Botschafterinnen zwischen Land und Stadt

  15.05.2017 Gemeinden, Gesundheit, Nordwestschweiz, Kultur, Oberes Fricktal, Landwirtschaft, Unteres Fricktal

von Susanne Hörth

Sind Landfrauen ein alter Zopf, ein Relikt aus früheren Zeiten? Hildi Fischler und Helen Schmid schmunzeln und schütteln den Kopf: «Ganz sicher nicht. Natürlich gibt es sie schon lange. Präsent sind sie nach wie vor. Bei uns sind Frauen jeden Alters dabei, von 25 bis 80 Jahre.» Hildi Fischler aus Möhlin ist Präsidentin der Landfrauen des Bezirks Rheinfelden, Die Wittnauerin Helen Schmid steht den Landfrauen im Bezirk Laufenburg vor.

Das Bild der Bauersfrau, die sich um Hof, Kinder kümmert, im Stall und auf den Feldern, bei der Ernte und beim Verarbeiten der eigenen Produkte stets an vorderster Front mithilft, stimmt nach wie vor auf Vollerwerbsbetrieben. Zwischenzeitlich sind es aber immer mehr Bäuerinnen, die aus wirtschaftlichen Gründen, Teilzeit in ihrem ersterlernten Beruf arbeiten. «Eine Entwicklung in Zusammen mit der Agrarpolitik, die uns zu denken gibt», sinnieren die beiden Frauen.

 

Die moderne Bäuerin ist mit der Zeit mitgegangen, nutzt wie alle anderen auch die Vorzüge des digitalen Zeitalters, setzt sich mit aktuellen gesellschaftlichen, politischen sowie sozialen Themen auseinander und behält die Wirtschaftlichkeit des Betriebes im Fokus. «Man muss dran bleiben und sich weiterbilden. Und das gilt nicht nur für Bäuerinnen, sondern auch für alle anderen Berufe, seien es Fachleute aus der Wirtschaft, Schreiner oder Bäcker», betont Helen Schmid.

Zu den Landfrauen selbst sagt sie: «Wir verstehen uns als offen, naturverbunden, sehr bewusstem Umgang mit den Jahreszeiten und der Umwelt.» Und diese Werte sollen auch weitervermittelt werden. Hildi Fischler hält deshalb auch fest: «Die Landfrauenvereinigung ist zwar der Berufsverband der Bäuerinnen, willkommen ist bei uns aber jede Frau vom Land.»

 

Der Beruf boomt

Für Aufschwung im Beruf der Bäuerin hat auch die SRF-Serie «Landfrauen-Küche» gesorgt. «Die Schülerzahlen auf der Liebegg boomen seither», freut sich Helen Schmid. Die beiden Landrauen-Präsidentinnen sind sich sicher, dass die Sendung insgesamt eine sehr positive Wirkung hatte. Nicht nur das Können der Akteurinnen in der Küche werde aufgezeigt, sondern auch die Naturverbundenheit der Frauen, ihre Vielseitigkeit und ihr breites Einsatzgebiet.

Entstand angesichts dieses breiten Aufgabenspektrums, einer schieren Unermüdlichkeit, einer grossen Kreativität und unendlich scheinendem Schaffensdrang nicht auch der Eindruck einer Überfrau? Hildi Fischler und Helen Schmid lachen. «Nein, was im Fernsehen gezeigt wurde, waren Momentaufnahmen.» Die über Tage aufgezeichneten Aktivitäten aus dem unbestritten reich befrachteten Alltag der Landfrauen seien zur besseren Übersichtlichkeit und natürlich auch aus Sendezeitgründen gerafft und dicht aneinander zusammen gefügt worden. Stolz tönt aus der Stimme von Helen Schmid, als sie noch ergänzt: «Wir sind wirklich vielseitig.»

 

Die beiden Bezirksverbände

Fast 1300 Mitglieder zählen die Landfrauen in den beiden Bezirken Laufenburg und Rheinfelden. Während im oberen Fricktal die Vereine in den Dörfern organisiert sind, fungieren im unteren Fricktal Ortsvertreterinnen als Bindeglied zum Bezirksverband. Als eigentlicher Berufsverband gehört zu den wichtigen Aufgaben der Landfrauen auf nationaler, kantonaler wie auch regionaler Ebene die Ausbildung von jungen Bäuerinnen. Da sich, wie bereits erwähnt, die Landfrauen als eine Gemeinschaft von Frauen vom Land verstehen, sind es aber viele weitere Aspekte, für die sich ein Mitmachen in den Vereinen lohnt. «Wir bieten eine gute Plattform für den Erfahrungsaustausch von aktuellen Themen», nennt Hildi Fischler einen dieser Aspekte. «Entstanden ist auch längst ein wichtiges Netzwerk», sagt Helen Schmid. «Das alles trägt uns auch.» Hildi Fischler kann hier aus langjähriger Erfahrung berichten. Sie gehört bereits seit 1996 dem Bezirksvorstand an. Es sei zwar stets auch mit viel Arbeit verbunden, noch mehr aber zählen die vielen Freundschaften, die durch den Verband entstanden seien.

Im Gespräch mit den beiden Frauen wird immer wieder spürbar, welch hohe Werte die Landfrauen auszeichnen. Sei es die grosse Solidarität untereinander oder auch die grosse Energie, die stets an den Versammlungen spürbar sei. «Das beginnt schon mit den liebevollen Dekorationen. Man fühlt sich willkommen und getragen», so die beiden Frauen. Hildi Fischler weist in diesem Zusammenhang auch auf die stets sehr grosse Teilnehmerzahl an den Versammlungen der Landfrauen.

 

Der Austausch untereinander findet aber nicht nur an diesen Versammlungen statt. Regelmässig bieten die Bezirksvorstände ihren Mitgliedern Kurse in den verschiedensten Bereichen an: sei es in den Bereichen kreatives Werken, Schreibkurse, Gartenthemen und so weiter. Zum Programm gehören auch Vorträge wie etwa zu Gesundheit, Erziehungsfragen, Wechseljahren und andere. Die Landfrauen äussern sich auch zu politischen Themen. Als grösster Schweizer Frauenverband haben die Stimmen der Frauen Gehör im Volk. Ein wichtiger Stellenwert nimmt auch die Ernährung, Familie und die Gesundheit ein. So hat sich aktuell auf kantonaler Ebene der Vorstand zum Lehrplan 21 geäussert und wehrt sich dagegen, dass das Fach Hauswirtschaft nicht zu sehr auf die Seite gedrängt wird. Die beiden Fricktaler Landfrauen-Präsidentinnen wissen: «Wirtschaft beginnt mit Hauswirtschaft. Ein Haushalt ist ein kleines Unternehmen.» Deshalb dürfe dieses Schulfach nicht zum Sparopfer werden.

 

«Landfrauen bewegen»

Mit der neuen, regelmässig erscheinenden NFZ-Kolumne «Landfrauen bewegen» greifen Landfrauenmitglieder aktuelle und persönliche Themen auf. Die Kolumne soll auch, so Hildi Fischler: «Türen öffnen für unsere Anliegen.» Helen Schmid ergänzt: «Wir sehen uns auch als Botschafterinnen zwischen Stadt und Land.»


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