«Wir müssen jetzt handeln!»

  03.04.2023 Laufenburg, Fricktal

Ein überparteiliches Komitee will möglichst viele Leute davon überzeugen, an der kantonalen Abstimmung vom 18. Juni für die Verdichtung der Bahnlinie S1 Stein-Laufenburg zu stimmen. Die Investition in diese Infrastruktur sei ein Gewinn nicht nur für das Fricktal, sondern für den ganzen Kanton, ist man beim Komitee überzeugt.

Susanne Hörth

Geschlossenheit über alle Parteigrenzen hinweg beweist das Fricktal aktuell beim geplanten Halbstundentakt der S1 auf der Linie Laufenburg-Stein. Die Verdichtung auf dieser Bahnstrecke hatte als GLP-Grossrat Roland Agustoni 2017 mit einer Motion angestossen. Richtig Fahrt aufgenommen hatte der Ausbauwunsch, als der Grosse Rat am 17. Januar dieses Jahres den benötigten 61 Millionen Franken mit 91:43 Stimmen guthiess. Ausgebremst wurde es dann aber mit dem von der FDP ergriffenen Behördenreferendum. Es hat zur Folge, dass am 18. Juni das Aargauer Stimmvolk über die Verdichtung des S1-Angebots zwischen Laufenburg und Stein abstimmen muss. Soweit die Vorgeschichte, die Grossrat Alfons P. Kaufmann (die Mitte) am Freitagmorgen in der Laufenburger Stadthalle vor den Medien kurz zusammenfasste. Um bereits heute einen wichtigen Teil des öffentlichen Verkehrs im Fricktal in die richtige Zukunft zu lenken, engagiert sich das Komitee Halbstundentakt Stein-Laufenburg mit 15 von 17 Fricktaler Grossräten aller Parteien im Vorstand. Unterstützung bekommt das Komitee von Gemeinden, Privaten, Firmen und Verbänden. «Wir wollen noch viele mehr an Bord holen», betonte die Zeiher SP-Grossrätin Colette Basler. Vom Komitee-Präsidium informierten sie, Alfons P. Kaufmann (Grossrat die Mitte aus Wallbach), Desirée Stutz (SVP Fraktionspräsidentin, Möhlin), Béa Bieber (GLP-Grossrätin, Rheinfelden), Beat Käser (FDP-Grossrat aus Stein) mit zusätzlicher Unterstützung von Laufenburgs Stadtammann Herbert Weiss, warum der Ausbau des Bahnangebots für das Fricktal und auch den ganzen Kanton so wichtig ist. Anwesend war auch Roland Agustoni.

«Aus der Zeit gefallen»
«Wer nicht handelt, wird behandelt», zitierte Colette Basler den ehemaligen, deutschen Politiker Rainer Barzel. Aktuell kommt pro Stunde in Laufenburg nur ein Zug an, beziehungsweise fährt wieder Richtung Stein ab. Für die Region Fricktal, die schweizweit als jene mit dem höchsten Wertschöpfungspotenzial pro Arbeitsplatz gilt, im Bereich ÖV wenig rühmlich. «Wir sind mit dem Stundentakt aus der Zeit gefallen», hielt auch der Laufenburger alt Stadtammann Rudolf Lüscher fest.

Handeln und damit möglichst viele Leute von den Vorteilen und der Wichtigkeit der Regio S1-Verdichtung Stein-Laufenburg zu überzeugen, das hat sich das Komitee für den Halbstundentakt Stein-Laufenburg im Vorfeld der kantonalen Abstimmung vom 18. Juni auf die Fahne geschrieben. Desirée Stutz verwies unter anderem auf die juristische Seite des Behördenreferendums. Diejenigen, die es ergriffen haben, können sich in der Abstimmungsvorlage äussern. Dazu kommt, dass der Regierungsrat den Ausbau der Bahnangebots aus Kostengründen zur Ablehnung empfiehlt. Platz für die Argumente der Befürworter gibt es in den Abstimmungsunterlagen nicht. Deshalb ist nun das Fricktaler Komitee aktiv geworden.


Bus im Stau ist keine Lösung

Das überparteiliche Fricktaler «Komitee Halbstundentakt Stein-Laufenburg» will aufzeigen, warum die zeitnahe Fahrplan-Verdichtung der S1-Bahn für die Region und den Kanton so wichtig ist.

Susanne Hörth

Übernimmt der Aargau die Kosten für den Ausbau der Bahnlinie Stein-Laufenburg (61 Millionen Franken), kann die Umsetzung bereits in sechs bis acht Jahren erfolgen, so das überparteiliche Fricktaler Komitee. Es argumentiert damit für ein Ja an der kantonalen Abstimmung vom 18. Juni zum Halbstundentakt der S1 auf der Strecke Stein-Laufenburg. Würde der Ausbau durch den Bund finanziert, wäre mit einer Realisierung frühestens 2040 zu rechnen. Was wiederum zu einer weiteren Belastung der heute schon angespannten Verkehrssituation führen würde, ist das Komitee überzeugt. Am Pressetermin in der Laufenburger Stadthalle zeigten sich die Komitee-Mitglieder auch davon überzeugt, dass die vom Regierungsrat vorgeschlagene Verdichtung des Busbetriebs weder kurznoch langfristig eine wirkliche Entlastung bringen würde. «Bereits heute steht der Verkehr – und damit auch der Bus – im Fricktal oft still.»

«Durch Laufenburg rollen täglich 18 000 und mehr Fahrzeuge», zeigte Laufenburgs Stadtammann Herbert Weiss ein bestehendes Verkehrsproblem in der Region auf. Das Verkehrsaufkommen sei nicht nur dem Wachstum der umliegenden Dörfer geschuldet. Es rühre auch vom benachbarten Deutschland her. Wie er, verwiesen auch die anderen Redner immer wieder auf die geplante Mittelschule in Stein hin, welche in absehbarer Zeit zusätzlich zur Verschärfung der Stausituation beitragen werde.

«Wenn ich heute mit dem Bus von Laufenburg nach Stein fahre, brauche ich 26 Minuten, mit der Bahn 7 Minuten», zog Weiss einen Vergleich. Beim Bus komme es dabei immer wieder zu Verspätungen, weil er im Stau steckenbleibt, meinte die Laufenburger Stadträtin Regina Erhard.

Das bestätigte auch Beat Käser, FDP-Grossrat und Gemeindeammann von Stein. «An jeder Veranstaltung um die Weiterentwicklung des Sisslerfeldes ist der Verkehr das Hauptthema.» Es gehe nicht nur um neue, sondern auch bestehende Firmen. Es müsse etwas unternommen werden, sonst würden diese Firmen abwandern. Der Halbstundentakt würde eine grosse Abhilfe schaffen, für ansässige wie auch neue Unternehmen.

Heute handeln
Hinsichtlich der neuen Mittelschule in Stein, für welche gerade eben der Architekturwettbewerb vom Regierungsrat entschieden worden ist, machte Käser zudem klar, dass es den Halbstundentakt jetzt und nicht irgendwann in weiter Zukunft brauche. Eine Schwebebahn und weitere Veloverbindungen wären weitere Optionen für eine zusätzliche Entlastung für die Gemeinde.

Das Interesse, das Sisslerfeld als die grösste Arbeitszone im Kanton weiterzuentwickeln, neue Firmen anzusiedeln und damit bis zu 10 000 Arbeitsplätze zu generieren ist gross. Es wird ebenfalls vom Kanton Aargau aktiv unterstützt. Umso weniger versteht es das Komitee, dass dabei dem Ausbau der Regio S1 kein grösseres Gewicht beigemessen wird. «Seit 120 Jahren wurde nicht mehr in die Bahnlinien im Fricktal investiert», sagte Desirée Stutz (Grossrätin SVP). Alfons P. Kaufmann (Grossrat Die Mitte) erwähnte, dass man sich auf deutscher Rheinseite hinsichtlich der geplanten Überbauung im Sisslerfeld ebenfalls Gedanken mache. Um ein Verkehrschaos zu vermeiden, werde überlegt, eine stillgelegte Bahnlinie wieder in Betrieb zu nehmen. Auf Schweizer Seite brauche es nun den Kanton. Wenn hier eine Mehrheit für den Halbstundentakt ist, könnte dieser bis in wenigen Jahren realisiert werden.

Es sei wichtig, so René Leuenberger, dass die Leute auch wissen, dass sich die Investitionen von 61 Millionen Franken auf 40 Jahre verteilen. Er fügte zudem an, man habe im Aargau in den letzten Jahren ja auch baulichen Vorhaben wie etwa der Umfahrung Mellingen oder dem Brückenbau in Aarau zugestimmt.

Bei der Parolenfassung der Kantonsparteien sei es jetzt ganz wichtig, alle von der Bedeutung des S1-Ausbaus überzeugen zu können, betonte Béa Bieber (Grossrätin GLP). Alle Gemeinden der beiden Fricktaler Bezirke stünden seit 2018 geschlossen hinter dem Ausbau der S1 und würden gemeinsam den Halbstundentakt fordern. Das Komitee weist auch darauf hin, dass mit dem Ausbau der Bahnlinie Stein-Laufenburg bereits per 2030 in eine dringend benötigte Infrastruktur investiert werde, um damit den drohenden kompletten Verkehrskollaps zu verhindern.


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