Bei einem tödlichen Unfall im Rhein ist im Juni die Rheinrettung Rheinfelden nicht aufgeboten worden. Der Kanton gibt zu, dass dies ein Fehler war.
Valentin Zumsteg
Es sind klare Worte, welche der Aargauer Regierungsrat in der Beantwortung einer Interpellation verwendet: ...
Bei einem tödlichen Unfall im Rhein ist im Juni die Rheinrettung Rheinfelden nicht aufgeboten worden. Der Kanton gibt zu, dass dies ein Fehler war.
Valentin Zumsteg
Es sind klare Worte, welche der Aargauer Regierungsrat in der Beantwortung einer Interpellation verwendet: «Beim Vorfall vom 18. Juni 2024 hat es die Kantonale Notrufzentrale irrtümlicherweise unterlassen, die Feuerwehr Rheinfelden aufzubieten.» Der Vorfall sei zwischenzeitlich innerhalb der Kantonspolizei aufgearbeitet worden. «Gemäss den polizeilichen Erkenntnissen hätte der Tod der betroffenen Person auch bei einem Aufgebot der Feuerwehr Rheinfelden nicht verhindert werden können», hält der Regierungsrat weiter fest.
Scharfe Kritik
Blicken wir kurz zurück: Am 18. Juni ist beim Wasserkraftwerk Rheinfelden eine Frau, die sich auf ein Geländer beim Stauwehr gesetzt hatte, in den Rhein gestürzt. Das Rettungsboot der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft war damals aufgeboten worden, nicht aber die Rheinrettung der Feuerwehr Rheinfelden, die permanent ein Rettungsboot im Wasser hat und sehr schnell reagieren kann. Die Frau konnte später nur noch tot geborgen werden.
Nach dem Vorfall schlug der Chef der Rheinfelder Rheinrettung, Richard Graf, in der NFZ Alarm. Er kritisierte, dass es die Kantonale Notrufzentrale unterlassen hatte, die Schweizer Rheinrettung, die zur Feuerwehr Rheinfelden gehört, zu alarmieren. «Bei einer Rheinrettung geht es um Sekunden, nicht um Minuten oder Stunden», sagte Graf und bemängelte, dass die Alarmierung bei Vorfällen im Rhein schon länger nicht gut funktioniere.
Seine Kritik schlug hohe Wellen. Die Kantonspolizei Aargau versuchte sich damals herauszureden, indem sie erklärte, die deutsche Polizei habe auf den Beizug der Schweizer Rheinrettung verzichtet. Jetzt tönt es vom Regierungsrat aber deutlich anders, er gesteht Fehler bei der Kantonalen Notrufzentrale ein.
«Grundsatz gilt nicht absolut»
Das Thema beschäftigt auch die Politik: Im August haben die SVP-Grossräte Stephan Müller, Désirée Stutz und Andy Steinacher eine Interpellation betreffend Nicht-Alarmierung des Rheinrettungsdienstes Rheinfelden eingereicht. Deswegen musste sich der Regierungsrat damit beschäftigen. Neben dem Fehlereingeständnis betont die Regierung in ihrer Beantwortung, dass die Flussrettung im Aargau nicht gesetzlich geregelt sei.
Im Jahre 2023 musste die Kantonale Notrufzentrale in 15 Fällen eine Flussrettung organisieren. «Nicht immer ist dabei der Einsatz von Rettungsbooten erforderlich. Je nach konkreten Umständen wird beispielsweise der Einsatz eines Rettungshelikopters benötigt oder die Rettung kann durch Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer oder vom Ufer aus erfolgen», erklärt der Regierungsrat. In der Regel würden die Rettungsorganisationen beidseits des Rheins aufgeboten, doch dieser Grundsatz gelte nicht absolut. «Es obliegt dem zuständigen Einsatzdisponenten, gestützt auf die eingegangene Meldung und die vorliegenden Informationen, eine Lagebeurteilung vorzunehmen und basierend darauf die erforderlichen Einsatzkräfte auszulösen.» Die Regierung betont aber, dass seit Juli der «Schwellenwert für das Auslösen der Rettungsorganisationen auf dem Rhein» gesenkt wurde. «Neu werden diese bereits bei geringeren Anzeichen einer Gefährdungssituation aufgeboten.»
Es bleibt das Fazit, dass Richard Graf mit seiner Kritik richtig lag und damit – hoffentlich – zu einer Verbesserung der Alarmierung beiträgt. Der Rheinfelder Vizeammann Walter Jucker und Feuerwehrkommandant Marc Leber hatten bereits im Juli gegenüber der NFZ erklärt: «Weil es um Leben oder Tod geht, sollte immer grosszügig alarmiert werden.»