«Helfen zu können, ist etwas sehr Schönes»
21.04.2023 Persönlich, FrickChristoph Simonett hat in Frick ganze Familien über Jahrzehnte betreut
Wenn man die ganze Woche Grippekranke behandelt, werde man selber nicht krank, sagt Dr. Christoph Simonett, der in seinen 30 Jahren als Hausarzt in Frick nur sehr selten wegen Krankheit ausfiel und mit Zufriedenheit auf sein Berufsleben zurückblickt.
Karin Pfister
Auf die Frage, ob er den Arztberuf wieder wählen würde, wenn er nochmals jung wäre, kommt ohne zu zögern ein Ja. Christoph Simonett war über 30 Jahre lang in Frick als Hausarzt tätig. Ende des vergangenen Jahres wurde er offiziell pensioniert, wobei er schon einige Jahre zuvor angefangen hat, seine Sprechstunden sukzessive zu reduzieren. Die Medizin begleitet ihn auch nach der Pensionierung. Einerseits ist er für verschiedene Versicherungen als Gutachter tätig, andererseits gibt es im Untergeschoss der Praxis in der Zwidellen ein grosses Archiv, das er gerne sortieren und umräumen würde. Vielleicht könne man künftig einige der gelagerten Gegenstände der Öffentlichkeit zugänglich machen, so Christoph Simonett. Neben einem alten Untersuchungsstuhl – «Ich erinnere mich noch daran, wie dieser in der Praxis meines Vaters stand und an das Geräusch, das der Stuhl beim Herunterklappen immer gemacht hat.» – medizinischen Geräten wie einem alten Röntgenapparat sind auch noch Akten aus der Zeit eines Urgrossvaters archiviert. Damals gab es ein Sprechstundenbuch und pro Patient eine Zeile pro Besuch. «Da steht nur ‹Fieber, Paracetamol, 2,5 Franken› oder so ähnlich.»
In vierter Generation
Sechs Doktoren mit dem Namen Simonett gab es insgesamt in Frick. Der erste war Dr. Benedikt Simonett, der aus dem Bündnerland ins Dorf kam und im Restaurant Adler die Praxis übernahm, später dislozierte diese an die Hauptstrasse neben der heutigen Migros. Danach folgte der Grossvater von Christoph Simonett sowie Vater und Onkel. Seit 1954 steht das Gebäude in der Zwidellen. Noch als Arzt in der gleichen Strasse aktiv ist Manuel Simonett, der Cousin von Christoph Simonett.
In verschiedenen Fachrichtungen tätig
Christoph Simonett absolvierte sein Staatsexamen 1981, danach war er mehrere Jahre lang in verschiedenen Spitälern tätig, unter anderem in der Psychiatrie, der Chirurgie, einer Kinderklinik sowie in einem Rheumazentrum. Diese vielfältigen Erfahrungen kamen ihm danach als Hausarzt zugute.
«An meinem ersten Tag in der Praxis waren 60 Patienten eingeschrieben. Das hatte mein Vater so organisiert», erinnert sich Christoph Simonett. Diese hohe Anzahl sei damals so üblich gewesen. Er reduzierte dann auf 30 bis 40 Patienten pro Tag, um mehr Zeit für die einzelnen Konsultationen zu haben; in den letzten Jahren seien es noch 20 bis 25 gewesen. «Die Patienten möchten heute längere Gespräche und mehr Informationen. Ausserdem gibt es aufgrund des technischen Fortschrittes viel mehr mögliche Untersuchungen als in meinen Anfangszeiten.»
Als Hausarzt hat er teilweise ganze Familien über Jahrzehnte betreut: Vom Säugling bis zu den Urgrosseltern. Darunter waren alle Krankheiten: «von den Augen bis zu den Zehen». Er habe die Vielseitigkeit seiner Tätigkeit immer sehr geschätzt, sagt Christoph Simonett. Einerseits sei es anspruchsvoll gewesen, alle 15 Minuten «umzudenken» und sich mit einem neuen Krankheitsbild vertraut zu machen, andererseits sei seine Arbeit nie langweilig oder eintönig gewesen. «Es ist eine schöne Aufgabe, andern Menschen helfen zu können. Das gibt einem in stressigen Zeiten auch Kraft.»
Es gehe in einer Hausarztpraxis im Gegensatz zu einem Spital selten innerhalb von Minuten um Leben und Tod. «In 99 Prozent aller Fälle hatte ich genug Zeit, um zu überlegen, welche Behandlung am sinnvollsten ist.» Ausserdem könne ein Hausarzt die Patienten über einen längeren Zeitraum begleiten und die Behandlung, wenn erforderlich immer wieder anpassen.
Besonders schön fand er, wenn er einen Patienten innert kurzer Zeit von allen Beschwerden befreien konnte. Als Beispiel nennt er einen Pfropf im Ohr, welcher die Hörfähigkeit reduziert. «Da spült man das Ohr mit einer Spritze Wasser, und alles ist wieder gut.» Oder Wunden, die erst schlimm aussehen und dann nach ein paar Tagen schon fast verheilt seien.
Zeit für Hobbys
Christoph Simonett hat zusammen mit seiner Frau Rosanna zwei Söhne grossgezogen und ist inzwischen Grossvater von einem Enkelkind. Er habe sich immer auch gerne für die Gemeinde, in der er fast sein ganzes Leben verbracht hat, engagiert und war unter anderem viele Jahre lang als Schularzt tätig. Seit er sein Arbeitspensum reduziert hat, hat er mehr Zeit für seine Hobbys. Er ist Mitglied bei den «Freaktal Singers», im katholischen Kirchenchor Frick und im Schiessverein, wo er überall auch im Vorstand mitarbeitet.
Drei bis vier Mal sei er in den Jahren als Hausarzt selber krank gewesen und wegen einer kurzen Grippe maximal zwei, drei Tage im Bett. «Offenbar habe ich ein gutes Immunsystem. Und wenn man immer um Grippekranke herum ist, wird man selber nicht krank.» Bei einem Arzt war er selber in all den Jahren nur einmal. «Ich konnte mich ja immer selber behandeln, wenn etwas war.»