Verspielte Wassergötter und ein Psalm Vivaldis
17.01.2024 Rheinfelden, MusikVier Konzerte spielt das Rheinfelder Barockorchester Capriccio in dieser Saison in seiner Heimatstadt: Der Abend in der Reformierten Kirche am Freitag war vor allem Telemann und Vivaldi gewidmet und wurde zur Begeisterung des Publikums bereichert von der Stimme der Sopranistin ...
Vier Konzerte spielt das Rheinfelder Barockorchester Capriccio in dieser Saison in seiner Heimatstadt: Der Abend in der Reformierten Kirche am Freitag war vor allem Telemann und Vivaldi gewidmet und wurde zur Begeisterung des Publikums bereichert von der Stimme der Sopranistin Núria Rial.
Boris Burkhardt
Auch für gelegentliche Klassikliebhaber tut sich mit der Musik des Barocks noch eine neue Welt auf. Wie eigen, gleichwohl faszinierend diese teils zarten, teils verspielten, teils vom Gesang getragenen Kompositionen aus der Wende vom 17. ins 18. Jahrhundert noch vor den gewaltigen und virtuosen Orchesterwerken nachfolgender Epochen klingen, liess das Rheinfelder Barockorchester Capriccio mit der Sopranistin Núria Rial am Freitag in der Reformierten Kirche hören. Das Konzert mit dem Titel «Soprano giubilante» war das dritte von vier der Reihe «Capriccio a casa» in der Saison 2023/24 speziell für Rheinfelden.
«Frische Perspektiven»
Das 1999 gegründete Orchester ist auf Barockmusik spezialisiert und verspricht «frische Perspektiven auf ‹Alte Musik›»: Den Abend in der Reformierten Kirche gestaltete ein 18-köpfiges Kammermusik-Ensemble. Die rund 170 Zuhörer durchschnittlich älteren Semesters schienen überwiegend Stammpublikum zu sein und waren offensichtlich nicht nur mit «exotischen» Instrumenten wie der Theorbe (eine langhalsige Laute) und dem Sopranino (eine kurze Blockf löte) vertraut, sondern auch mit einer Vielzahl französischer Genrebezeichnungen wie Bourrée, Loure, Tempête, Gigue und Canarie.
Letztere waren alle Teile der Ouvertüre in C-Dur von Georg Philipp Telemanns (1681–1767) «Wassermusik», die heiter und verspielt die «erwachende Thetis», den «verliebten Neptunus», «spielende Najaden», aber auch den «stürmenden Aeolus» und den «angenehmen Zephir» in lautmalerischer Bildhaftigkeit zum Leben erweckten. Die insgesamt neun Partien dieser Ouvertüre bildeten zu Beginn und zum Schluss den Rahmen des Konzerts, sehr zum Gefallen der Zuhörer, denen vor allem die «Harlequinade» des «schertzenden Tritonus» [tz im Original!] ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Gediegener war der zweite Schwerpunkt des Konzerts, Antonio Vivaldis (1678–1741) Vertonung des Psalms 112 «Laudate pueri» für Sopran und Streicher, bei der die spanischstämmige Sängerin Núria Rial mit einer Ausbildung an der Musikhochschule Basel im Mittelpunkt stand. Ihre klare, einfühlsame Stimme wurde vom Publikum mit engagiertem Applaus gefeiert und begleitete auch Vivaldis einzeln überlieferte Arie «Zeffiretti, che sussurate», welche die Verbundenheit zweier Verliebter mit dem milden Westwind (Zephir) vergleicht sowie die Arie «Augelelletti che cantate» aus Georg Friedrich Händels (1685–1759) Oper «Rinaldo».
«Kultureller Leuchtturm»
Ergänzt wurde das anderthalbstündige Konzert mit dem «Konzert in d-Moll» des zu Lebzeiten recht bekannten Thüringer Komponisten Johann Friedrich Fasch (1688–1758), der wiederum von Telemann und Vivaldi geprägt ist. Das ausverkaufte Konzert lebte nicht nur vom einfühlsamen und freudvollen Spiel von Musikern und Solistin und der nüchternen, aber gerade deshalb stimmungsvollen Atmosphäre der Reformierten Kirche, die dem Klang viel Raum gibt, sondern auch vom engagierten Publikum, das zurecht wusste, was es erwarten konnte.
Entsprechend begeistert wurde auch die Nachricht der Präsidentin des Trägervereins, Christine Egerszegi, aufgenommen, dass das Barockorchester nach mehreren erfolglosen Bewerbungen in den vergangenen Jahren seit 2024 nun als «kultureller Leuchtturm des Kantons Aargau» eine Kulturinstitution von kantonaler Bedeutung ist. Das vierte Konzert der Rheinfelder Reihe findet mit dem Titel «Klangperlen» am 25. Mai in der Stadtkirche St. Martin statt.