Wenn der Salzabbau sauer aufstösst
23.11.2023 Möhlin, RheinfeldenDie Schweizer Salinen über den Gegenwind der letzten Wochen
Gegen die Salzabbau-Pläne der Schweizer Salinen im Möhliner Gebiet Bäumlihof regt sich Widerstand aus dem nahegelegenen Wohnquartier. «Der Abbau ist sicher», heisst es beim Unternehmen.
Ronny Wittenwiler
In den letzten Wochen blies den Verantwortlichen der Schweizer Salinen ein rauer Wind entgegen. Dieser Wind kam insbesondere aus dem Wohnquartier, wo die Salinen in unmittelbarer Nähe einen Salzabbau planen, vorgesehen im Rahmen der sechsten und letzten Etappe im Gebiet Bäumlihof. Der nun erfolgte Widerstand, vor allem in seiner Deutlichkeit, habe die Schweizer Salinen «schon etwas» überrascht, sagt Geschäftsführer Urs Hofmeier im Interview mit der NFZ; überrascht deswegen, da Planung und Vorgehen im Hinblick auf die sechste Etappe sich nicht unterschieden hätten zur vorherigen fünften Etappe.
Das Ereignis von 1986 im Kopf
In der aktuellen Diskussion, im grossen Unterschied zur Etappe Bäumlihof 5, würden einzelne Personen den Tagbruch von anno 1986 in den Vordergrund der Diskussion stellen, sagt Andreas Kühni, Leiter Exploration und Gewinnung bei den Schweizer Salinen. Tatsächlich ist dort aus der Gegnerschaft von einer grossen Sorge um die Häuser die Rede, es müsse bei der bestehenden Planung gar von einer «verantwortungslosen Risikobereitschaft auf dem Buckel der Anwohner» ausgegangen werden. Kühni hingegen sagt, nochmals mit Blick auf Dezember 1986, als sich damals die Erde zwischen Möhlin und Rheinfelden aufgetan hatte und sich dieses Ereignis in die Köpfe vieler eingebrannt hat: «Die Soltechnik von damals, Jahrzehnte vor 1986 Praxis, war komplett anders im Vergleich zu dem, was wir heute machen. Würden wir mit jener Technologie von damals arbeiten, dann würden wir hier nicht Salz abbauen. Das können wir nur dank der neuen Soltechnik, die wir laufend anpassen und perfektionieren. Die Salinen haben viel aus dem Ereignis von 1986 gelernt. Wenn wir nicht sicher wären, dass sich das nicht wiederholt, würden wir nicht in die Nähe dieser Häuser gehen.»
Das klingt wie ein Versprechen. Gerade im Hinblick auf die damaligen Ereignisse: Könnten es sich die Salinen überhaupt leisten, nicht Wort zu halten? Urs Hofmeier sagt dazu: «Wir möchten auch in hundert Jahren in der Region noch Salz abbauen. Aus diesem Grund sind wir darauf angewiesen, dass wir die Leute überzeugen können, dass wir das gut machen.» Für das gesamte Abbaugebiet Bäumlihof liegt eine Grundsatzbewilligung bereits vor, seit 2009 wird dort südwestlich von Möhlin Salz für die Salinen gewonnen. Worum es jetzt also geht: um die Baubewilligung für die sechste und letzte Etappe Bäumlihof 6. Auf jene Etappe zu verzichten, ist für die Salinen keine Option. Andreas Kühni sagt: «Es geht auch um Rohstoffeffizienz und es zeigt sich: Hier haben wir eine ungestörte Salzschicht, die würdig ist, abgebaut zu werden.»
«Wir lassen diese Leute nicht hängen»
Mit Urs Hofmeier, Geschäftsführer der Schweizer Salinen AG, im Gespräch
Im Interview mit der NFZ spricht Urs Hofmeier über die Opposition zur geplanten sechsten Bohretappe im Gebiet Bäumlihof. Es ist eine Opposition, die ihn überrascht.
Ronny Wittenwiler
NFZ: Urs Hofmeier, haben Sie mit einem derartigen Widerstand gerechnet?
Urs Hofmeier: Ich hätte jetzt das Wort Widerstand nicht verwendet. Ohne eine einzige Einsprache wurde zuvor das Baugesuch für die Etappe Bäumlihof 5 genehmigt. Die nun geplante sechste Etappe betrifft dieselbe Wohnsiedlung. Der grosse Unterschied: Plötzlich erfolgten teils sehr lautstarke Reaktionen. Das war etwas überraschend, weil wir das vom konstruktiven Dialog zu Bäumlihof 5 so nicht kannten.
Können Sie die Ängste der Leute denn verstehen?
Dass Ängste und Anliegen vorhanden sind, können wir verstehen. Wir wollen allerdings detailliert aufzeigen, warum die Sorgen unbegründet sind und warum wir sicher sind, dass es zu keinen Schäden kommt.
Und wenn doch?
Wenn wider Erwarten etwas passieren sollte, dann stehen wir hin. Die Saline steht zu ihrem Wort. Viele glauben uns das auch. Den Zweiflern müssen wir Lösungen aufzeigen, zusammen mit den Versicherungen, damit die Bevölkerung weiss: denen ist es ernst. Wir lassen diese Leute sicher nicht hängen.
Die Angst vor dem Wertverlust der Liegenschaft ist aber vorhanden, unabhängig davon, ob etwas passiert oder nicht.
Ich habe mit Liegenschaftshändlern und Banken dazu Gespräche geführt. Niemand geht davon aus, dass diese Liegenschaften teurer oder weniger teuer verkauft würden, weil man dort in der Nähe Salz abbaut.
Sondern?
Sie sagen etwas zugespitzt: Entscheidend für den Wert der Liegenschaft ist, wie viele Arbeitsplätze das Sisslerfeld generiert. Haben wir dort 10 000 Arbeitsplätze, dann explodieren die Preise. Die Autobahn übrigens ist hier für immer und ewig. Wir sind nach zwanzig Jahren wieder weg und gewährleisten eine sichere Nachsorge. Dennoch arbeiten wir auch zu diesem Thema aktuell an einer Lösung.
Ein Vorwurf lautet: Sie haben im betroffenen Wohnquartier zu wenig breit zum Informationsanlass eingeladen. Wollten Sie keine schlafenden Hunde wecken?
Nein. Folgendes ist passiert: Wir kauften Adressen, um die Leute persönlich anschreiben zu können. Der Adresssatz war aber fehlerhaft. Im Vorfeld zur zweiten Info-Veranstaltung gingen wir dann im Quartier selbst von Briefkasten zu Briefkasten, damit wir sicher alle korrekt erreichten. Das war eine blöde Panne und wir haben es danach besser gemacht.
Sie glauben nicht an eine Fundamentalopposition aus dem Quartier?
Eine Frau aus dem Wohn-Quartier stand an der ersten Veranstaltung auf und sagte, dass sie das Problem nicht verstehe. Sie habe in der Nähe zu ihrem Haus zwei Bohrungen der aktuellen fünften Etappe und das funktioniere gut. In jenem Bereich des Quartiers, der im Abstand von rund einhundert Metern an die aktuelle fünfte Etappe angrenzt, war die Haltung konstruktiv. Wir haben dort Lösungen gefunden. Mit einer Ausnahme wären wir bei der nun geplanten sechsten Etappe überall weiter von der Siedlung entfernt. Deshalb ist die Art und Weise, wie zum Teil reagiert wurde, für uns nicht nachvollziehbar – zugleich überarbeiten wir aktuell die Planung und versuchen, eine für alle tragbare Lösung zu finden.
Der Tagbruch von 1986
Einzelne Personen würden den Tagbruch von anno 1986 in den Vordergrund der aktuellen Diskussion stellen, sagt Andreas Kühni, Leiter Exploration und Gewinnung bei den Schweizer Salinen (vgl. Titelseite). Und das geschah damals, 1986: Am Chlaustag senkte sich die Erde zwischen Rheinfelden und Möhlin auf einer Fläche von rund 7200 Quadratmetern (Die eingestürzte Fläche erreichte das Ausmass von 90 auf 80 Meter, die Trichtertiefe lag bei vier Metern). Der frühere Salzabbau in diesem Gebiet war die Ursache. Der Vorfall sorgte landesweit für Schlagzeilen, auch die Neue Zürcher Zeitung berichtete mit Foto über die «Landabsenkung bei Möhlin». Nach gut zwei Wochen konnte die Strasse für den Verkehr wieder geöffnet werden, doch das Terrain blieb noch lange in Bewegung. (Quelle: nfz/vzu)