Der Mann mit der hohen Stimme

  11.09.2014 Musik, Unteres Fricktal, Porträt, Rheinfelden, Persönlich

Da ist diese hohe, einprägsame Stimme. Zum Beispiel wenn Timo Klieber «Udiste mai» aus der Oper «Poro» von Georg Friedrich Händel singt. Das geht durch Mark und Bein und berührt den Zuhörer. Man fühlte sich in eine andere Zeit und Welt versetzt. Singt da ein Mann oder eine Frau? «Es ist mir nie schwergefallen, hoch zu singen», erklärt der 32-jährige Musiker, der seit rund sechs Jahren mit seiner Familie in Rheinfelden lebt. Dass er Sänger werden will, stand für ihn schon früh fest. «Etwas anderes kam eigentlich gar nie infrage», erzählt er mit einem Lachen.

Vom Stimmbruch wenig gemerkt

Aufgewachsen ist Timo Klieber in Zürich. «Ich bin mit meinen Eltern regelmässig in Konzerte und die Oper gegangen. Es war ihnen wichtig, dass wir Kinder auch mit klassischer Musik in Berührung kamen.» Besonders die Oper – und hier die hohen Stimmen – haben ihn fasziniert. «Ich selber habe vom Stimmbruch wenig gemerkt und konnte auch danach in hoher Lage weitersingen.» So wurde er zum Countertenor, auch Altus (lateinisch für hoch) genannt.

Lange Jahre war Timo Klieber Mitglied der Zürcher Sängerknaben. «Nach der Matura war klar, dass ich ganz auf die Karte Musik setzen werde.» Das Grundstudium absolvierte er an der Musikhochschule Luzern, das Lehr- und anschliessend das Konzertdiplom erlangte er an der Zürcher Hochschule der Künste. Neben seinem Repertoire-Schwerpunkt Renaissance und Barock gibt er auch Konzerte zeitgenössischer Komponisten. «Die hohen Stimmen erleben derzeit einen kleinen Boom. Sie setzen sich auch an den Opernhäusern durch. Es gibt als Countertenor mehr Auftrittsmöglichkeiten als noch vor ein paar Jahren. Die Nachfrage ist gestiegen.» 

 

«Eine grosse Chance»

Nach Rheinfelden kam Timo Klieber durch seine Frau. Hier wohnen sie zusammen mit ihren Zwillingen in einer Altstadtwohnung mit knarrenden Holzböden. Kürzlich trat Timo Klieber als Solist im Rahmen der «Abendmusiken» in der reformierten Kirche Rheinfelden auf. Es war sein erster grösserer Auftritt an seinem Wohnort. «Das war ein schöner Anlass.»

Die nächsten grossen Auftritte stehen bald an: Im Oktober ist Timo Klieber eingeladen, an der internationalen Opern-Werkstatt in Thun, Sigirswil, Bern und Zürich teilzunehmen. Das ist ein Treffpunkt für hochbegabten Sängernachwuchs aus aller Welt. Das Ehrenpräsidium hat Bundespräsident Didier Burkhalter inne. Zahlreiche Intendanten von Opernhäusern werden dort im Publikum sitzen und nach jungen Talenten Ausschau halten. «Das ist eine grosse Chance», so Klieber. Er bereitet sich derzeit intensiv darauf vor.

 

«Händel liegt mir sehr»

«Ich bin eigentlich ein eher introvertierter Mensch. Die Musik bietet mir eine Möglichkeit, um mich auszudrücken.» Dabei sei er als Sänger auf das Publikum angewiesen. «Ich will das Publikum berühren. Im Idealfall ist das Konzert ein Erlebnis, das bei den Zuhörern weiterwirkt.»

Einen Lieblingskomponisten hat er nicht. «Händel liegt mir aber sehr. Ich singe eigentlich alles vom ihm sehr gern.» Neben seinen Auftritten als Sänger unterrichtet Timo Klieber in seinem eigenen Gesangsstudio in Rheinfelden. «Dabei geht es nicht nur um das Singen. Ich möchte den Leuten auch helfen, mit ihrer Sprechstimme locker und frei umgehen zu können. Das kann im Alltag helfen.»

Ein besonderes Anliegen ist ihm das «Eltern-Baby-Singen», das er an der Musikschule Rheinfelden-Kaiseraugst anbietet. «Ich möchte dazu beitragen, dass das Singen in den Familien gepflegt wird.» Es bestehe heute die Gefahr, dass die Singkultur verloren gehe. «Das Singen ist durch Fernsehshows zwar sehr präsent, doch das ist häufig bereits auf einem hohen Niveau. Das normale einfache Singen gerät dadurch eher in den Hintergrund. Viele trauen sich nicht mehr, zu singen. Das ist schade.»

Mit Blick in die Zukunft hofft er, dass er sich irgendwann nicht mehr darum kümmern muss, wann und ob er das nächste Engagement bekommen wird. «Ich werde aber auch weiterhin immer gerne Leuten helfen, die sich und ihre Stimme weiterentwickeln wollen.»

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Ausschnitte aus Timo Kliebers musikalischem Repertoire sind auf seiner Internetseite unter «Multimedia» zu hören. Im Rahmen der internationalen Opern-Werkstatt tritt er am 8. Oktober im Rittersaal im Schloss Thun auf (20 Uhr), am 10. Oktober in der Kirche Sigriswil (20.15), am 11. Oktober im Zentrum Paul Klee in Bern (18 Uhr) und am 12. Oktober im «kleinen Tonhallen-Saal» in Zürich (20 Uhr).

 


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