Zwischen Sicherheit, Sport und Sozialpolitik
23.10.2025 Aargau, MagdenBericht aus dem Grossen Rat
Thomas Ernst, Grossrat FDP, Magden
Nach der Eröffnung der 21. Sitzung der Legislaturperiode 2025– 2028 wartete nach zwei Fraktionserklärungen eine dichte Traktandenliste auf intensive Diskussionen und Beschlüsse. Im Folgenden eine nicht abschliessende Auswahl dazu.
Zu Beginn stand die Aargauische Volksinitiative «Blitzerabzocke stoppen!» auf dem Programm. Diese verlangt, dass stationäre Blitzer im Kanton Aargau nur mit einer Bewilligung des Regierungsrats betrieben werden dürfen und ausschliesslich der Verkehrssicherheit dienen, nicht fiskalischen Zwecken. Semistationäre Anlagen sollen zudem nur maximal 72 Stunden am gleichen Ort eingesetzt werden dürfen. Der Regierungsrat unterstützte die Initiative und empfahl sie dem Grossen Rat zur Annahme. Nach einer hitzigen Debatte folgte das Parlament dieser Empfehlung und beantragt dem Volk, die Initiative anzunehmen.
Nun wurde in zweiter Beratung das «Gesetz über die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit» (Polizeigesetz) verabschiedet. Dieses regelt unter anderem die Terrorismusbekämpfung, Personensicherheitsüberprüfungen, Datenabgleiche und die Rotlichtüberwachung. Nach einem Entscheid des Bundesgerichts dürfen bei der automatischen Fahrzeugfahndung erhobene Daten nicht mit polizeilichen Fahndungsregistern abgeglichen werden, da dies als unverhältnismässig gilt und nur im Bundesrecht geregelt werden darf. Auf einen entsprechenden Passus im kantonalen Gesetz wurde daher verzichtet. Kurz darauf wurde gleich noch ein Gesetz zum Beschluss erhoben, nämlich das neue Aargauer Sportgesetz. Dieses setzt auf Eigenverantwortung, Fairness und transparente Rahmenbedingungen im Sport und soll die Zusammenarbeit zwischen Kanton, Gemeinden und Vereinen stärken und die Finanzierung vereinfachen.
Die Fraktionen der FDP, Mitte und SVP setzten sich dann erfolgreich mit Ihrem Antrag auf eine Standesinitiative durch, welche das Ziel hat, die Zulassung pf legender Angehöriger zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung sinnvoll einzuschränken. Nur Angehörige unter dem Rentenalter, die ihre Erwerbstätigkeit reduzieren, sollen angestellt werden dürfen, so dass es nicht zu einer weiteren Kostenexplosion kommt, welche die Gemeinden und die Prämienzahlenden belastet.
Die Volksinitiative der Jungen SVP Aargau «Arbeit muss sich lohnen!» fordert, mit einigen Ausnahmen, eine Kürzung der Sozialhilfe um mindestens fünf Prozent nach zwei Jahren Leistungsbezug. Das Parlament schloss sich der Einschätzung des Regierungsrates nicht an und beantragt dem Volk, die Initiative anzunehmen.
Im weiteren Verlauf erkundigte sich eine Interpellation nach der Vergütung gemeinwirtschaftlicher Leistungen (GWL) im kantonalen Gesundheitswesen. GWL decken versorgungsnotwendige, nicht tarifierte Leistungen, ab. Im Kanton Aargau werden derzeit über 76 Millionen Franken GWL ausgerichtet – doppelt so viel wie 2014 und deutlich mehr als in anderen Kantonen. Der interkantonale Vergleich ist aber schwierig, da die Definitionen zwischen den Kantonen stark variieren. Viele weitere Vorstösse sorgten für einen regen Austausch und kontroverse Diskussionen.
KOMMENTAR
Zu viel Unrecht bei Zwangsmassnahmen
Selbst war ich an insgesamt vier Vorstössen im Gesundheitswesen beteiligt und konnte meine eigene Interpellation zur fürsorgerischen Unterbringung (FU) vertreten. Die FU stellt einen schweren Eingriff in die persönliche Freiheit dar. Im Kanton Aargau werden jährlich rund 1100 FU angeordnet, gegen die innert zehn Tagen Beschwerde beim Verwaltungsgericht erhoben werden kann. Im Jahr 2024 wurden über 15 Prozent dieser Beschwerden ganz oder teilweise gutgeheissen.
Das bedeutet, dass jeden Monat mehrere Personen in unserem Kanton zu Unrecht dieser Zwangsmassnahme unterzogen werden. Anstatt, wie es der Regierungsrat vorschlägt, breitflächig die allgemeinen Schulungen zu intensivieren, sollte vielmehr eine gezielte Datenerhebung und eine systematische Auswertung erfolgen, um strukturelle Fehlerquellen zu erkennen und Schulungen punktuell, effizient und wirksam auszurichten.
THOMAS ERNST, MAGDEN

