Musik ist sein Lebenselixier
26.08.2023 Persönlich, Musik, SchwaderlochMarcel Kohler: Seit 60 Jahren Hornist in der MG Schwaderloch
Obwohl Marcel Kohler seit 50 Jahren in Gebenstorf lebt, ist er noch stets mit seiner Jugendgemeinde verbunden. Er ist nämlich seit 60 Jahren engagierter Hornist in der Musikgesellschaft Schwaderloch. Für den ...
Marcel Kohler: Seit 60 Jahren Hornist in der MG Schwaderloch
Obwohl Marcel Kohler seit 50 Jahren in Gebenstorf lebt, ist er noch stets mit seiner Jugendgemeinde verbunden. Er ist nämlich seit 60 Jahren engagierter Hornist in der Musikgesellschaft Schwaderloch. Für den ehemaligen Tanzmusiker ist Musik das Lebenselixier.
Paul Roppel
Sicher zweimal hat Marcel Kohler die Erde um den Äquator herum umrundet, wenn man die Distanzen zusammenzählt, die er aufgewendet hat, um in die Musikproben zu fahren. Vor 50 Jahren ist er aus Schwaderloch, wo er aufgewachsen ist, nach Gebenstorf weggezogen und vor ein paar Monaten nach Döttingen. Trotzdem hält er seinem Stammverein, der Musikgesellschaft Schwaderloch, immer noch die Treue. «Die Zahl der aktiven Musikveteranen wird stets grösser», hält Kohler fest. «Im Juni ist am kantonalen Musiktag in Rothrist eine beachtliche Gruppe von 18 Musikanten mit der internationalen CISM-Medaille für 60 Jahre aktives Musizieren geehrt worden. Das war sehr eindrücklich und auch emotionell berührend», fügt er an.
Kohler ist einer dieser Geehrten, die noch beharrlich im Musikverein mitmachen. Die NFZ hat sich mit dem vifen und eingefleischten Musikanten unterhalten. Das Musizieren ist für den 75-jährigen Rentner ein wichtiger Lebensinhalt. «Die Blasmusik ist mein Lebenselixier und hält mich fit, nebst den täglichen dreistündigen Touren mit meinem Hund», schmunzelt er. Um am Ball zu bleiben und mithalten zu können, ist auch regelmässiges Üben angesagt, bekräftigt er. Mindestens zweimal pro Woche feilt er mit seinem Tenorhorn, unten im Keller, am guten Ton, am geschmeidigen Ansatz und an herausfordernden Passagen. «Dann besuche ich ja noch zwei Musikproben, eine in Schwaderloch und eine in Leutwil», gibt Kohler Einblick in sein Wochenprogramm. Dazu kommen noch die Auftritte, Geburtstagsständchen und anderen Vereinsaktivitäten.
Auch in Leutwil Musikant
Bei der Musikgesellschaft Leutwil spiele er seit 13 Jahren mit, ist von dem unermüdlichen Musikanten zu erfahren. Jede Woche von Gebenstorf 20 Kilometer Richtung Fricktal nach Schwaderloch und andererseits 30 Kilometer Richtung Hallwilersee nach Leutwil, das summiert sich. «Was mich dazu motiviert? Das sind die Vereinsmitglieder, das Gesellige und das Repertoire», begründet der spielfreudige Hornist den beachtlichen Aufwand. «In beiden Formationen dominiert die böhmischmährische Blasmusik. Das ist mein Lieblingsstil», kommt Kohler ins Schwärmen, der die lüpf ig-beschwingten und fröhlichen Melodien auch gerne von anderen Kapellen geniesst. «Dafür bin ich auch schon nach Prag gereist, um das Wettspiel an der Europameisterschaft zu hören», erzählt er fasziniert. Vorübergehend habe er aus Begeisterung auch bei Sepp Wunderlins Rüebliländer Musikanten, der Blaskapelle Würenlingen und der Blaskapelle Wasserschloss mitgespielt, welche sich diesen Volksmusikklängen verschrieben hatten. Ebenso gerne hört und spielt Kohler Marschmusik.
Im Vorstand aktiv
«Unser Musikstil kommt allgemein gut an. Wir werden von der Bevölkerung getragen», betont Kohler, der in beiden Vereinen in der Musikkommission mitwirkt. Dort hat er Einfluss auf die Stückwahl. Das Gremium nimmt schliesslich mit Einfühlungsvermögen die Wahl der im Verein gespielten Kompositionen vor und sorgt für das stimmige Repertoire.
Überraschend kommt zu Tage, dass er seit vier Jahren in der MG Leutwil im Vorstand mitmacht. «Ich wurde als Kassier gewählt», meint er schmunzelnd. «Beide Vereine leiden doch an denselben Schwierigkeiten», fügt er nüchtern an. Die Hauptthemen seien die Überalterung, der Mitgliederschwund und zu wenig Nachwuchs; junge Leute liessen sich ungern in Verpflichtungen einbinden, lautet seine Diagnose. «Ich bin in beiden Vereinen der Älteste. Das ist keinesfalls ein Grund zum Auf hören», zeigt er sich noch immer einsatzfreudig. «Beide Dörfer haben rund 700 Einwohner und beide Musiken etwa noch um die 14 Aktive. Ohne Zuzug von Aushilfen kommt kein Konzert zustande», bedauert er die Entwicklung. «Die Musikgesellschaft Schwaderloch ist schon das zweite Mal eine Spielgemeinschaft mit Wil eingegangen, um an einem Musikfest mitmachen zu können», zeigt er einen Ausweg auf.
Viele schöne Erlebnisse
Kohler schwelgt mit etwas Nostalgie in Zeiten von schönen Erlebnissen. Als 13-Jähriger hat er mit vier Kollegen als Jungbläser seine Musikantenkarriere gestartet. Wie es damals üblich war, hat ein versierter Musikant (das war Hanspeter Schneider) dem Nachwuchs das Notenlesen, die Tonleitern und das Taktgefühl im Zeitraum von zwei Jahren beigebracht. Kohler erhielt ein Tenorhorn, dem er bis heute treu geblieben ist. «Zwei Jahre später, 1963, wurde ich als Vereinsmitglied aufgenommen und in eine gut ausgetragene Uniform eingekleidet, die 1951 angeschafft worden war. Stolz durfte ich so am kantonalen Musikfest in Windisch teilnehmen, wo wir mit einem Goldlorbeer ausgezeichnet wurden. Hühnerhaut bekomme ich noch heute bei den Erinnerungen an den Gesamtchor im Amphitheater», erzählt er freudig.
Im Jahr 1965 folgte dann ein Riesenfest im etwa 500 Einwohner zählenden, beschaulichen Schwaderloch; die 1908 gegründete Musikgesellschaft führte den ersten Musiktag durch. Ein Jahr später folgte die Teilnahme am Musikfest in Aarau und 1967 gab es neue Instrumente, sowie ein Jahr später neue Uniformen. Als weiteres Highlight wertet Kohler den 1998 am Musikfest in Möhlin erspielten zweiten Rang in der 3. Stärkeklasse mit damals 25 Mitgliedern.
43 Jahre Berufschauffeur
«Die Musik hat mich begeistert. Der Vater kaufte mir ein Saxophon und ich habe mir das Spielen selber beigebracht», erinnert sich Kohler, der dann mit seinen engsten Kollegen ein Quintett namens «The Rhein Boys» gründete und einige Jahre Tanzmusik machte. Der in Schwaderloch mit vier Schwestern aufgewachsene Kohler lernte Automechaniker für die Marken Alfa Romeo und Jaguar. «Das Mechanische hat mich fasziniert», bekräftigt er. Dies gab auch später den Ausschlag für seine zeit- und bastelintensiven Hobbies, den Modelleisenbahnbau, den Modellhelikopterbau und das Fliegen damit. Im Militär wurde er Motorfahrer, was den Übergang zum neuen Beruf erleichterte.
Während 43 Jahren, bis zur ordentlichen Pensionierung 2013, legte er unfallfrei über 2,5 Millionen Kilometer auf Schweizer Strassen als Lastwagenchauffeur für den Transport von Autoersatzteilen und Kabelschutzrohren zurück. Der Druck, das unglaubliche Verkehrsaufkommen und die aggressiven Verhaltensauswüchse, welche er gegen Ende seiner Berufstätigkeit erlebte, geben ihm zu denken. Andererseits kam er in schöne und die entlegendsten Dörfer in der Schweiz, strahlt er. Trotz der Tagwacht um 3 Uhr früh, dem Beladen eine Stunde später, sowie den langen Arbeitstagen, habe er sich Freiraum für die Musik schaffen können, stellt der engagierte Musikant mit grosser Befriedigung fest. Das zahle sich heute noch aus.