Per E-Bike im Einsatz für die Ameisen
03.02.2025 Rheinfelden, PersönlichSein Ziel ist es, den aktuellen Bestand der Waldameisen zu erhalten. Darum hat Ameisengötti Urs Jost in den vergangenen Jahren an mehreren Standorten Fichten gepflanzt. Dank eines Zufalls haben die Waldameisen auf dem Hexenplatz zusätzlich noch einen Pfirsichbaum erhalten.
...Sein Ziel ist es, den aktuellen Bestand der Waldameisen zu erhalten. Darum hat Ameisengötti Urs Jost in den vergangenen Jahren an mehreren Standorten Fichten gepflanzt. Dank eines Zufalls haben die Waldameisen auf dem Hexenplatz zusätzlich noch einen Pfirsichbaum erhalten.
Karin Pfister
Waldameisen brauchen Fichten; Fichten mögen ein kühles Klima, weshalb sie wegen der Klimaerwärmung häufiger dem Borkenkäfer zum Opfer fallen. Damit die Ameisen nicht aussterben, hat Urs Jost Fichten gepflanzt. Seit rund 15 Jahren kümmert er sich um die Waldameisen in Rheinfelden und Umgebung. Möhlin und Wallbach konnte er inzwischen an den dort ansässigen Waldameisengötti übergeben. Für Kaiseraugst und Olsberg hoffe er auf eine Nachfolge-Lösung. Urs Jost hat Jahrgang 1947 und fährt jeweils mit dem E-Bike in den Wald. Er besucht die Haufen zweimal pro Jahr, sofern sie zugänglich sind.
Die Fichten bieten den Waldameisen einen idealen Lebensraum. «Die Nadeln brauchen sie für den Bau, die Äste dienen als Regendach und in der Krone finden die Waldameisen Rinderläuse, sie entlocken ihnen Honigtau, ein wichtiges Nahrungsmittel.» An vier verschiedenen Standorten hat er rund 15 Fichten gepf lanzt, um den Ameisen einen idealen Lebensraum für ihr Überleben zu schaffen. Die Fichten erhält er vom Förster, danach stehen sie rund ein Jahr zu Hause in seinem Garten, bis sie stark genug für den Wald sind. «Der Humus für die Fichten stammt aus meinem Bestand. In meinem Garten steht auch ein Weinberg-Pfirsichbaum. Offenbar ist ein Pfirsichkern in den Humus gelangt, den ich zusammen mit den Fichten in den Wald transportiert habe», erzählt er schmunzelnd. Beim Hexenplatz in Rheinfelden wächst darum jetzt neben den Fichten auch ein Weinberg-Pfirsichbaum.
Elementar für die Biodiversität
Als Ameisengötti arbeitet Urs Jost eng mit den ansässigen Förstern zusammen. «Eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten ist wichtig.» Bis vor einigen Jahren hat Urs Jost die Ameisenhaufen per Papier erfasst, inzwischen wurde das Register digitalisiert. Alle Haufen werden fotografiert und die Fotos anschliessend hochgeladen. Die beiden Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt betreiben eine kantonale Beratungsstelle für den Ameisenschutz beider Basel (Nateco Gelterkinden). Sie haben die Digitalisierung finanziert. Im Register sind auch die Aargauer Waldameisen erfasst. «Ich würde mir wünschen, dass sich der Kanton Aargau intensiver einbringt und das Basler Projekt zum Ameisenschutz finanziell unterstützt.» Das oberste Ziel sei es, den bisherigen Bestand zu erhalten. «Die Ameisen sind ein elementarer Bestandteil der Biodiversität. Sterben die Ameisen aus, findet zum Beispiel der Grünspecht zu wenig Nahrung und die Artenvielfalt ist gefährdet.» Während seinen vergangenen Ferien im Maloja-Gebiet kam Urs Jost kaum zum Wandern, weil er überall anhielt und Ameisen beobachtete. «Von solchen Ameisenhaufen können wir hier unten im Flachland nur träumen. Ameisen lieben das kühle Klima und sind ab 800 Meter über Meer bedeutend häufiger.»
Urs Jost hat einst Telegrafist gelernt und danach als Zweitausbildung Pflegefachmann. Er ist in Neuhausen am Rheinfall aufgewachsen und Mitte der achtziger Jahre zusammen mit seiner Frau Marianne nach Rheinfelden gezogen. Sie wohnen im Haus, das einst den Grosseltern von Marianne Jost gehörte. Das Ehepaar hat zwei erwachsene Töchter und vier Enkel. Nebst seinem ehrenamtlichen Einsatz für die Ameisen, ist er auch Mitglied des Wahlbüros in Rheinfelden und des Synodenbüros der reformierten Landeskirche Aargau.
Organisator des Bözerbummels
Von Mitte November bis Mitte Februar hat der Ameisengötti jeweils «Ameisenferien», wie er es nennt. Die Waldameisen befinden sich zu 50 Prozent oberhalb und zu 50 Prozent unter der Erde in ihrer Winterstarre und erwachen erst mit den ersten Frühlings-Sonnenstrahlen wieder zum Leben. Urs Jost aber bleibt aktiv und ist Anfang Januar immer zu Fuss im obersten Fricktal unterwegs. Er organisiert seit vielen Jahren den Winterbummel des Rheinfelder Männerchors. Dieser wurde 1834 gegründet und führt seit der Anfangszeit diese jährliche Wanderung durch. Die Sänger fahren jeweils mit Zug und Postauto ins obere Fricktal und wandern von Herznach nach Zeihen zum ersten Zwischenhalt ins Restaurant Rössli, danach zum Lindenhof nach Bözen, dort gibt es das traditionelle Abendessen. Anschliessend wird das Elfiger-Lied gesungen, die Fackeln angezündet und dann geht es zum «Pöschtli» nach Bözen. Früher sei die Tour jeweils über Elfingen und Effingen gegangen, musste aber wegen der Schliessung vom dortigen Restaurant angepasst werden. «Im Restaurant Post in Bözen gibt es feine Desserts und guten Wein. Um zirka 22.30 Uhr werden wir vor dem Restaurant abgeholt. Das Postauto macht für uns dort einen Extra-Halt.» Die diesjährige Wanderung sei wegen Schnee und Eis besonders herausfordernd gewesen. «Wir hatten eine halbe Stunde Verspätung, weil der Weg von Herznach nach Zeihen nur sehr schwer passierbar war.»
Nicht nur die Wanderung hat sich verändert, auch das Gesangsvolumen. «Während meiner Anfangszeit hatten wir rund 70 Mitglieder, inzwischen sind es noch 30 aktive Sänger», erzählt Urs Jost, welcher als erster Bass gesetzt ist. «Der Gesang war früher mit so viel mehr Sängern anders, logischerweise kräftiger.» Einige neue Sänger konnten kürzlich in Nollingen gefunden werden. «Diese kommen nun regelmässig über die Grenze an unsere Proben», so Jost. Er führe seine Ämter als Ameisengötti und auch beim Männerchor sehr gerne aus: «Irgendwann werde ich gerne die Organisation vom Bözerbummel weitergeben. Ich nehme an, die Warteschlange wird riesig sein», ergänzt er ironisch.