Alternative zur unterirdischen Unterbringung fehlt

  07.03.2024 Laufenburg, Frick

Es braucht mehr Freiwilligenarbeit, sagt Rolf Schmid von Netzwerk Asyl

Einen Monat nachdem der kantonale Sozialdienst die Geschützte Operationsstelle (Gops) neben dem Spital Laufenburg als Notunterkunft in Betrieb genommen hat, leben hier bereits 23 geflüchtete Familien. Mit den hohen Zuweisungen durch das Migrationsamt dürfte die Zahl noch steigen.

Susanne Hörth

Die geflüchteten Familien in der kantonalen Unterkunft in Laufenburg kommen aus den Ländern Afghanistan, Ukraine, Türkei, Iran, Elfenbeinküste, Demokratische Republik Kongo und Syrien. Die Frage, wie die Reaktionen der geflüchteten Menschen auf die unterirdische Unterbringung ausfallen, beantwortet Karl Heinz Graf, Leiter Sektion Betreuung a. i. beim kantonalen Sozialdienst, so: «Unterschiedlich. Teilweise besteht Erklärungsbedarf.» In diesen Fällen würde das Betreuerteam über die Unterbringungssituation im Kanton Aargau informieren. Erklären, dass der verfügbare geeignete Wohnraum äusserst knapp sei und deshalb keine Alternative zur unterirdischen Unterbringung bestehe. «Wir sind bemüht, die unterirdische Unterbringung so kurz wie möglich zu halten, aber aufgrund der anhaltend hohen Zuweisungszahlen wird das immer schwieriger», bedauert Graf. Er fügt hinzu: «In der Regel haben die Geflüchteten Verständnis für die Situation und sind dankbar für den Schutz, den die Schweiz bietet. Der Betrieb in den Notunterkünften läuft denn auch bisher sehr gut und ruhig ab.»

Essenslieferungen
Rolf Schmid ist Präsident des Vereins Netzwerk Asyl Aargau. Der Fricker weist auf eine zusätzliche Erschwernis für die in der Gops untergebrachten Personen hin. «Das grösste Ärgernis sind definitiv die Essenslieferungen. Diese nehmen den Menschen enorm viel Freiheit und verunmöglichen die individuelle Organisation und das Zusammenwachsen der Bewoh nenden.» Schmid erwähnt hierbei das wegfallende Verpf legungsgeld von 8,50 Franken pro Tag. «Damit wird nur noch ein einziger Franken ausbezahlt. Sogar in den Bundesasylzentren, die gleich funktionieren, werden drei Franken ausbezahlt. Das wirft Fragen auf.»

Unterschiedliche Herkunftsländer
Wenn Leute aus verschiedenen Nationen zusammentreffen, ist auch immer etwas Feingefühl gefordert. Hierzu erklärt Karl Heinz Graf, die Mitarbeitenden der betreuenden Organisation Securitas hätten damit Erfahrung und seien entsprechend ausgebildet. Erfreut zeigt er sich über die Unterstützungsangebote seitens der Bevölkerung. «Es gibt Spenden von Kleidern und Spielsachen, Angebote für Deutschkurse und Aktivitäten drinnen und draussen für Kinder und Erwachsene.» Die Laufenburgerin Regula Laux engagiert sich sehr, damit den Menschen in der unterirdischen Unterkunft Abwechslung im Alltag geboten wird. Es sei wunderbar, was sich schon alles dank der Bereitschaft von Freiwilligen getan habe. «Weitere Freiwillige sind natürlich sehr willkommen.» Zu den bereits vorhandenen Aktivitäten und Gruppen gehören neben Kleidersammlungen etwa der Treffpunkt in den Räumen der ehemaligen Binkert-Liegenschaft, spontane Spaziergänge, Deutschunterricht, Musik oder auch Modellieren mit Ton.

Schule in Rheinfelden
Die schulpflichtigen Kinder der geflüchteten Familien in der Gops werden in Rheinfelden im Begegnungszentrum Drei Könige «unterrichtet». Mit Stand Ende Februar sind es 31 Mädchen und Buben, die den Einschulungsvorbereitungskurs besuchen. «Der KSD führt die drei Stufen Kindergarten, Primar- und Oberstufe», ergänzt Karl Heinz Graf. Den Weg von Laufenburg nach Rheinfelden legen die Kinder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. «Sie werden dabei von den Eltern und oder den älteren Kindern begleitet.»


Aufenthalte in Notunterkünften  dauern länger

Beim Kanton Aargau rechnet man für das laufende Jahr mit rund 3000 bis 3500 weiteren Personen aus dem Asylbereich. Den nach wie vor hohen Zuweisungszahlen stehen viel zu wenige Unterbringungsplätze gegenüber. Ende vergangener Woche informierte deshalb der kantonale Sozialdienst über die Schaffung von weiteren Plätzen; unter anderem in der vom Kanton betriebenen Unterkunft im ehemaligen A3-Werkhof in Frick. Hier soll die Zahl von bisher 150 auf 230 Plätze für geflüchtete Menschen erhöht werden.

Freiwillige setzen sich schon länger mit verschiedenen Aktivitäten für die hier lebenden Personen ein. Rolf Schmid vom Netzwerk Asyl Aargau bejaht die Frage, ob es hier mit der geplanten Erhöhung der Plätze noch mehr Freiwilligenarbeit benötigt: «Selbstverständlich braucht es mit dem Ausbau der Unterkunft in Frick wo möglich neue, zusätzliche Angebote und dafür auch Freiwillige.» Der Betrieb in der kantonalen Unterkunft in Frick laufe schon seit 2017. «Es gibt Freiwillige, die seit dem ersten Tag dabei sind. Das zehrt an den Ressourcen. Wir sind in der Kontaktgruppe in Frick auch dabei, uns diesbezüglich zu verstärken und erneuern.»

Längere Aufenthalte
Die Unterkunft im ehemaligen Werkhof in Frick wie auch jene in der umgenutzten Laufenburger Gops (Geschützte Operationsstelle) sind vom Kanton eigentlich als Zwischenlösungen angedacht, bis bessere Wohnsituationen für die gef lüchteten Menschen gefunden werden. Muss mit der nach wie vor hohen Zahl an Zuweisungen durch das Migrationsamt die Dauer der Unterbringungen insbesondere in der unterirdischen Gops angehoben werden? Darauf antwortet Karl Heinz Graf vom kantonalen Sozialdienst mit: «Es gibt verschiedene Faktoren, die die Dauer des Aufenthalts in unterirdischen Unterkünften beeinf lussen; so zum Beispiel der Status, den die zugewiesenen Personen haben.» Erklärend fügt er an, dass der Kanton in der Regel zuständig ist für die Unterbringung von Asylsuchenden im laufenden Verfahren und von ausreisepflichtigen Personen. «Je mehr Personen im laufenden Verfahren dem Kanton zugewiesen werden, desto stärker sind die kantonalen Kapazitäten belastet. Weiter spielt eine Rolle, wie viele Plätze in den Gemeinden zur Verfügung stehen.»

Abschliessend meint er: «Vereinfacht könnte man sagen, dass die Aufenthaltsdauer in kantonalen unterirdischen Notunterkünften steigt, wenn der Zufluss an Personen in die kantonalen Strukturen grösser ist als der Abfluss in die Gemeinden in Kombination mit dem Umstand, dass die Zuweisungen des Bundes an den Kanton schneller erfolgen, als dass der KSD zusätzliche oberirdische Plätze schaffen kann.» (sh)


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