Ein ganz Grosser tritt ab

  25.09.2025 Sport, Möhlin

Am Wochenende läuft der achtfache OL-Weltmeister Matthias Kyburz seinen letzten Weltcup. Seine Träume und Ziele gehören fortan ganz dem Marathon.

Ronny Wittenwiler

Am Weltcupfinale in Uster wolle er sie ein allerletztes Mal aufsaugen, diese «einmalige Stimmung» vor Heimpublikum. Gleichzeitig spricht er von «grosser Dankbarkeit für die tolle Unterstützung während der letzten Jahre». Mit Matthias Kyburz biegt einer der erfolgreichsten Orientierungsläufer der Geschichte auf die Zielgerade ein, der Möhliner gab gestern Mittwoch seinen Rücktritt aus dem Nationalteam per Ende Jahr bekannt. «In den letzten Wochen ist der Entscheid gereift, dass nun die Zeit gekommen ist, meine OL-Karriere zu beenden und mich voll und ganz dem Marathon zu widmen.»

Die Strasse im Kopf
Komplett überraschend kommt die Ankündigung nicht. Nach der WM in Finnland im Juli – Kyburz gewann Bronze über die Langdistanz und Silber mit der Staffel – erklärte er bereits seinen Verzicht auf die EM im August und gab stattdessen seine Teilnahme am New York-Marathon vom 2. November bekannt. Im Interview mit der NFZ sagte er: «Im Marathon reizt mich die Leichtathletik-EM im nächsten Jahr. Und ich kann mir vorstellen, dass der Marathon an den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles ein Thema ist.» Daran hat sich nichts geändert. Und deswegen ist der gestern erklärte Rücktritt vom OL noch lange kein Abschied vom Spitzensport, sondern vielmehr ein komplettes Fokussieren auf die angedeuteten Pläne, die Kyburz nun konkretisiert: «Mein Ziel ist es, nächstes Jahr in der Leichtathletik beim EM-Marathon für Furore zu sorgen. Meine langfristige Vision ist eine Topleistung beim Marathon an den Olympischen Spielen 2028.»

Dass der achtfache OL-Weltmeister Marathon kann, zeigte er auf Anhieb. Bei seiner Premiere im Frühjahr 2024 knackte er sogleich die Limite für die Olympischen Spiele in Paris, wo er dann als schnellster Schweizer auf Rang 30 lief. Am 23. Februar 2025 bestritt Matthias Kyburz den Sevilla-Marathon, verbesserte seine persönliche Bestzeit auf 2:06:48 Stunden und ist seither hinter Tadesse Abraham der zweitschnellste Schweizer Marathonläufer aller Zeiten. Und nun also die Vorbereitung auf New York, seinen vierten Marathon. Doch am Wochenende sagt Matthias Kyburz zuerst einmal seiner alten Liebe tschüss. Vorgesehen ist, dass er am OL-Weltcupfinale in Uster den Einzelsprint (Freitag), den Staffelsprint (Samstag) und den Knockout-Sprint (Sonntag) absolviert. «Ja, ich bin ein bisschen nervös», sagt er mit einem Lächeln, liegen seine letzten Trainingseinheiten im OL-Sprint doch schon länger zurück. Unabhängig vom Resultat wird es ein Abschied, den sich der Fricktaler gewünscht hat: zuhause vor Heimpublikum, statt irgendwo im Nirgendwo weit weg im Hohen Norden. «So zu beenden, das ist schon cool.»

Was bleibt
Und so ist der Fall klar, noch vor der gestoppten Zeit nach dem allerletzten Zieleinlauf: Mit Matthias Kyburz, der als Jüngster von drei Brüdern in seinem Umfeld liebevoll «dr’Chlai» genannt wird – mit ihm tritt ein ganz Grosser von der Bühne der weltbesten Orientierungsläufer ab.


Die OL-Karriere von Matthias Kyburz

Mit 15 Jugend-Europameister, mit 19 Junioren-Weltmeister, gewinnt Matthias Kyburz mit 21 Jahren sein erstes Weltcuprennen. Ein Jahr später wird er Europameister und Weltmeister und gewinnt den Gesamtweltcup ein erstes Mal. In seiner Karriere bestreitet er 41 WM-Läufe, klassiert sich dabei 29-mal in den Top 6, gewinnt 17 Medaillen, davon acht Mal WM-Gold. An Europameisterschaften läuft er 23 Rennen, gewinnt 13 Medaillen, neun Mal ist es EM-Gold. In 138 Weltcuprennen für die Schweiz schafft er es 65-mal aufs Podest, feiert 25 Weltcupsiege. Kyburz gewinnt sechsmal den Gesamtweltcup. Den Höhepunkt seiner OL-Karriere erlebt er bei der Heim-WM in Flims Laax 2023, als er Doppelweltmeister wird. (mgt/rw)


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