Eine singende Organisatorin, die manchmal abhebt
21.07.2024 Persönlich, Kultur, RheinfeldenLeiterin Kultur bei der Schützen Rheinfelden AG
Sie ist ausgebildete Sängerin, Kulturmanagerin und hat auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet. Die Hobbypilotin Doritt Härtel packt immer wieder Neues an. Bei ihrer Tätigkeit für den Schützen in Rheinfelden ...
Leiterin Kultur bei der Schützen Rheinfelden AG
Sie ist ausgebildete Sängerin, Kulturmanagerin und hat auf einem Kreuzfahrtschiff gearbeitet. Die Hobbypilotin Doritt Härtel packt immer wieder Neues an. Bei ihrer Tätigkeit für den Schützen in Rheinfelden kann sie ihre vielen Talente einbringen.
Valentin Zumsteg
Diese Frau hat Schwung und Elan. «Vieles, was ich bisher gemacht habe, fliesst in meine neue Tätigkeit ein», sagt Doritt Härtel. Die 54-Jährige ist seit 2022 Leiterin Kultur der Schützen Rheinfelden AG, zu der eine Klinik und drei Hotels gehören. «Das Tolle ist, ich habe bei der Programmgestaltung freie Hand.» Die ersten Erfolge sind bereits erkennbar: «Begonnen habe ich mit einer Auslastung der Kultur-Veranstaltungen von 10 Prozent, jetzt sind wir bei 60 Prozent. Mein Ziel sind 100 Prozent.»
Und plötzlich änderte sich alles
Doritt Härtel stammt ursprünglich aus Leipzig. Als sie 20 Jahre alt war, brach die DDR zusammen und ein neues Polit- und Wirtschaftssystem hielt Einzug. Sie blieb aber vorerst im Osten, weil sie einen Studienplatz für Klassischen Gesang an der Hochschule für Musik in Weimar hatte. Gleichzeitig mit dem Studium stand sie bereits als Chorsängerin am Deutschen Nationaltheater Weimar und am Goethe-Theater Bad Lauchstädt auf der Bühne.
«Als Sängerin muss man für die Stimme leben und immer in Form bleiben. Eine Erkältung kann man sich nicht leisten. Auch an einem schlechten Tag muss die Leistung stimmen, das Publikum hat dafür bezahlt.» Härtel ist zwar eine leidenschaftliche Sängerin, doch sie wollte nicht alles auf diese Karte setzen. Deswegen absolvierte sie ein zweites Studium in Politikwissenschaft, Betriebswirtschaft und Italianistik an den Universitäten Leipzig und Bologna.
Mit 29 Jahren gab sie die Bühnenkarriere auf und wechselte ganz hinter die Kulissen, denn neben dem Singen organisiert sie gerne. Sie arbeitete zuerst als Projektmanagerin beim Musikfestival «Brandenburgische Sommerkonzerte» und anschliessend war sie als Leiterin des Künstlerischen Betriebsbüros beim RIAS-Kammerchor in Berlin tätig. Mit dem Chor reiste sie um die Welt, war jährlich bei rund 50 Konzerten im Ausland dabei. Die Tourneen führten durch Europa, Amerika und Asien. «Das war eine schöne und lehrreiche, aber sehr anstrengende Zeit.»
Auf hoher See und in der Luft
1989 hatte das Ende der DDR dafür gesorgt, dass Doritt Härtel plötzlich in einem «neuen» Land lebte. 20 Jahre später sorgte sie selbst für einen erneuten persönlichen Wechsel des Systems. Sie zog in die Schweiz, wo bereits ihre Schwester seit zwei Jahren wohnte und als Ärztin in Zürich arbeitete. «Ich habe mich gut vorbereitet und schon Monate vor dem Umzug Schweizer Nachrichten gehört. Denn es war mir wichtig zu wissen, worüber in der Schweiz geredet wird.» Der Einstieg klappte gut – auch beruflich. Sie übernahm die Geschäftsführung beim La Cetra Barockorchester Basel und war beim Theater Basel in gleicher Funktion für die Sparten Oper und Schauspiel zuständig. Später arbeitete sie für die UBS und Hapag-Lloyd. Für die Reederei stach sie in See: Auf dem Kreuzfahrtschiff MS Europa war sie als Entertainment-Managerin für 50 Künstlerinnen und Künstler verantwortlich, ebenfalls eine intensive und interessante Tätigkeit. «Das gute Zusammenspiel von Kultur, Nautik, Tourismus und Hotellerie ist ganz wichtig. Ich war vor allem im Norden unterwegs: Island, Spitzbergen, Irland, Grossbritannien und in den baltischen Staaten.»
Doch jetzt ist sie vorerst beruflich angekommen. «Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht.» Die Arbeit als Leiterin Kultur der Schützen Rheinfelden AG bereitet ihr grosse Freude, denn sie kann diese Stelle, die es vorher nicht gab, aufbauen und gestalten. Ihr Vorteil: Sie kennt die Welt der Wirtschaft ebenso wie die Bedürfnisse der Künstlerinnen und Künstler. Konzerte, Kleinkunst und Tanzveranstaltungen hat sie im Schützen bereits auf die Beine gestellt. «In Zukunft wird es noch mehr Lesungen geben. Zudem wünscht sich die Stadt regelmässige Kino-Veranstaltungen. Das steht ebenfalls auf meiner Liste.» Es ist Doritt Härtel wichtig, dass die Kultur nicht nur unterhält, sondern ebenso Denkanstösse liefert. «Ich habe aber gleichzeitig den Anspruch, dass die Veranstaltungen möglichst kostendeckend durchgeführt werden können.»
In ihrer neuen Heimat fühlt sich Härtel, die in Zürich wohnt und mit einem Mediziner aus Basel verheiratet ist, ausgesprochen wohl. Seit Dezember 2023 hat sie den Schweizer Pass. Härtel sieht gewisse Ähnlichkeiten zwischen den Schweizern und den Menschen aus der ehemaligen DDR: «Es dauert ein bisschen, bis wir jemandem Vertrauen schenken, aber dann hat die Beziehung ein Fundament.»
Doritt Härtel liebt es, immer wieder Neues anzupacken, sich zu unbekannten Ufern aufzumachen und hin und wieder abzuheben. Als Hobbypilotin hat sie einen weiten Horizont. «Es sind magische Momente, wenn man die Wolkendecke durchbricht und die Sonne sieht», schwärmt sie und ergänzt: «Ich kenne nur Piloten, die entspannt sind und gutes Essen schätzen. Die Auseinandersetzung mit Naturkräften relativiert manche Alltagssituation, zeigt die eigenen Grenzen auf und lässt mich demütig werden.» Mit den Veranstaltungen, die sie organisiert, möchte sie dem Publikum ebenfalls Glücksmomente verschaffen.