Vaters Erbe erworben und gemehrt

  16.04.2015 Oberes Fricktal, Unteres Fricktal, Porträt, Rheinfelden, Persönlich

Die heutige Kuratle Group ist ihm nicht Last, sondern Lust – wahrhaftiger Besitz und damit lustvolle Besessenheit, die nie erlahmt und immer zu neuen Taten und Herausforderungen drängt: George Kuratle, Rheinfelden, mit Jahrgang 1953, nennt es Spass am Beruf. «Ich glaube daran: Spass an der Arbeit bringt Erfolg.» Diese Freude am Beruf lebe er seinen Mitarbeitern vor; das wirke ansteckend, habe er in den 42 Berufsjahren beobachtet.

Als er 1974 ins Familienunternehmen eintrat, beschäftigte dieses 18 Personen. Acht Jahre später wurde  die Thermopal AG in Leibstadt durch Alfred  Kuratle einverleibt und die Kuralit AG gegründet. Weitere drei Jahre später wandten sich Kuratles nebst Handels- eigener Wertschöpfungstätigkeit zu, sie boten Zuschneidarbeiten nach Kundenwunsch an. «Ich wusste schon damals: Holz ist nicht nur Möbel- und Energielieferant, sondern ein High-Tech-Baumaterial», sagte er als Junior.

Er hatte sich unterdessen der Weiterbildung, Führungsschulung und Sprachen gewidmet. 1987 eine deutsche Sperrholz Handelsfirma mit rund 300 Mitarbeitenden erworben, saniert, wieder veräussert und mit dem Erlös Vaters Firma gekauft. Das war 1991. Drei Jahre später weihte er das neuerrichtete Holzwerkstoffzentrum HWZ in Leibstadt ein, vereinte 1999 die Kuratle AG sowie die Jaecker AG mit Hauptsitz in Rümlang und Filialen in Oensingen und Zug unter dem Holding-Dach HWH. Der Mitgliederbestand wuchs schlagartig auf 160. Es folgten weitere Übernahmen und Firmengründungen im In- und Ausland, 2014 gekrönt von der Übernahme der Mehrheit der Hiag Handel AG mit 330 Mitarbeitenden in die Kuratle Group, welche heute 18 Gesellschaften in der Schweiz und in Europa, USA, Afrika und Asien mit insgesamt an die tausend Beschäftigten, 20 000 Artikel und -systeme sowie einen Fuhrpark (Meier Logistik) von rund hundert Lastwagen umfasst.

Keine blossen Lippenbekenntnisse

«Wir wollen ein führender Anbieter von Lösungen im Bereich Handel, Logistik und Lagerung regional, national und international sein. Produktionen unterstützen wir mit Eigenmarken. Wir bieten innovative Gesamtlösungen an. Wir sind bestrebt, nachhaltige Arbeitsplätze zu schaffen sowie junge Menschen auszubilden und zu fördern. Personalförderung und Weiterentwicklung der Mitarbeitenden sind uns Daueranliegen. Wir bekennen uns zu einer fairen, ethischen und verantwortungsvollen Unternehmerstrategie», sagt George Kuratle. Das sind nicht blosse Lippenbekenntnisse, sondern Fakten: Unter anderem hat er 2010 nebst der nationalen «Wood Conference», ein Netzwerk zur Förderung von Holzbauprojekten in Südafrika, die «Wood Student Foundation» («WSF») gegründet, welche zum Ziel hat, mittellosen Studenten eine Studienrichtung Holz zu ermöglichen.

Besessenheit und Erfolg können den Blick für die Realität trüben. Aber nicht bei George Kuratle: «Ich bin mir vollauf bewusst, woher mein Erfolg stammt. Ich hatte zum einen immer gute Leute um mich geschart, langjährige treue Mitarbeiter, die das Werk mittragen.» Der dienstälteste Mitarbeiter sei 52 Jahre in der Firma beschäftigt. Vom Lehrling bis zur Pension und noch zwei Jahre darüber. Die jährliche Jubilarenliste umfasse zwanzig bis dreissig Personen. Das 60-Jahr-Jubiläum der Kuratle Group nimmt er zum Anlass für einen Firmenausflug diesen 25. April: Mit rund 600  Personen geht es per Extrazug mit der im Gründungsjahr der Firma Kuratle, 1955, erbauten und ein Jahr später eingesetzten Lokomotive «Aargau» vom Typ Ae 6/6 Baujahr 1956 an den Bodensee, zu einer Rundfahrt mit dem Motorschiff «Sonnenkönigin».

 

Den Respekt der Mitarbeiter erarbeiten

Zum anderen erfreue er sich treuer Kunden, einem guten Händchen und einer Portion Glück, meint er bescheiden und setzte jenes verschmitzte Lächeln auf, das viele noch von seinem verstorbenen Vater Alfred kennen. «Ich habe von meinem Vater viel geerbt», sagt George Kuratle, «vor allem das Selbstbewusstsein und die Geradlinigkeit. Er war ein Unternehmer und Politiker wie er im Buche steht.» In seinem Büro in Leibstadt hängt nicht etwa ein Bild von ihm, sondern – der Hut, der fast etwas wie Alfred Kuratles Markenzeichen war und den dieser unterwegs nur zur Begrüssung ablegte. «Ich hatte mit meinem Vater die beste Zeit in jenen 14 Jahren ab 1991, in denen er bei mir angestellt war», erinnert sich George Kuratle, der sich so viel wie möglich um Mutter Erika kümmert, die in Laufenburg lebt. Zeitlich ist das eher wenig, meint er etwas bekümmert, denn «so um die hundert Tage im Jahr bin ich geschäftlich im Ausland.»

Wünsche für die Zukunft? Er überlegt lange. «Erstens Gesundheit, damit ich noch lange die Mitarbeiter in den Werken besuchen und meine Reisen absolvieren kann», sagt er. «Dass zweitens das Unternehmen weiter wächst und sich mit dem Management entwickelt und drittens die Nachfolgeplanung klappt.» Letzteres scheint gewiss: Immerhin sind alle drei Kinder entweder bereits im Unternehmen beschäftigt oder im Studium und gewillt einzutreten, und zwar «von der Pike auf, denn nur so können sie sich den Respekt ihrer Mitarbeiter verschaffen.»


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