Man schaut nochmals genau hin

  21.01.2016 Kultur, Möhlin, Tradition, Unteres Fricktal, Nachtleben

Von Ronny Wittenwiler

Wortwörtlich der Narrenfreiheit ist es geschuldet, dass die im vergangenen Jahr aufgestellten Kunstwerke und Skulpturen in Möhlin eine kleine Renaissance der kritischen Beurteilung erleben.

«Wenn me dur Meli-Ryburg fahrt, glaubt me fot a spinne,
Me fühlt sich wie i emene Kunschtmuseum inne.

I jedere neue Verchehrsrondelle,
duet me so e komisch Kunschtwärk stelle.»

Kaum montiert im letzten Juni hat der neue Kreiselschmuck auf der Industrieumfahrung, diese stabhochspringende Figur namens «Springinsfeld» des Zürcher Künstlers Max Grüter, das getan, was Kunst doch eigentlich in jedem Fall tut: die Meinungen geteilt. Doch nicht nur dieser Kreiselschmuck findet Erwähnung im offiziellen Plakettenspruch 2016, auch das Kunstwerk, das den Vorplatz der neuen Dreifachturnhalle «garniert», hat einen Platz in den kritischen Herzen der Fasnächtler.

«Ob Meli, das vertröumte schönschti Dorf uf Ärde,
öppe Kultur-Hauptstadt vo Europa möchti wärde?»

Man wird ja wohl noch fragen dürfen.

Die Plakette zur Fasnacht Möhlin-Ryburg selber ziert denn auch diese beiden jüngst eingeweihten Kunst-Werke. Versehen ist die Plakette mit Sujet-Spruch «Kunststück, Meli Ryburg spinnt.» Dieses kleine Kunstwerk, gehalten in Gold (25 Franken), Silber (12 Franken) und Bronze (7 Franken) ist erneut ein Gemeinschaftswerk der beiden   federführenden Fasnachtsvereine im Dorf, der Fasnachtzunft Ryburg (FZR) und der Meler Galgevögel (MGV).
Auch auf die Plakette geschafft neben den beiden Kunstobjekten hat es übrigens ein Narr, der offensichtlich die Nase voll hat – und zwar vom penetranten Kohlgeruch, der 2015 im unteren Dorfteil immer mal wieder für dicke Luft in der Bevölkerung sorgte (herrührend von einem Gemüseverarbeiter im Industriebetrieb). Deshalb gibt es im Plakettenspruch auch zum Thema Kohl den entsprechenden Senf dazu:

«Kulturell ufrüschte duet me au z’Ryburg unde,
dört het me sogar e neui Kunschtrichtig erfunde,

Obwohl das z’Meli it alli düent begrüesse,
duet me dört d’Luft mit emene künschtliche Duft versüesse,

Me findet de neui Kunschttrend scho e chli hohl,
wenns überall stinkt nach Bluemechohl»

Man fasse zusammen: Wahrscheinlich hofft jeder, dass der Geruch wieder verschwindet in diesem Jahr. Bei den anderen beiden Themenschwerpunkten auf der Plakette ist man sich eher uneins. Typisch Kunst halt. Sie liegt im Auge des Betrachters.


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