«Eine Frau in einem typischen Männerjob»
07.05.2023 Persönlich, FrickIm Pausenraum der Werkhofmitarbeitenden in Frick gibt es einen pinkfarbenen Stuhl, der ist für Andrea Ackle reserviert, der einzigen Frau im Team.
Regula Laux
«Ja, ich hatte schon einige spezielle Reaktionen wegen meiner Arbeit», erzählt Andrea Ackle, ...
Im Pausenraum der Werkhofmitarbeitenden in Frick gibt es einen pinkfarbenen Stuhl, der ist für Andrea Ackle reserviert, der einzigen Frau im Team.
Regula Laux
«Ja, ich hatte schon einige spezielle Reaktionen wegen meiner Arbeit», erzählt Andrea Ackle, während sie sich um den Rasen eines Kindergartens in Frick kümmert. «Teils verstehen Leute nicht, dass ich als Frau einen typischen Männerjob habe, andererseits gibt es auch solche, die mich dafür beneiden», so die Fachfrau Betriebsunterhalt weiter. Bereits als 16-Jährige hat sie beim Werkhof in Frick ihre Lehre begonnen.
Locker bleiben
«Ich muss zugeben, dass ich etwas skeptisch war, als Andrea sich als erste Frau bei uns beworben hat», blickt Georg Schmid, der Leiter des Fricker Werkhofes zurück. Heute sei er aber extrem froh, dass er damals auf seine Frau gehört und Andrea Ackle eingestellt habe. «Sie leistet hervorragende Arbeit und tut dem Männerteam gut», ist Schmid überzeugt. Obwohl sie alle Arbeiten ähnlich wie ihre männlichen Kollegen verrichtet und alle davon überzeugt sind, dass sie auch als Frau am richtigen Platz ist, findet sich bisher noch kein zweiter pinker Stuhl im Pausenraum. Und überhaupt, nervt es nicht, anders behandelt zu werden, egal ob farblich oder sonst wie? «Da muss man als Frau in einem Männerteam drüberstehen», ist Andrea Ackle überzeugt. Auch was derbe Witze oder dumme Sprüche angeht: Locker bleiben – so die Devise der 22-Jährigen. «Obwohl», ergänzt sie, «wenn es zu arg wird, sage ich schon was.»
In den Köpfen der Leute
Doch was ist eigentlich so männlich an der Arbeit von Werkhof-Mitarbeitenden? «Ich glaube, das ist eher nur die Vorstellung in den Köpfen der Leute, so war es halt immer und das ändert sich nur langsam», meint Andrea Ackle. Auch für Kollege Pascal Sacher, der normalerweise fürs Wasser zuständig ist, macht es keinen Unterschied, ob er mit männlichen oder weiblichen Kollegen eingeteilt ist. «Oder doch, vielleicht würde es Unterschiede geben, aber mit Andrea ist das nicht so», schiebt Sacher nach.
Der Strassenunterhalt, also das Flicken von Schlaglöchern, die Signalisation und die Reinigung der Strassen, ist ein wichtiger Teil, aber auch der Unterhalt der Grünflächen, öffentlichen Anlagen und Plätzen sowie die Hecken- und Baumpflege. Die Schwerpunkte der Arbeit sind je nach Jahreszeit unterschiedlich: Im Frühjahr und Sommer geht es eher um die Grünflächen, im Winter um den Winterdienst. Auf dem Friedhof gibt es auch einiges zu tun, bei Erdbestattungen leisten die Werkhofmitarbeitenden die Grabarbeiten. «Nein, wir schaufeln nicht von Hand, sondern haben einen kleinen Bagger zur Verfügung», so Andrea Ackle. Ganz besonders mag sie die Abwechslung und Vielfältigkeit ihrer Arbeit: Jeder Tag sei anders und man ist fast immer an der frischen Luft, schwärmt sie.
Wildfremde Leute grüssen
Auch Kontrollarbeiten seien ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit. Das Werkhofteam schaut regelmässig, ob der Wildwuchs von Hecken die Sicht einschränkt, ob alle Spielgeräte auf den Spielplätzen intakt sind und ob auch sonst alles in Ordnung ist in ihrem Gebiet. Zu Anfang hätten die Leute oft zweimal – oder öfter – geschaut, wenn sie als Frau in ihrer Werkhof-Montur unterwegs gewesen sei. Heute hätte man sich aber scheints daran gewöhnt: «Jedenfalls werde ich oft freundlich gegrüsst von Leuten, die ich gar nicht kenne.»
Vom Bauernhof in den Werkhof
Für Andrea Ackle war schon früh klar, dass es sie beruf lich nicht Richtung Büro oder Pflege zieht. Aufgewachsen auf einem Bauernhof auf dem Kornberg in Ueken, hat sie schon als Kind gelernt, mit anzufassen. Etwas mit Tieren wäre vielleicht auch noch was gewesen, zumal sie den Grossteil ihrer Freizeit mit ihrer Freibergerstute Navira verbringt. «Eigentlich hat mich mein Vater auf die Idee gebracht, auf dem Werkhof zu schnuppern, 2016 war das, als es um die Lehrstellensuche ging», erinnert sich Andrea Ackle. Das Schnuppern habe damals gepasst und der Job passe ihr auch heute noch, sehr sogar.
Auf die Frage, ob wirklich alles an ihrer Arbeit nur super sei und ob es gar nichts gebe, das sie stört, muss Andrea nachdenken. «Doch klar, wenn wir raus müssen bei megaschlechtem Wetter, das ist natürlich nicht so toll», erklärt sie. Aber das Schlimmste sei eigentlich die Ignoranz einiger Menschen: «Wenn der Müll einfach liegen gelassen wird und niemand daran denkt, dass wir es sind, die das dann wieder aufheben müssen. Oder Zigarettenstummel, ich weiss nicht, wie viele davon ich schon aufgehoben habe», ereifert sich die Fachfrau Betriebsunterhalt.
Katzenstreu im Robidog-Kübel
Die negativsten Erlebnisse hätten aber mit Hunden, bzw. mit deren Besitzerinnen und Besitzern zu tun: «Da gibt es so viele Leute, die es nicht für nötig halten, den Kot ihrer Hunde aufzunehmen. Sehr ärgerlich und stinkig für alle, die reintreten. Für uns aber ist es noch viel unangenehmer, wenn wir mit dem Freischneider auf einer Wiese unterwegs sind und auf Hundekot treffen, dann fliegt uns die Sch… förmlich um die Ohren – das möchte glaub niemand erleben.» Jetzt wird sie richtig temperamentvoll, die sonst so easy und fröhlich wirkende Werkhofmitarbeitende: «Oder noch etwas: Wenn wir auf der Abfalltour sind und die Abfallkübel und Robidog-Behälter leeren, dann kommt es immer wieder vor, dass Leute, wohl Katzenbesitzerinnen und -besitzer, ihre ganze Kotkiste samt Streu im Robidog-Kübel entleeren. Und was passiert dann beim Leeren…?» Wir sind gespannt: «… Der Beutel kann reissen und im blödsten Fall müssen wir dann alles wieder zusammenputzen!» Extrem ärgerlich und unnötig, sei das.