Die Umgebung als Lernort entdecken

  20.10.2022 Oberhof, Schule

Kindergarten und Schule bewirtschaften zusammen einen Garten

«Der Garten ist ein Schatz», sagt Thomas Walde, Lehrer an der Schule Oberhof. Seit sechs Jahren wird die Umgebung ums Schulhaus aktiv in den Unterricht miteinbezogen. Einiges wie die Bäume war schon vorhanden; vieles haben die Schülerinnen und Schüler neu gepflanzt. Das Projekt Schulgarten soll auch eine Verbindung zum Dorf schaffen und ein Teil davon sein.

Karin Pfister

An den Bäumen hängen Zwetschgen, aus denen ein Znüni wird; unter den Nussbäumen liegen Nüsse zum Aufsammeln; an ehemaligen Rabatten, wo vorher Steine lagen, wachsen Kräuter für Tee oder als Gewürz. «Eine Schule braucht einen Schulgarten», so die Überzeugung des Lehrerteams. «Die Kinder sollen auch draussen lernen können, Pf lanzen berühren, zusammenarbeiten, Erde spüren».

Vor sechs Jahren hat das Lehrerkollegium angefangen, die Umgebung aktiv zu nutzen. Jeder durfte sich einbringen, alle konnten mitgestalten, gemeint sind «mit alle» Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler.

Der Schulgarten ist ein Naturgarten, der ums ganze Schulhaus geht. Es gibt unter anderem eine Naturwiese, wo die Schülerinnen und Schüler selber heuen, einen Gemüsegarten, ein Wildbienenhotel und ein Vogelparadies – die Hecken und Sträucher werden nicht mehr wie früher üblich komplett geschnitten, sondern dienen als Lebensraum – einen Pausenapfelbaum, einen Naschgarten mit Beeren, einen kleinen «Wald» wo Bäume gepf lanzt wurden, die ideal für das zukünftig wärmere Klima sind sowie ein Draussenschulzimmer mit Bänken.

Vier Mal im Jahr findet jeweils ein Schulgartentag statt, an dem alle vom Kindergarten bis zur sechsten Klasse teilnehmen. «Diese Tage sind beliebt. Die Kinder geniessen es, zusammen etwas zu machen, zusammen zu arbeiten», so Thomas Walde. Auch während des normalen Unterrichts wird der Garten oft einbezogen, da er sich für viele Themen eigne. «Man kann im Garten malen oder über den Garten schreiben. Das Gemüse kann man zum Kochen benützen und ausrechnen, wie breit die Gemüsebeete sein müssen, damit die Schüler gut daran arbeiten können, ist Mathematik.» Sehr aktuell und im Garten gut sichtbar seien Themen wie die Biodiversität und der Kreislaufgedanke.

Ein spezieller Abfallkübel
Mitten auf dem Pausenplatz steht ein Hochbeet, das auch ein Kompost ist. «Normalerweise wird der Kompost irgendwo am Rande versteckt, da der Boden aber unsere wichtigste Lebensgrundlage darstellt, ist er als Objekt für einen Lernort so zentral, dass man ihn prominent platzieren muss. Noch vor kurzer Zeit entsorgten die Kinder ihr Bütschgi im Abfallkübel.» Nun gibt es ein einfaches, aber wirkungsvolles System. Mitten im Hochbeet sind breite Röhren mit Deckeln verbuddelt, diese reichen hinunter bis in die Erde. Die Schüler machen den Deckel auf, werfen die Znünireste in eine der Röhren, in denen Würmer leben, machen den Deckel zu und «warten» bis die Tiere aus dem «Abfall» Humus hergestellt haben. «Wenn man den Kreislaufgedanken konsequent weiterdenkt, kommt man zum Schluss, dass der Kreislauf nicht nur draussen Sinn macht, sondern auch drinnen», so Walde weiter. Deshalb ist nun im Schulhaus auch ein Wertstoffkreislaufsystemaufgestellt. «Anstatt die «Abfälle», der Begriff ist ja eigentlich falsch, eben die Wertstoffe wie Karton, Büchsen, Papier oder Drähte einfach zu entsorgen, werden sie getrennt und gesammelt und zum Werken wiederverwendet.» Früher sei das Konzept so gewesen, dass der Abfall im Keller beim Hausdienst gelandet ist, dieser habe alles fachgerecht entsorgt und «oben» wurden neue Sachen gekauft. Vieles könne man aber weiter- oder wiederverwenden.

Verbindung zum Dorf schaffen
Es gibt zwar ein Grobkonzept für den Garten, aber fertig wird er nie sein. Die Idee sei nicht, einen Garten zu gestalten, der dann für immer so bleibe, sondern eine lebendige Umgebung zu schaffen, in der die Schülerinnen und Schüler und auch die Lehrerinnen und Lehrer immer wieder tätig sein und neue Ideen einbringen können. Das bisherige Fazit ist positiv. «Der Garten trägt zur Schulkultur bei und stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Die Kinder tragen ausserdem mehr Sorge zur Umgebung, wenn sie diese selbst gestaltet haben.»

Das Schulhaus Oberhof befindet sich mitten im Dorf. Der Garten soll auch eine Verbindung dazu sein. Beim Heuen der Schulwiese hilft ein Bauer aus dem Dorf; auch die Eltern, der Hausdienst und die Gemeinde werden einbezogen und seit einiger Zeit wird neben einer Ruderalfläche ein Teil des Schulgartens von den Landfrauen Oberhof gestaltet und gepf legt. Dank dem Engagement der Landfrauen ist es gelungen, dass die Glühwürmchen, die vorher keinen geeigneten Lebensraum mehr gefunden haben, den Weg zurück an die Schule Oberhof geschafft haben.


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