Platz wird knapp in kantonalen Unterkünften

  11.01.2023 Aargau, Fricktal

Der Verein Netzwerk Asyl Aargau fordert mehr Ressourcen

Der Verein Netzwerk Asyl Aargau (VNAA) erachtet die Gefahr eines möglichen Unterbringungsnotstands für geflüchtete Menschen in kantonalen Unterkünften als durchaus real. Der VNAA mit Präsident Rolf Schmid aus Frick fordert unter anderem eine Verbesserung der Betreuung vor Ort.

Im Dezember erklärte Rahel Klarer, Sprecherin vom Departement Gesundheit und Soziales gegenüber der NFZ, dass die tägliche Zuweisung vom Bund (Staatssekretariat für Migration SEM) mit bis zu 40 Personen hoch sei. Es handle sich dabei vor allem Geflüchtete mit Status N aus Afghanistan und der Türkei. Aufgrund der hohen Zuweisungszahlen sei eine Verdichtung der kantonalen Unterkünfte mit zusätzlichen Betten unausweichlich. Im Talk-Täglich von TV-Sender Tele M1 bekräftigte Regierungsrat Jean-Pierre Gallati diese Aussage vor wenigen Tagen mit einem möglichen «Unterbringungsnotstand» in den nächsten Wochen. Eine Ankündigung, die den Verein Netzwerk Asyl Aargau und dessen Präsident Rolf Schmid aus Frick nicht wirklich überrascht. Seit Monaten würden die Erhebungen bei den verfügbaren Unterbringungen für gef lüchteten Menschen im Aargau auf eine baldige Lücke hinweisen. Für den VNAA ist die Ankündigung von Regierungsrat Gallati, mit dem Notrecht mehr Handlungsspielraum zu erlangen, schlüssig und in der Sache berechtigt. Hingegen steht der Verein der Idee, mit dem Zivilschutz vermehrt gef lüchtete Menschen zu betreuen, skeptisch gegenüber. Dazu hält er fest: «Oftmals sind die Menschen traumatisiert und wurden auf ihrem leidensvollen Weg in die Schweiz Opfer von Gewalt und Missbrauch. Vor allem bei der unterirdischen Unterbringung in den GOPS oder Zivilschutzanlagen sowie Grossunterkünften bedarf es unbedingt fachlich ausgebildetem Personal.»

Schon vor einigen Wochen wurde die unterirdische Operationsstelle beim Spital Muri wieder als Unterkunft in Betrieb genommen. Jene beim Spital Laufenburg sei zurzeit nicht vorgesehen, hiess es seitens Kantons im Dezember zur NFZ. Gleichzeitig hielt man zu jenem Zeitpunkt fest, dass die kantonalen Unterkünfte mit zusätzlichen 240 Betten ausgestattet werden müssen. Die markante Erhöhung der Belegung in bestehenden Unterkünften würde, ist Rolf Schmid überzeugt «zu Herausforderungen im alltäglichen Zusammenleben führen.» Die Platzverhältnisse in den Unterkünften würden als Schlafplätze vielleicht genügen, die weitere Infrastruktur sei dafür aber nicht ausgelegt. «Es fehlt an Raum für Rückzug, Lernen und Privatsphäre. Spannungen und Konflikt sind kaum mehr vermeidbar.» Darum fordert der VNAA eine Intensivierung und Verbesserung der Betreuung vor Ort. Um die dafür notwendigen finanziellen Mittel zu sprechen, sei die Politik gefordert dafür ausreichend Ressourcen zu sprechen.

Nach wie vor würden bei den Prognosen des Kantons die freien Kapazitäten bezüglich der privaten Unterbringung bei Gastpersonen oder Familien weiterhin nur Menschen mit Schutzstatus S vorbehalten bleiben. Für den VNAA muss die Regierung das spätestens mit dem aktuellen «Notstand» beseitigen und in geeigneten Fällen die private Unterbringung von vorläufig aufgenommenen Ausländerinnen und Ausländer oder Asylsuchenden im Verfahren vereinfachen. Rolf Schmid sagt: «Insbesondere für Menschen in Ausbildung oder junge Erwachsene, die bis zur Volljährigkeit noch in den Strukturen für unbegleitete minderjährige Asylsuchende untergebracht waren, ist das Leben in einer Gastfamilie oder mit Gastpersonen aufbauend und integrationsfördernd.» Doch bedarf es auch hier guter Betreuungsstrukturen durch Kanton und Gemeinden. «Die Verantwortung dafür darf nicht blindlings an freiwillige Gastgeber übertragen wird.»

Freie Wohnsitzwahl
Weiter fordert der VNAA auch eine freie Wohnsitzwahl für vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer (Status F). Bislang werden auch Geringverdienende, Praktikanten, Studierende, Schülerinnen und Schüler sowie Lernende einer Gemeinde im Aargau zugewiesen und dort in Kollektivunterkünften untergebracht. Der VNAA fordert die Regierung auf, diese Praxis angesichts der fehlenden Kapazitäten in den Unterkünften zu überwerfen und das Budget für die Mietkosten (inkl. Nebenkosten) auf monatlich 500 Franken pro Einzelperson anzuheben. Damit können beispielsweise Lernenden oder Studierende ein Zimmer beziehen oder gemeinsam eine WG gründen. (sh)


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