«Ich war noch nie bei einer Meisterfeier dabei»
02.04.2015 Fussball, Unteres Fricktal, Porträt, Sport, Rheinfelden, PersönlichEs ist 13 Uhr. Luca Zuffi kommt gerade vom Mittagessen mit der Mannschaft. Seit Paulo Sousa FCB-Trainer ist, nimmt die Mannschaft das Morgen- und das Mittagessen immer gemeinsam ein. Der Wind bläst kalt über die Terrasse vor dem Stadion-Eingang zu Sektor A. Zuffi zieht den Reissverschluss an seiner gelben Jacke höher. Drinnen in der Rotblau-Bar, im ersten Stock des St. Jakob Park, erzählt er, was ihn, den Winterthurer, im vergangenen Sommer ins Fricktal gebracht hat. «Weil ich an meinen freien Tagen oft zu meiner Familie und meiner Freundin nach Winterthur fahre, habe ich einen Wohnort gesucht, der von Winterthur aus gesehen etwas vor Basel liegt. In Rheinfelden bin ich auf eine schöne Wohnung gestossen, in der ich mich sehr wohl fühle.» Dass Rheinfelden bereits zum Fricktal gehört, habe er vorher nicht gewusst. «Das Städtchen gefällt mir. Ich habe auch bereits ein Lieblingsrestaurant und ich mag die ländliche Umgebung. Ich habe gerne grüne Flächen.» Dass wir uns trotzdem mit Blick auf die vielbefahrene St. Jakobs-Strasse und mit dem Stadion im Rücken in Basel treffen, erklärt sich damit, dass Medienarbeit zum Business eines Fussballprofis dazu gehört. Und solange es das Business betrifft, hilft der FCB seinen Spielern beim Vereinbaren von Terminen und der Wahl des Treffpunkts. Wenn er am Ende eines gewöhnlichen Trainingstages gegen 15 Uhr in Rheinfelden aus dem Auto steigt, beginnt für Zuffi die Freizeit – fernab von Rummel und Verpflichtungen. Am liebsten verbringt er die fussballfreien Stunden mit seiner Freundin. «Sie kommt meistens am Sonntag und bleibt bis am Dienstag bei mir.» Ab und zu ist er auf dem Golfplatz beim Kieshübelhof anzutreffen.
Der Mann mit dem berühmten Vater
Hat er länger als nur einen Nachmittag frei, fährt er nach Winterthur. Dort im Kreis seiner familieneigenen Fussball-Experten tankt er neue Energie. Sowohl der ältere Bruder Sandro (28) als auch der jüngere Nico (23) spielen in der 1. Liga Promotion bei YF Juventus Zürich. Beide verfolgen mit Interesse, was der Bruder auf dem Platz macht. «Wenn es ihnen möglich ist, kommen sie zu meinen Spielen. Sie freuen sich mit mir und sind stolz auf mich.» Vater Dario Zuffi trainiert die U21 des FC Winterthur und ist durch seine eigene Profi-Karriere ohnehin eng mit dem FCB verbunden. Er war es, der im Mai 1994 im Auswärtsspiel gegen Etoile Carouge den FCB mit seinem Goal in der 74. Minute nach sechs Jahren in der Nationalliga B (heute Challenge League) zurück ins Rampenlicht der NLA (Super League) schoss. Mit dem Fangesang «Nie mee Nati B» wurde die Mannschaft damals bei ihrer Rückkehr aus Genf – es war bereits nach Mitternacht – von rund 20 000 begeisterten Menschen auf dem Barfüsserplatz empfangen. Wir erinnern uns – im Gegensatz zu Luca Zuffi, der damals erst vier Jahre alt war. Dass aufgrund dieses emotionalen Ereignisses noch heute viele FCB-Fans beim Namen Zuffi zuerst an Vater Dario denken, ist für den Sohn kein Problem. Wie Dario damals, trägt er heute die Rückennummer 7. «Wir stehen uns sehr nahe. Ich bin dankbar, einen im Fussballgeschäft erfahrenen Vater zu haben. Seinem Rat kann ich zu hundert Prozent vertrauen.» Keine Selbstverständlichkeit in einem Umfeld, wo manch einer nur davon träumt, im Sog eines erfolgreichen Fussballers möglichst schnell zu viel Geld zu kommen. Geträumt hat vor Jahren auch Luca Zuffi: «Ich träumte davon, in ein Stadion einzulaufen und die Hymne der Champions League zu hören.» Zu hören bekommen hat er sie im letzten Herbst je zweimal gegen Real Madrid, gegen den FC Liverpool und gegen Ludogorets Razgrad und vorläufig das letzte Mal am 10. März in Porto. Mit dem Spiel im Estadio Santiago Bernabéu in Madrid ging Zuffis zweiter Kindheitstraum in Erfüllung. «Ich bin von klein auf Fan von Real Madrid. Dass ich mit dem FCB gegen meine Traummannschaft spielen konnte, ist einfach grossartig», kommt Zuffi ins Schwärmen.
Von Thun zum FCB
Spielen darf Zuffi, obwohl noch nicht lange im Team des FCB, unerwartet oft. Nur fünf Feldspieler sind in den bisherigen 25 Spielrunden häufiger zum Einsatz gekommen als der Winterthurer. «Als ich im letzten Sommer vom FC Thun zum FCB kam, war das ein grosser Schritt für mich. Ich habe deswegen auch nicht zu viel erwartet. Dass mich der Trainer schon so oft hat spielen lassen, ist mir zusätzliche Motivation, es noch besser zu machen», bleibt Zuffi bescheiden. Ausserordentlich fair ist Zuffi, das zeigt der Blick in die Statistik. Erst vor kurzem, am 28. Februar, im Heimspiel gegen Vaduz, hat er sich die erste Verwarnung geholt. Und wovon träumt Luca Zuffi heute, nachdem seine Kindheitsträume in Erfüllung gegangen sind? «Ich war noch nie bei einer Meisterfeier dabei und auch ein Cupsieg wäre sehr schön.» (sir)