfelden, Möhlin, Brennpunkt, Kriminalität

Von Valentin Zumsteg

Gleich einen doppelten Fang machten die Grenzwächter, als sie am 7. Januar 2017 beim Grenzübergang Basel-Weil-Autobahn in einem Fernbus aus Deutschland eine Personenkontrolle durchführten. Sie erwischten einen heute 28-jährigen Syrer, der in der Schweiz zur Verhaftung ausgeschrieben war. Zudem stellten sie an seinem Sitzplatz eine leere Milchschnitten-Verpackung sicher, in der sich 39,4 Gramm Kokain befanden. Bei einem Reinheitsgrad von 72 Prozent ergibt das eine Wirkstoffmenge von 28,3 Gramm.

Der Mann, der in Köln lebt, wurde gesucht, weil er bereits 2014 an einem Drogendelikt in der Schweiz beteiligt gewesen sein soll. Damals reiste er zusammen mit seiner Schwester und einem Cousin sowie einer weiteren Person in die Schweiz ein. Als ihr Auto auf der Autobahn bei Möhlin eine Panne hatte, kam zufällig eine Polizeipatrouille vorbei. Die Polizisten bemerkten, dass der Cousin einen Plastikbeutel wegwarf. Der Beutel konnte sichergestellt werden, darin befanden sich 44 Gramm Kokain. Bei einem hohen Reinheitsgrad von 83 Prozent ergibt das eine Wirkstoffmenge von 36,5 Gramm. Der Cousin wurde verhaftet und später zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Im Laufe des Verfahrens beschuldigte er den 28-jährigen Syrer. Dieser soll ihm das Kokain für den Transport in die Schweiz gegeben haben und der eigentliche Drahtzieher sein.

Am Montagnachmittag musste sich der Beschuldigte nun wegen dieser zwei Drogendelikte sowie wegen weiterer kleinerer Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz vor dem Bezirksgericht Rheinfelden verantworten. Der Angeklagte, der seit 1999 in Deutschland lebt und Vater eines 4-jährigen Sohnes ist, stritt alle Anschuldigungen ab. Einzig den Konsum von Kokain, Marihuana und Haschisch gab er zu. «Mein Cousin beschuldigt mich falsch. Wahrscheinlich will er sich rächen», sagte der 28-Jährige, der bis zu seiner Verhaftung bei einem Autohersteller arbeitete. Der Cousin wolle seine Schwester heiraten, die sei aber nicht interessiert. «Er wollte, dass ich sie zwinge. Doch das geht nicht. Deswegen beschuldigt er mich wahrscheinlich.» Auch das Kokain, das an seinem Sitzplatz im Bus gefunden wurde, gehöre ihm nicht. Allerdings konnte ihm nachgewiesen werden, dass er kurz vor seiner Verhaftung in Basel-Weil mit Kokain in Kontakt gekommen war.

Die Staatsanwältin sprach von einem «schweren Verschulden». Sie attestierte dem Angeklagten kriminelle Energie und eine gewisse Skrupellosigkeit. Straferhöhend komme hinzu, dass er in Deutschland mehrfach vorbestraft sei. Sie forderte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren unbedingt, eine Busse von 200 Franken sowie eine Landesverweisung für zehn Jahre. Der Verteidiger sah das ganz anders. Es gebe keine verwertbaren Spuren, die auf den Angeklagten hinwiesen. Die belastenden Aussagen des Cousins seien unglaubwürdig. Es fehlten die Beweise, dass der Angeklagte Drogen in die Schweiz eingeführt habe. Deswegen forderte er einen Freispruch in allen wesentlichen Punkten.

Das Bezirksgericht unter dem Präsidium von Regula Lützelschwab folgte in seinem Urteil weitgehend der Staatsanwaltschaft. Es verurteilte den Angeklagten wegen qualifizierter und versuchter qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einer Landesverweisung für zehn Jahre. Die bisher ausgestandene Untersuchungs- und Sicherheitshaft von über 330 Tagen wird angerechnet. «Es kann ihm nicht wirklich eine günstige Prognose gestellt werden», sagte die Gerichtspräsidentin.


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