Vom Lehrer zum Piloten
24.03.2024 Persönlich, SchupfartAm Tag vor seinem 65. Geburtstag absolvierte Linienpilot Herbert Ebner seinen letzten Flug zu seinem Lieblingsflughafen in London, den man in geringer Höhe über den Buckingham Palace hinweg anfliegt. Danach wollte er sich einen Hund kaufen und seine Freizeit geniessen. Inzwischen ...
Am Tag vor seinem 65. Geburtstag absolvierte Linienpilot Herbert Ebner seinen letzten Flug zu seinem Lieblingsflughafen in London, den man in geringer Höhe über den Buckingham Palace hinweg anfliegt. Danach wollte er sich einen Hund kaufen und seine Freizeit geniessen. Inzwischen arbeitet der 70-Jährige seit fünf Jahren als Flugplatzchef in Schupfart.
Karin Pfister
Früher war Herbert Ebner als Linienpilot in der ganzen Welt unterwegs, inzwischen fliegt er am liebsten rund um den Platz in Schupfart. Als 18-Jähriger war er zum ersten Mal auf dem einzigen Fricktaler Flugplatz, als Besucher bei den Rundflugtagen, und sofort fasziniert von der Fliegerei. Als Student arbeitete er während den Semesterferien, um sich Flugstunden leisten zu können. «Sechs Wochen Arbeit ergaben sechs Flugstunden», erinnert er sich.
In die grossen Flugzeuge stieg er erst mit 40 Jahren
Aufgewachsen ist der heutige Flugplatzchef in Bad Säckingen, wo er als junger Erwachsener als Grundschullehrer tätig war. «Ich war gerne Lehrer», sagt er. Nach seiner Zeit als Lehrer in Deutschland war er über ein Jahrzehnt als Manager in der Pharmaindustrie beschäftigt und wohnte mit seiner Familie – seine Frau ist Schweizerin – in Pratteln. Parallel liess er sich zum Linienpiloten ausbilden und hatte bereits einen Vertrag bei Crossair in der Tasche, der aufgrund des Swissair-Groundings nicht lange Bestand hatte. «Ich war in der Aviatik-Szene gut verankert und war von Anfang an bei der Gründung der Helvetic Airways dabei. Später wechselte ich zur Belair, um auch interkontinentale Flüge machen zu können.» Sein Lieblingsflugzeug war die Boing 757 – ein «richtiges Pilotenflugzeug, analog und mechanisch», die Motivation und die Liebe zu seinem Beruf blieben ihm während all den Jahren erhalten. «Ich bin nie arbeiten gegangen, ich bin immer nur geflogen», fasst er seine Leidenschaft zusammen.
Auch als Pilot blieb er seiner pädagogischen Passion treu und bildete rund 120 Privat- und zirka 40 Linienpiloten aus. Unter den Flugschülern befand sich auch seine Frau Christine, die als Flight Attendant tätig war und sich nach der Privatpilotenlizenz zur Linienpilotin ausbilden liess, ihren Beruf aber später wegen der gemeinsamen Tochter, welche 2002 zur Welt kam, aufgab. «Ich war in Oslo, meine Frau in Madrid und unsere Tochter krank bei der Schwiegermutter zuhause, das passte für uns nicht mehr.»
Vielfältige Aufgaben
Herbert Ebner war bereits von 1994 bis 2001 als Flugplatzchef in Schupfart tätig und wurde nach seiner Pensionierung erneut angefragt. Für dieses Amt brauche es viel fliegerisches Wissen sowie einen kaufmännischen Hintergrund. Er startete 2018 mit einem 100-Prozent-Pensum, merkte aber, dass ihm diese Stundenanzahl zu viel war und daraufhin konnte er einzelne Bereiche abgeben.
Der Flugplatz Schupfart ist ein Privatflugplatz mit Graspiste. Pro Jahr werden rund 10 000 Landungen durchgeführt, nebst den Fricktaler Pilotinnen und Piloten kommen auch viele Touristen mit Nostalgieflugzeugen. Offen ist der Flugplatz nur, wenn die Piste hält. «Ich kontrolliere jeden Morgen zuerst, ob der Flugbetrieb möglich ist. Ist es zu nass, bleibt die Piste geschlossen.» Zu tun hat Herbert Ebner trotzdem. Zu seinen Aufgaben gehören neben der Administration auch die Führung der Flugschule sowie die Zusammenarbeit mit dem BAZL und den anliegenden Gemeinden. «Wir haben ein gutes Einvernehmen und treffen uns regelmässig, um uns auszutauschen.» Ein Dauerbrenner-Thema sei dabei der Fluglärm, allerdings habe sich die Diskussion in den vergangenen Jahren positiv entwickelt. «Ich kann leider nicht beeinflussen, wie die fremden Flugzeuge landen. Die ortskundigen Piloten wissen, dass sie die Dörfer umfliegen müssen. Die Auswärtigen versuchen wir mit Videos darauf aufmerksam zu machen.» Das Verhältnis zu den Vertretern der anliegenden Gemeinden sei ein freundschaftliches.
Eine andere Aufgabe ist die Zollabfertigung, beziehungsweise das «Bewachen» der auswärtigen Piloten, die zum Beispiel aus den Niederlanden oder Schweden anreisen, bis die Grenzwache vor Ort ist, um die Einreise zu kontrollieren, beziehungsweise die Kontrolle delegiert. Der Flugplatzchef wird dabei von Sandra Lo Ciuro Jäger unterstützt, sie ist seine Stellvertreterin und Büroleiterin. «Sie kann alles, was ich auch kann und noch viel mehr – ausser fliegen», erzählt er schmunzelnd. Letzteres sei aber nur eine Frage der Zeit. «Ich gebe ihr Flugstunden.»
Sicherheit ist das oberste Gebot
Der Flugplatz Schupfart sei familiär und bodenständig. Im Gegensatz zu umliegenden Flughäfen, wo ein externer Unterhaltsdienst angeboten werde, würden die Piloten in Schupfart ihre Flugzeuge nach der Landung selber reinigen, erzählt Ebner. «Hier putzt auch der Professor oder der Berufspilot sein Flugzeug selber.» Auch wenn er mit allen per Du sei und der Kontakt unkompliziert ist, beim Thema Sicherheit mache er keine Kompromisse. «Sicherheit ist das oberste Gebot. Ich habe dies schon als Berufspilot so gehandhabt», erklärt Ebner. Er habe seine Flüge immer genau geplant und wollte zum Beispiel immer genug Treibstoff mit dabeihaben. «Damit gewinnt man Zeit, wenn Unvorhergesehenes passiert.» Die ruhige Ausstrahlung, die er mitbringt, sei auch seine Art, erklärt er auf Nachfrage. «Das lehre ich auch meinen Schülerinnen und Schülern: Immer Ruhe bewahren.» Er sei damit gut gefahren, beziehungsweise geflogen. «Kritische oder gefährliche Situationen in der Luft habe ich keine erlebt.» Früher sei es der Motorenlärm und der technische Teil gewesen, der ihm am Fliegen gefallen habe, heute geniesse er die Ruhe und die Freiheit in der Luft. Als eine der schönsten Erinnerungen bezeichnet er die Alpenüberquerungen: «Das war schon immer etwas Besonderes, die Berge in der Morgen- oder Abendsonne zu überfliegen.»
Herbert Ebner freut sich, wenn Gäste Interesse am Flugplatz oder am Flugbetrieb in Schupfart haben. Am 25. und 26. Mai finden zum Beispiel die Air-Erlebnistage statt – «es kommen wieder ein paar schöne, alte Flieger» – und am 24./25. August die Flügerchilbi. Für «seinen» Flugplatz erhalte er regelmässig Lob von Gästen, so Ebner. «Viele sagen, er sei einer der schönsten Flugplätze in der Schweiz.» Gründe dafür dürften die eindrucksvolle Lage mitten auf dem Fricktaler Tafeljurahügel sowie die wunderbare Aussicht nach Deutschland und Frankreich sein. Diese gefällt auch Hündin Tosca. Sie geniesst die regelmässigen Spaziergänge rund um den Platz genauso wie ihr Chef die Flüge.