Die HPS Fricktal hat zu wenig Plätze
20.08.2024 Fricktal, SchuleNachfrage nach Unterrichtsplätzen für Kinder mit Unterstützungsbedarf steigt
Die Zahl der Sonderschulplätze ist im Fricktal beschränkt. Die Heilpädagogische Schule (HPS) Fricktal in Mumpf ist mit aktuell 96 Kindern und Jugendlichen voll ausgelastet.
...Nachfrage nach Unterrichtsplätzen für Kinder mit Unterstützungsbedarf steigt
Die Zahl der Sonderschulplätze ist im Fricktal beschränkt. Die Heilpädagogische Schule (HPS) Fricktal in Mumpf ist mit aktuell 96 Kindern und Jugendlichen voll ausgelastet.
Susanne Hörth
Gerne hätten er und seine Frau ihr Kind in der HPS Fricktal unterrichten und betreuen lassen, erzählt ein Mann aus dem unteren Fricktal. Aber eben «hätten»: Ganz kurz sah es danach aus, als ob die Anmeldung berücksichtigt würde, doch dann kam die Absage. Statt eines kurzen Schulweges in die nahe gelegene HPS im ehemaligen Oberstufenzentrum in Mumpf ist das Primarschulkind für die Hin- und Rückfahrt in eine ausserkantonal Institution für Kinder mit Unterstützungsbedarf nun täglich rund zwei Stunden mit dem Schulbus unterwegs. Andere Eltern im Fricktal befinden sich in der gleichen Situation.
Ausgelastet
Im Sommer 2018 wurde beschlossen, die beiden Heilpädagogischen Schulen Rheinfelden und Frick zusammenzulegen. Als neue Trägerschaft konnte ab August 2020 die Fricktaler Stiftung MBF gewonnen werden. Zu jenem Zeitpunkt wurden an den beiden bisherigen Standorten inklusive heilpädagogischer Werkstufe insgesamt 95 Schülerinnen und Schüler unterrichtet.Im August 2021 startete dann der gemeinsame Betrieb in der grossen Schulanlage in Mumpf. Wie stark die Nachfrage an geschützten Unterrichts- und Betreuungsplätzen ist, weiss Urs Jakob, Schulleiter der HPS: «Wir durften das neue Schuljahr 2024/2025 mit 96 Schülerinnen und Schülern starten. Damit sind alle verfügbaren Schulplätze an der HPS Fricktal vollständig belegt.» Schon im Frühling erklärte er gegenüber der NFZ, dass mit der gleichen Lernenden-Anzahl das mittlerweile zurückliegende Schuljahr ausgelastet sei.
Aktuell sind die Kinder und Jugendlichen in elf Klassen aufgeteilt, wovon jede Klasse in der Regel von einem Team aus drei bis vier Personen begleitet wird, führt der Schulleiter weiter aus. Dem Team gehören eine Lehrperson, ein(e) Schulassistent(in) sowie ein Praktikant oder Zivildienstleistender an.
Eine bedeutende Herausforderung bestehe darin, Kinder im Autismus-Spektrum in den Schulalltag zu integrieren und ihnen Teilhabe zu ermöglichen, so Jakob. «In den letzten Jahren haben wir festgestellt, dass die Komplexität des Unterstützungsbedarfs innerhalb einer Klasse sowie in der gesamten Schule zunimmt. Dies bedeutet, dass Themen wie Selbststeuerungsfähigkeiten oder Kommunikation und Sprache immer differenzierter betrachtet und angegangen werden müssen. Wir arbeiten kontinuierlich daran, individuelle Lösungen zu finden, um jedem Kind gerecht zu werden.»
Sind vermehrt Plätze für Kinder mit Unterstützungsbedarf gefragt? Urs Jakob bejaht: «Rückblickend auf die letzten fünf Jahre können wir einen Anstieg der Nachfrage nach Plätzen für diese Kinder feststellen. Dieser Trend zeigt uns, wie wichtig das Angebot der Heilpädagogischen Schulen in unserer Gesellschaft ist.» Die Stiftung MBF als Trägerin der HPS Fricktal handelt im Auftrag des Kantons Aargau gemäss bestehendem Leistungsauftrag. Eine eigenständige Erhöhung der Plätze sei deshalb nicht möglich. «Die Bedarfsplanung für Schulplätze obliegt dem Kanton», wird seitens der Stiftung MBF betont. Und: «Uns liegt dennoch viel daran, für die Schülerinnen und Schüler aus den Einzugsbezirken Laufenburg und Rheinfelden da zu sein und wir sind bemüht, das Thema aktuell zu halten.»
Der eingangs erwähnte Vater wünscht sich, dass es in den Gemeinden wieder vermehrt integrative Klassen gibt, um im Schulzimmer das Miteinander bewusst zu fördern.
Nachfrage nach Sonderschulplätzen steigt
Die HPS Fricktal ist zurzeit voll ausgelastet. Nicht die Eltern, sondern die Schulgemeinden sind in der Regel mit Unterstützung des Kantons für die Suche nach geeigneten Plätzen in Sonderschulen zuständig. Dabei können kurze Schulwege oft nicht berücksichtigt werden.
Susanne Hörth
Braucht ein Kind aufgrund besonderer Bedürfnisse einen geschützten Unterrichtsplatz an einer Heilpädagogischen Schule (HPS), so erfolgt die Zuweisung auf Basis einer Abklärung durch den Schulpsychologischen Dienst (SPD). «In Abstimmung mit den Eltern und der HPS entscheidet die jeweiligen Schulgemeinden der Kinder und Jugendlichen über die Aufnahme», erklärt Urs Jakob, Schulleiter der Heilpädagogischen Schule (HPS) Fricktal. Was aber, wenn kein Platz an einer in der Nähe befindlichen HPS verfügbar ist? Dass es nicht Aufgabe der Eltern ist, sich darum zu bemühen, betonen Urs Jakob wie auch Simone Strub Larcher. Die Leiterin Kommunikation beim kantonalen Departement Bildung, Kultur und Sport (BKS) hält fest: «Die Kompetenz für eine Zuweisung liegt bei der Gemeinde, in der die Eltern wohnen, und kann an die Schulleitung der Regelschule delegiert werden. Die Suche wird sowohl durch den schulpsychologischen Dienst als auch die kantonale Verwaltung unterstützt.» HPS-Schulleiter Jakob ergänzt: «Aufgrund dieses Zuweisungsprozesses und der damit verbundenen Verantwortlichkeiten werden an der HPS Fricktal keine Wartelisten geführt. Anfragen können immer gestellt werden – für eine Aufnahme müssten dann die erwähnten Faktoren ebenso berücksichtigt werden wie zum Beispiel das Klassengefüge oder die Betreuungserfordernisse in einer Klasse.» Austritte an der HPS Fricktal während des Schuljahres werden kaum verzeichnet.
Ausweichen in andere Regionen
«Die Anmeldungen für Sonderschulen werden erst seit dem letzten Schuljahr systematisch erfasst», geht Simone Strub Larcher auf die Frage ein, ob in den letzten Jahren der Bedarf an Sonderschulplätzen im Aargau zugenommen hat. Verschiedene Hinweise würden jedoch zeigen, dass eine zunehmende Nachfrage bestehe.
«Es gilt immer, dass eine Sonderschule in möglichst geringer Distanz zum Wohnort eines Kindes berücksichtigt wird. Einerseits, um das Kind möglichst wenig aus seiner Lebenswelt herauszunehmen und andererseits, um die Transportwege kurz zu halten», so die BKS-Mediensprecherin. Damit würden lange Fahrten mit hohen Kosten vermieden. Sie verhehlt aber auch nicht: «Allerdings besteht teilweise bei spezialisierten Einrichtungen nur ein Angebot im Kanton und aufgrund von Schwankungen des Bedarfs je nach Region kann ein Ausweichen in eine andere Region erforderlich werden.»
Beim Kanton ist man sich bewusst, dass die HPS Fricktal ausgelastet ist. Angesprochen, ob hier mit einem möglichen Ausbau weitere Plätze geschaffen werden können, verweist Simone Strub Larcher, dass die Weiterentwicklung des Sonderschulangebots «sowohl in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht» Teil des Projekts «Sonderschulung des BKS» sei. Im Schulportal des Kantons ist hierzu einleitend festgehalten, dass etwa jedes zwanzigste Kind, das im Aargau die Volksschule besucht, mit einer erheblichen Beeinträchtigung seinen Weg ins Erwachsensein finden muss. «Jedes dieser Kinder wird auf seinem Weg durch die Schulen unterstützt und gefördert. Rund die Hälfte besucht eine Sonderschule, die andere Hälfte eine Regelschule.» Das Projekt Sonderschulung zielt auf die angemessene Schulung dieser Kinder und einen kindgerechten Zugang zu den Sonderschulen ab. Im Projekt-Zeitplan ist vorgesehen, dass schon im aktuellen Schuljahr erarbeitete Lösungen umgesetzt werden sollen.