Eine leidenschaftliche Designerin

  11.12.2014 Möhlin, Unteres Fricktal, Porträt, Persönlich

«Elisa Kaufmann will mit ihrer Mode Geschichten ohne Worte erzählen». Dieser prägende Satz begegnet einem immer wieder beim Stöbern nach der jungen Schweizer Designerin im Internet. Als sie die Tür ihres Elternhauses in Möhlin öffnet, machen sich augenblicklich ganz andere Gedanken breit. Da steht eine fröhlich lachende, unbeschwerte junge Frau, die so zierlich wirkt, dass ihr breites  Lederband am schlanken Handgelenk im ersten Moment fast ein wenig überdimensioniert erscheint. Bei näherem Hinsehen wendet sich das Bild. Da sitzt eine Frau am Tisch gegenüber, die ganz genau weiss, was sie will. Eine, die vieles erlebt hat auf ihrem Weg zu ihrem Traum. Elisa Kaufmann ist längst nicht angekommen. Viele mutige Schritte aber hat sie bereits gewagt und geschafft. Der vorläufig grösste Erfolg ihrer Karriere als Modedesignerin war ihr Siegeszug beim Annabelle Award in Zürich. Elisa Kaufmann überzeugte im Reigen von fünf Nachwuchs-Designerinnen mit futuristischer Mode: Fliessende lange Kleider in edlem Creméweiss oder Blutorange-Tönen, die starke Kontraste setzten mit der Beigabe von Stücken aus Schichtholz – mal in Form eines Mieders, dann wieder wellenförmig als Kopfstück. Die Holzkleidteile sind in Zusammenarbeit mit dem Möhliner Innenarchitekten Patrick Doggweiler entstanden. Der Lohn für Kaufmanns ungewöhnliche Kollektion ist ein sechsmonatiges Praktikum beim diesjährigen Annabelle-Designer Jean-Charles de Castelbajak in Paris. Wohnung und ein Taschengeld sind inklusive.

 

Grossmutter, die Schneiderin

Den Weg dahin hat sich die 27-jährige Fricktalerin mit viel Fleiss erkämpft. Die Affinität zur Mode und zum Zeichnen kristallisierte sich früh heraus. «Ich habe schon immer gerne gezeichnet und textiles Werken war eines meiner Lieblingsfächer in der Schule», erzählt sie. Und dann war da noch die Grossmutter, die mit im Elternhaus wohnte. Sie war Schneiderin. Ihr hat Elisa Kaufmann schon als Kind über die Schulter geschaut. Von klein auf begleitete das  Surren der Nähmaschine ihre Kindheit.  Ganz besonders spannend war für das kleine Mädchen jedes Mal, wenn die Grossmutter neue Stoffe eingekauft hatte. «Das hat mich fasziniert», erinnert sich Elisa Kaufmann. Irgendwann durfte sie an die Nähmaschine, nähte ihr erstes Puppenkleid. Nach der Bezirksschule wählte sie auf dem Gymnasium ganz bewusst bildnerisches Gestalten als Schwerpunktfach, entwarf ihr erstes Outfit und wusste, das war ihr Metier. Zielstrebig steuerte sie von da an auf das Modedesign zu, suchte nach der Matura nach einem Ausbildungsbetrieb für eine verkürzte Schneiderlehre. Im Atelier Gardos in Basel wurde sie fündig, musste nur zweieinhalb, anstelle von drei Jahren lernen. Das Ziel hatte sie klar vor Augen: Die Fachhochschule für Mode-Design in Basel. Elisa Kaufmann wusste, wie anspruchsvoll die Aufnahmekriterien waren. Deshalb absolvierte sie nach der Schneiderlehre, die ihr das nötige Rüstzeug für das Handwerk vermittelte, mehrere Praktikas. Sie wollte einfach noch mehr Erfahrung im Modedesign sammeln. Barcelona, Berlin und Paris waren ihre Stationen. Dann kam die Aufnahmeprüfung. Zehn Tage hatte sie Zeit für eine Hausaufgabe. «Wir mussten einen Männeranzug in ein Hosenkleid umarbeiten», schildert sie. Dazu kamen drei Tage an der Schule mit diversen Aufgabestellungen und einem sehr herausfordernden und kritischen Gespräch. 20 von 90 Bewerbern erhielten am Ende eine Zusage, auch Elisa Kaufmann. Da sei sie schon sehr froh gewesen. «Ich wollte das einfach machen», sagt sie. Dreieinhalb Jahre dauerte der Bachelor-Studiengang, den sie im März dieses Jahres erfolgreich abschloss. Sie stiess bisweilen sehr an ihre persönlichen Grenzen. Gerade in der letzten Phase des Studiums blieben oft weniger als fünf Stunden Schlaf. Trotzdem war es für Elisa Kaufmann eine tolle Erfahrung. «Du bist einerseits sehr frei, muss aber halt die Deadlines einhalten», erklärt sie. Auch zum Studium gehörten mehrere Praktikas, die sie nach London und Amsterdam führten und ihr sehr eindrückliche Erfahrungen bescherten. Eigentlich wollte sie nach dem Studium erst einmal durchatmen. Aber, so lacht Elisa Kaufmann, meistens kommt es anders als man denkt. Derzeit arbeitet sie als Freelancerin. Und im Januar geht es nach Paris. Was danach kommt: Einfach mal sehen. Ihr Traum ist ein toller Job als Designerin. Dafür möchte sie weitere Erfahrung sammeln und dazwischen immer wieder heimkommen in ihr Elternhaus und ihren Zufluchtsort in Möhlin. Denn trotz aller Stippvisiten in die grosse Welt der Mode ist sie eine sehr bodenständige und gar nicht abgehobene  junge Frau geblieben, die einfach ihre Leidenschaft lebt.


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