Es muss Liebe sein

  15.10.2015 Handball, Unteres Fricktal, Porträt, Sport, Möhlin, Persönlich

Die Mehrfachbeziehungen einer treuen Seele: Max Soder

Von Ronny Wittenwiler

Am 1. August 2014 war es um ihn geschehen. Max Soder hatte sich frisch verliebt. Moritz hiess der Auserwählte. Seither schlafen Max und Moritz unter einem Dach an der Kraftwerkstrasse in Möhlin. Dort lebt auch Maja. Mit ihr ist Max seit über 32 Jahren verheiratet. Ein Problem mit dem Neuen an der Seite von Max hat Maja nicht. Im Gegenteil. Moritz ist ihr nämlich geradezu ein weiterer, saumässig passender Beweis: Auf Max Soder ist Verlass. Er ist treu. In jeder Beziehung.

«Für mich hat es immer gestimmt»
Im April 2015 war in der NFZ ein besonderes Inserat zu lesen. Eines, das in dieser schnell drehenden Welt selten geworden ist. Die Gersbach AG in Rheinfelden dankte Max Soder: für 45 Jahre Firmentreue. 1970 in den Betrieb eingetreten, als Jüngling mit knapp 16 Jahren, absolvierte Max Soder zuerst eine Lehre als Spengler, danach eine als Sanitär. Er kam, sah und packte an, sofort. Typ Handwerker. Lieber auf Knien schuften, statt im Büro sitzen. Zuvor die Schule: nicht so sein Ding. «Geradeso durchgeschlängelt», sagt er ganz unverblümt – «mit Ach und Krach halt» – und lacht ein ungemein spitzbübisches Lachen. Es ist eines, das passt für jemanden, der als Jüngster aus einer Familie mit drei Kindern aufgewachsen ist. «Mir liessen die Eltern am meisten durch – finden jedenfalls mein Bruder und meine Schwester noch heute.» Gerade bei Sätzen wie diesen scheint der Schalk ihm noch immer durch alle Poren zu drücken, diesem Max, wie er im Wohnzimmer dasitzt und erzählt, während Moritz hinter ihm in der Küche gerade eine Melone im Stehen frisst.

Nun, wahrscheinlich hat einfach Schwein, wer als Arbeitgeber über 45 Jahre lang und länger einen wie Max Soder im Team weiss. Als Spengler kraxelte er auf Dächern herum und blieb dabei immer auf dem Boden. «Natürlich», sagt Soder, natürlich hätte er mit den Jahren auch mal wechseln, irgendwo in der Stadt arbeiten und dort mehr verdienen können. «Aber wozu? Ich wollte das nicht. Wir waren immer ein gutes Team, tolle Menschen. Ich war nie gefrustet in der Bude, fahre heute noch gerne am Morgen zur Arbeit und abends zufrieden wieder heim.» Mag das im ersten Moment banal klingen, zeugt diese Aussage doch von unbezahlbarer Qualität: von Begegnungen und Freundschaften, die man nie vergessen wird. Ausgerechnet; in diesen Tagen ist es ein Jahr her, als ein Arbeitskollege und guter Freund von Soder plötzlich verstarb. «Das war wirklich schlimm», sagt er, «ein richtiger Schlag», und man merkt, dass es ihm schwerfällt, darüber zu reden. Ein Jahr nach Max Soder war dieser Kollege in die Firma eingetreten. «Bis zum letzten Tag war er mir ein toller Kollege und später ein korrekter Chef.»

Szenenwechsel
Fünf Jahre nachdem Max Soder bei der Firma Gersbach eingetreten war, übernahm er sein erstes Traineramt beim TV Möhlin: die Damen. Damals längstens ein Auge auf seine Maja geworfen, heiratete Max Soder irgendwie auch ein bisschen diesen Möhliner Handballverein. 40 (!) Jahre später, heute also, ist Soder noch immer Trainer der Damen, noch immer verheiratet mit Maja und mit Ausnahme der ersten Mannschaft hat er praktisch jedes Team in Möhlin schon einmal betreut, ist eingesprungen, hat ausgeholfen und war da, wenn wieder mal ein Trainer irgendwo den Hut nahm. Jahrelang trainierte Soder gar zwei Teams und spielte selber in einer Mannschaft. Der gelernte Sanitärinstallateur duschte öfters in der Sporthalle als zuhause, stand praktisch jeden Feierabend auf dem Hallenboden parat. Warum nur? Was um alles in der Welt bringt jemanden dazu, vier Jahrzehnte lang den Schweiss, das Harz und diesen stechenden Duft von all den Muskelsalben zu atmen, ohne irgendwann die Nase voll zu haben? Er macht eine kurze Pause, sagt dann mit einem Schmunzeln: «Natürlich hat es immer Leute gegeben, die einen belächelten und blöde Sprüche machten.» Doch, man glaubt es Max Soder, das alles schien an ihm abzuprallen wie ein satter Schuss an den Pfosten. «Darüber musst du hinwegschauen. Mit jungen Menschen zusammenzuarbeiten, als Team etwas erreichen zu wollen: das ist einfach grossartig.»

In jeder Beziehung
Als sich Max Soder am 1. August 2014 in Moritz verliebt, trägt dieser eine hübsche rote Schleife um den Hals und wiegt zehn Kilogramm. Heute bringt Moritz siebzig Kilo auf die Waage (ohne Schleife). Es waren die Damen vom TV Möhlin, die ihrem Trainer am 1. August 2014 Hausschwein Moritz überreichten: als Geschenk. Max Soder wurde an diesem Tag sechzig. Eigentlich bloss als Jux «seiner Damen» gedacht, entschied sich Soder spontan, das Säuli zu behalten. Moritz hat heute einen eigenen Stall im Freien, einen grossen Korb im Erdgeschoss, wo er die Nacht verbringt und ja, mit seinem dicken Bauch passt Moritz eigentlich nicht so richtig in die sportliche Familie Soder hinein. Doch ausgerechnet er ist ein lebhaft leibhaftiger Beweis für die Überzeugung von Max Soder, seinen eigenen Prinzipien treu zu bleiben: Was man liebt, das soll man pflegen und bewahren – in der jeder Beziehung. Ob im Beruf. Im Verein. Oder zuhause.

Max Soder – dieser ausgesprochene Familienmensch: lässt jetzt plötzlich jeden Morgen vor der Arbeit die Sau raus. Seine Frau Maja findet‘s toll. Und Moritz erst...


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