«Sie Frau Waldmeier: Danke für die Geschichte, die du uns erzählt hast»
11.09.2014 Lifestyle, Unteres Fricktal, Religion, Möhlin, PersönlichIrgendwann wird es Tobias zu bunt. Genug gefragt! So, dünkt einen, will es der junge Mann der NFZ jedenfalls vermitteln. Nach rund einer halben Stunde hat die Fragerei ein Ende und Tobias sein Grossmutti wieder ganz für sich alleine. Ist ja schliesslich ihr gemeinsamer freier Dienstag. Beide geniessen ihn sichtlich.
Grossmutti, das ist hier in dieser Geschichte Beatrice Waldmeier aus Möhlin, verheiratet und heimatverbunden, Mitglied der Trachtengruppe, Präsidentin vom christkatholischen Kirchenchor; eine, die jetzt auch noch Jodeln will. Beatrice Waldmeier ist aber auch Neo-Pensionärin. Hinter ihr liegen nicht weniger als 33 Jahre Religionsunterricht in der christkatholischen Kirchgemeinde Möhlin.
Mit Liebe und Leidenschaft
Als gelernte Kindergärtnerin und frischgebackene Mutter rutschte sie damals, anno 1981, in den Dienst vom lieben Gott und ist es offiziell geblieben bis zum Ende des vergangenen Schuljahrs. Für die ganz Kleinen war sie da, unterrichtete Mädchen und Buben der Ersten und Zweiten Primarklasse. Kommenden Sonntag nun wird sie von der christkatholischen Kirchgemeinde Möhlin offiziell verabschiedet. Damit schliesst Waldmeier ein Kapitel ihres Lebens, dem sie sich mit Liebe und Leidenschaft verschrieben hatte. So jedenfalls macht es den Anschein. Denn wie sie davon erzählt, von den vielen Mädchen und Buben, denen sie «Reli» gab, und wie sie lächelnd berichtet, selbst von den einen oder anderen «Strolchen» aus der Schulbank, die sie mit ihrer offenen Art zähmen konnte, und wie einige von ihnen noch lange Zeit später mit dem Töffli an ihr vorbeifuhren und ihr ein herzliches «Grüezi Frau Waldmeier» zuriefen – all das macht den Anschein, dass hier ein Mensch mit seinem Wirken etwas bewirkte. Wohlverstanden: Nicht mehr alle «ihre» Kinder fahren Töffli, steuern doch die ersten Mädchen und Buben im Religionsunterricht von Waldmeier längst auf die vierzig zu. Wechselten die Kinder, blieb für Waldmeier eines stets ihr Credo: «Ich wollte nie einfach Kirchenunterricht erteilen. Es war vielmehr eine Art Lebenskunde nach christlichen Grundsätzen.» Waldmeier wollte Werte vermitteln. Nächstenliebe, Respekt oder Dankbarkeit; mit Geschichten aus dem Leben, einfach verständlich, «weil die Sprache der Kinder» nun mal eine andere sei als diejenige der Erwachsenen. Dabei erinnert sie sich an diesen einen Buben, der nach jeder Religionsstunde immer dasselbe loswerden musste: «Sie Frau Waldmeier: Danke für die schöne Geschichte, die du uns erzählt hast.»
Worte aus dem Abschiedsalbum
Nun ist Schluss. Waldmeier gab ihre letzte Religionsstunde nach 33 Jahren, und es bleibt ein bisschen mehr Zeit für die vielen anderen Dinge des Lebens, die sie ebenso leidenschaftlich betreibt. Kirchenchor, Tanzen in der Trachtengruppe Möhlin, Singleitung im Trachtenchor in Gipf-Oberfrick, ihr Engagement in einem privaten Flötenensemble. Die Liste ist unvollständig. Brauchtumspflege scheint ihr ein heiliger Gral. Kein Wunder also, hat sie noch diesen Plan: «Ich möchte Jodeln lernen.» Ein paar Gehversuche hat sie schon gemacht. Ohne Musik wäre ihr das Leben ein Irrtum. Und auch wird die Erinnerung an ihre langjährige Tätigkeit als Religionslehrerin nicht verklingen. Ein Abschieds-Album von Mädchen und Buben aus dem Tal und aus Obermumpf, wo sie ebenfalls tätig gewesen war, zeugt davon. Darin hat ein Mädchen eine schöne Zeichnung und eine noch schönere Botschaft hinterlassen: «Liebe Frau Waldmaier: ich Mag dich ser.»
Könnte wohl genauso gut von Tobias stammen. So genüsslich, wie er beim Fototermin dreinblickt. Auf dem Schoss von seinem Grossmutti. Der pensionierten Reli-Lehrerin nach 33 Jahren Dienst.