Sie sind schnell und wollen hoch hinaus
17.07.2025 Persönlich, FricktalFabienne Hoenke in Nagelschuhen, Romy Burkhard den Stab in der Hand
Heute beginnt in Bergen die U23-Leichtathletik-EM. Ab Freitag im Einsatz Sprinterin Fabienne Hoenke (Möhlin) und Stabhochspringerin Romy Burkhard (Zeiningen) vom LV Fricktal. Bevor die beiden nach Norwegen reisten, telefonierte die NFZ mit ihnen.
Simone Rufli
Am Ende hat die Selektionskommission von Swiss Athletics 24 Männer und 31 Frauen für die U23-EM in Bergen selektioniert. Die Limite allerdings haben weit mehr Schweizer Athletinnen und Athleten auf Stufe U23 geschafft. Und so mussten spezielle Wettkämpfe (sogenannte Trials) darüber entscheiden, wer die drei Tickets pro Disziplin, Land und Geschlecht bekommen sollte. Fabienne Hoenke und Romy Burkhard haben die Trials erfolgreich überstanden (vgl. NFZ vom Freitag, 11. Juli 2025).
Hoenke und der Meilenstein
Der Druck sei gross gewesen, erzählt Fabienne Hoenke, die Konkurrenz stark und ebenfalls parat. «Dass ich in Form bin und eine gute Leistung bringen kann, das habe ich gewusst», so die Möhlinerin. «Dass ich die 200 Meter in 22,96 unter 23 Sekunden laufe, das hingegen ist ein Meilenstein in meiner Karriere.» Sie kenne sich auch aus mit Rückschlägen, «aber im Grossen und Ganzen ist es eine tolle Karriere und ich durfte schon viele Erfolge feiern». Zum Beispiel im vergangenen Jahr, als sie 20-jährig an der EM der Aktiven in Rom teilnehmen konnte. «Das sind Erfahrungen, von denen ich sehr viel profitieren kann und die mir enorm zugutekommen.» Grundsätzlich aber gelte, «man kann von jedem Wettkampf profitieren».
Profitieren konnte Fabienne Hoenke im letzten Winter zum ersten Mal auch von einem Auf bau auf der anderen, der dann warmen Seite der Erde. Während in der Schweiz die Leichtathletik pausierte, verbrachte sie rund fünf Monate in Australien, mal reisend, sehr oft trainierend. Auch das sei eine Erfahrung, von der sie viel profitieren könne.
Morgen Freitag nun stehen in Norwegen über die 200 Meter die Vorläufe auf dem Programm, am Samstagmorgen ist der Halbfinal, am Samstagabend der Final. «Ich nehme es wie es kommt, mit dem klaren Ziel Final.» Im Final, sagt sie, sei dann alles möglich. «Bei Meisterschaften zählt nicht die Zeit, da zählt nur der Platz.»
Gut möglich, dass Fabienne Hoenke zusätzlich in der 4x100-Meter- oder der 4x400-Meter-Staffel zum Einsatz kommt. Anstatt nervös zu sein, weil noch nicht klar ist, ob sie eine Staffel laufen wird oder nicht, meint sie nur: «Staffel-Einsätze sind immer schön, weil wir als Einzelsportlerinnen dann ein Team sind.»
Burkhard und der Druck
Es sei schon speziell, wenn man die Limite schaffe und dann doch bis zum letzten Wettkampf nicht wisse, ob es für die Teilnahme reicht, meint auch Romy Burkhard. Die 20-Jährige sagt aber auch: «Ich brauche Druck, um richtig gute Sprünge machen zu können.» Dass Romy Burkhard an dieser U23-EM starten kann, ist alles andere als selbstverständlich und das nicht nur, weil die Leistungsdichte in der U23-Kategorie gross ist. Im Januar 2024 verletzte sich Romy Burkhard beim Absprung an der Schulter so schwer, dass eine Operation nötig wurde. Rückblickend sagt sie: «Ich bekam damals Verschiedenes zu hören, unter anderem, dass es bis zu zwei Jahre dauern könne, bis ich wieder einigermassen fit wäre. Es gab sogar Stimmen, die meinten, ich könnte gar nicht mehr mit dem Stab springen.»
Doch Romy Burkhard erholte sich gut und schnell, reiste im Herbst 2024 wie Fabienne Hoenke nach Australien – und verletzte sich dort erneut an der Schulter. «Es war mein Glück, dass das australische Gesundheitssystem so gut aufgestellt ist», sagt sie und lacht. Nach zwei Tagen bekam sie einen MRI-Termin – und die Entwarnung: keine zweite OP. Nach sechs Wochen Wettkampf-Pause und einem sorgfältigen Aufbau, begleitet von einem Physiotherapeuten, konnte sich die Fricktalerin auf die Hallen-Saison 2025 vorbereiten. Zurück in der Schweiz sei der Start in der Halle dann verhalten erfolgt, so formuliert es Romy Burkhard. «Es fehlte mir noch etwas die Explosivität», sagt sie angesichts der damaligen Saison-PB (Persönliche Bestleistung) von 3,75 Meter. Angst, sich erneut zu verletzen, habe sie keine gehabt. «Mit Angst kann man nicht springen.» Schritt für Schritt arbeitete sich Burkhard zurück, baute sie die Kraft in der Schulter wieder auf, wechselte von den weicheren wieder zu den härteren Stäben. Ohne Angst, «aber mit Respekt», wie sie betont.
Auch Burkhard will in den Final
Das Trainingslager in der Türkei im Frühling lieferte die Bestätigung: Romy Burkhard war auf dem richtigen Weg, es ging aufwärts und das konstant. Und jetzt also die U23-EM in Bergen. «Ich freue mich mega!» Morgen Freitag tritt Romy Burkhard zur Qualifikation an. Gefragt nach den Erwartungen, mit denen sie in den Wettkmapf geht, meint sie: «Mein Ziel ist es, Freude und Spass zu haben und meine Leistung abrufen zu können – und natürlich werde ich alles versuchen, um in den Final zu kommen.» An den Trials in Zug übersprang Romy Burkhard 4,15 Meter im ersten Versuch, ihre persönliche Bestleistung liegt bei 4,26 Meter. Ist das schon wieder realistisch? «Passt alles zusammen, liegt für mich eine Höhe um 4,30 Meter drin.»
Reisen mit Stäben und Nagelschuhen
Die beiden Fricktalerinnen sind am Dienstag nach Bergen gereist. Romy Burkhard vom Flughafen Genf aus, Fabienne Hoenke ab Zürich. Weil nicht jede Fluggesellschaft auf den Transport von sperrigen Sportgeräten vorbereitet ist, reisten Romy Burkhards Stäbe von viereinhalb Metern Länge im Frachtraum eines anderen Flugzeugs mit und sind erst am Mittwoch in Bergen eingetroffen. Fabienne Hoenke hat es in dieser Hinsicht leichter: Sie darf ihre Nagelschuhe im Handgepäck mitführen. (sir)