Susi Kramer – Künstlerin unbedingt

  19.08.2017 Aargau, Oberhof, Nordwestschweiz, Kultur, Kunst, Oberes Fricktal, Gemeinden, Literatur

von Susanne Hörth

Susi Kramer greift in ihrem Atelier in Oberhof in eine Schachtel, zieht eine kleine Zeichnung hervor. Trotz der wenigen Striche und Formen zeigt das Bild unverkennbar die Künstlerin. Sie hat es vor vielen Jahren selbst gemalt. «Es braucht nicht immer viele Details, um etwas erkennbar zu machen», sagt sie. Erkennbar, identisch das ist die Oberhöflerin mit in ihrem Schaffen schon sehr lange. Kramers Werke sind voller Licht und Transparenz. Sie kombiniert das mit einfachen, farbenfrohen Formen. Insbesondere das Material Acrylglas hat es der Künstlerin angetan. Mit diesem spannenden, eigenwilligen und immer wieder neue Möglichkeiten bietenden Werkstoff experimentiert Susi Kramer nun schon bereits seit Jahren, grosse Unterstützung erhält sie dabei von ihrem Mann Hans Kramer.

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Er wie auch ein paar weitere Leute haben die Künstlerin motiviert, anlässlich ihres 70. Geburtstag ein Buch, reich bebildert und mit spannenden Texten herauszugeben. «Es war ein schwieriger Entstehungsweg. Es mussten sehr viele Entscheidungen getroffen werden», so Susi Kramer. Insbesondere die Auswahl an Fotos, die veröffentlicht werden sollen, habe viel Zeit in Anspruch genommen. Letztlich war es auch ein Gang durch das eigene Leben. Zurückblicken, erinnern und weitergehen. Aber jetzt, wo sie den ersten Andruck in den Händen hält, ist die Freude über das gelungene Werk gross. «Susi Kramer – Künstlerin unbedingt» zeigt einen Querschnitt durch mehrere Jahrzehnte Kunstschaffen.

Die NFZ hat Susi Kramer ein paar Begriffe genannt. Sie hat sie ergänzt.

Oberhof: ist für mich ein Hafen. Ein Ort, an den es mich immer wieder hinzieht.

Fernweh: Habe ich nicht. Und wenn doch, würde ich es gleich umsetzen. Bin ich dann anderswo, gehe ich auch nicht bewusst auf Entdeckungstour. Es sind die spontanen Sachen, denen ich begegne und die mich inspirieren. Pfützen am Boden oder eine gelbe Decke auf einem Velo-Gepäckträger beispielsweise.

Orient: Oh, das geht weit zurück, über 40 Jahre. Es ist aber noch nach wie vor präsent. Die Freunde, von damals, als ich in den Iran ging, sind noch da. Was nicht mehr ist und sein wird, ist die Unbeschwertheit mit der wir damals dorthin gingen. Heute wird alles viel mehr hinterfragt

Cannes: Zufall gibt es nicht. Nico, der Karikaturist, fragte mich, warum ich in Oberhof arbeite. Ich solle doch in den Süden kommen. Vier Tage später reiste ich nach Cannes. Das Licht dort ist so anders. Vieles ist so unbeschwert. Ich bekam die Chance im Turm eines historischen Gebäudes ein Atelier zu mieten. Dort arbeite ich heute noch regelmässig.

Paris: Das ist meine Stadt. Ich bin zwar nicht mehr so oft dort wie früher. Paris ist Atmosphäre, das Leben dort, die Architektur oder die Museen. Und auch im Winter findet das Leben auf den Strassen statt.

Acrylglas: Dazu bin ich durch den Auftrag für den künstlerischen Schmuck des neuen Kaister Schulhauses 1995 gekommen. Ich suchte nach etwas, das angefasst, aber durch die vielen Kinderhände nicht zerkratzt wurde. Zuerst hatte ich die Idee, auf Plexiglas etwas aufzudrucken. Ich fragte herum. Ein Ingenieur aus dem Welschen brachte die Idee mit dem Flüssigacryl ein. Für mich war das doppelt speziell, zum einen war ich nicht gewohnt, ein Teil der Entstehungsarbeit in fremde Hände zu geben. Zum anderen gab ich fast die ganze Einnahme für den Auftrag in Kaisten für die Herstellung aus. Es war aber ein wichtiger Schritt in meiner Arbeit. Heute giessen wir selber.

Das Repetitive: Das ist durch das Band in meiner Arbeit vorhanden. Für mich entsteht das Ganze erst durch das sich Wiederholende.

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Buchs: Das geht in meine Kindheit zurück. Ich habe nach der Bezirksschule ein Jahr bei meinem Onkel im Welschen verbracht. Wenn ich dort in den Garten ging, um etwa Kräuter oder anderes zu holen, kam ich immer an den Buchssträuchern vorbei. Und jedes Mal strich ich dabei mit den Händen über die Blätter. Erlebte den Buchs mit meinem Tastsinn, spürte in den Blättern wieder das Repetitive.

(Anmerkung der Redaktion: 1990 hat Susi Kramer in ihrem Garten in Oberhof 2000 Buchsbäume gepflanzt. Über die Jahre hinweg, mit viel Pflege und auch mit dem regelmässigen Schneiden – beides durch die Künstlerin selbst – entstand ein ganz besonderer Buchsgarten.)

Gynko: Ich habe selber einen Baum. Er ist noch jung. So etwa 20 Jahre alt. Seine Blätter haben eine wunderbare Form und im Herbst eine sehr schöne Farbe. Ich mag die verschiedenen Stadien dieses Baumes. Und ich mag seine Bälleli, die man essen kann.

Ein Leben ohne Kunst: Hier steht wieder die Frage im Raum, was ist Kunst? Für mich ist gibt es gar keinen so grossen Unterschied. Mein Leben und Kunst gehen ineinander über, es gibt keine Grenze. Kunst ist überall. In jedem Blatt, in jeder Blume. Überhaupt ist die Natur das Schönste. Wir alle sind nur Kopisten dieser Natur.

Alter: Ich bin mir dessen gar nicht so bewusst. Die Leute sagen natürlich, auch Du wirst älter. Das weiss ich, merke, dass ich heute vieles nicht mehr gleichzeitig, sondern nacheinander mache. Gleichwohl ist das Alter nicht wirklich ein grosses Thema. Viele Leute um mich herum sind im Pensionierungsprozess. Tun sich damit auch schwer. Diesen Prozess habe ich nicht. Ich arbeite wie ich es immer getan habe. Kreativität hat nichts mit dem Alter zu tun.

 

 

 

 

 


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