Ein Schweizer Pionierprojekt bringt die Natur zurück
18.06.2024 Brennpunkt, RheinfeldenAuenlandschaft beim Magdenerbach
Zwischen Magden und Rheinfelden ist eine neue Auenlandschaft von nationaler Bedeutung entstanden. Am kommenden Samstag wird das Pionierprojekt eingeweiht.
Valentin Zumsteg
Wenn Rolf Gall auf die neue Auenlandschaft ...
Auenlandschaft beim Magdenerbach
Zwischen Magden und Rheinfelden ist eine neue Auenlandschaft von nationaler Bedeutung entstanden. Am kommenden Samstag wird das Pionierprojekt eingeweiht.
Valentin Zumsteg
Wenn Rolf Gall auf die neue Auenlandschaft blickt, dann ist er mehr als zufrieden: «Sie ist wunderschön, enorm vielfältig und dynamisch geworden», sagt der Projektleiter vom Aargauer Departement Bau, Verkehr und Umwelt. Die Bauarbeiten für die Revitalisierung des Magdenerbachs auf einer Länge von rund 1,6 Kilometern haben im April 2023 begonnen und dauerten bis in den November 2023 (die NFZ berichtete). In diesem Frühling sind ergänzende Aussaaten und Pflanzungen vorgenommen worden. Mittlerweile ist auch der Waldweg wiederhergestellt und zum Schluss wurden ein «Schulzimmer im Freien» und der Themenweg für die Öffentlichkeit erstellt.
«Ein schweizweiter Pionier»
«Für die Wasser-Agenda 21, das Forum und Netzwerk der Akteure der Schweizer Wasserwirtschaft, ist das Projekt ein schweizweiter Pionier», sagt Rolf Gall und ergänzt: «Aus Sicht des Kantons fügt sich das Projekt stimmig in die Ziele und die Projekte der Abteilung Landschaft und Gewässer des Departements Bau, Verkehr und Umwelt ein.» Regional und kommunal eröffne das nun realisierte Projekt vielfältige Ressourcen für Natur und Mensch.
Erstmals wurde einem kanalisierten Bach nicht nur eine naturnahe Laufform zurückgegeben, sondern auch die Bachsohle auf einer Strecke von fast einem Kilometer angehoben. «Dadurch konnte der Grundwasserspiegel im Grundwasserschutzgebiet ansteigen und gewässertypische Ausuferungen sowie auendynamische Prozesse werden wieder möglich. Zudem wurden – vielleicht ebenfalls erstmalig über eine solch lange Strecke – Totholzmengen wie in ursprünglichen Auenlandschaften in das Bachbett eingearbeitet», schildert Gall.
Dadurch entstehen zahlreiche Lebensräume bei Hoch- und Niedrigwasser. «Der Bach und seine wiedergewonnene Aue dürfen und können den neuen Raum nutzen, um mit den Strömungskräften vielfältige Strukturen und Habitate zu formen, die einem ständigen Wandel unterworfen sein werden.»
Rolf Gall weist daraufhin, dass in den letzten Jahren und Jahrzehnten 90 Prozent der Auen in der Schweiz verschwunden sind. «Dieser Verlust ist dramatisch. Die Tiere und Pflanzen, denen wir mit der Bachaue wieder einen selten gewordenen Lebensraum geben konnten, sind vor allem die Zielarten des bisherigen Naturschutzgebietes Ängi, in dem die Aue liegt.» Er nennt unter anderem Amphibien wie Unken oder Feuersalamander; Vögel wie Wasseramsel und Eisvogel; Insekten wie die Quelljungfer – eine Libellenart – oder Reptilien wie die Ringelnatter. Im Wasser sind es der im Magdenerbach noch vorkommende, stark gefährdete Dohlenkrebs, die Forelle und die zahlreichen wirbellosen Tiere wie seltene Köcherfliegen und Steinfliegen. Dazu kommen als Pflanzen die Pestwurz oder die Sumpfdotterblume sowie Auenhölzer wie die Schwarzerle.
Mehr Platz für Natur
Eine Besonderheit des Projekts «Auenlandschaft Magdenerbach» ist das Schulzimmer im Freien, es entstand aus einer Initiative der Schule Magden nach Baustellen-Besuchen der Kindergärtler und Erstklässler während der Bauzeit. Dieses spezielle «Schulzimmer» und seine Lerninhalte haben die Schulen mit dem Naturama Aargau weiterentwickelt. «Eine professionelle Umweltbildung und direkte Erfahrungen in der Natur sind wichtig für Kinder und mir eine Herzensangelegenheit», erklärt Rolf Gall. Überhaupt sei das Interesse der Bevölkerung an der neuen Bachaue sehr gross: «Das zeigt sich unter anderem darin, dass es der Gemeinde Magden und dem Naturund Vogelschutz Rheinfelden zusammen mit dem Naturschutzverein Magden gelang, an insgesamt vier Baustellenführungen jeweils bis zu 100 Teilnehmende zu mobilisieren.»
Für die neue Auenlandschaft hatte der Grosse Rat des Kantons Aargau einen Verpflichtungskredit in der Höhe von 2,65 Millionen Franken bewilligt. «Diesen Kredit werden wir einhalten können», erklärt Rolf Gall. Am nächsten Samstag ist es nun soweit: Die neue Bachaue wird offiziell eingeweiht. (vzu)