Im Komponieren fand er schliesslich seine Bestimmung

  18.12.2022 Musik, Rheinfelden, Persönlich

Der Rheinfelder Musiker Luca Martin

Warum wird man Komponist? Und warum im klassischzeitgenössischen Bereich? – Eine Antwort darauf gibt Luca Martin (60), aufgewachsen in Basel, nun aber seit Jahren in Rheinfelden wohnhaft. Sein Weg als Musiker ist die Geschichte eines Suchenden, der vom klassischen Geiger zum zeitgenössischen Komponisten, dann zum Opernsänger und schliesslich wieder zum Komponisten wurde.

Edi Strub

Luca Martins Weg zur Musik begann mit einer 45-Touren-Schallplatte. Sein Vater war Klassik-Fan und so legte Luca eines Tages das a-Moll-Violinkonzert von Johann Sebastian Bach auf den Plattenteller. «Es beginnt wie ein Weckruf, mit einem Thema, das in Variationen immer wieder zurückkehrt. Ich war hingerissen und dachte, so will ich auch spielen können.» Für Luca Martin war das der Anfang seiner Musikerlauf bahn. Er ging in den Violinunterricht bei Sándor Zöldi, einem Mitglied des berühmten Végh-Quartetts. Aber Zöldi sei «ein harter Knochen» gewesen für ihn, erinnert sich Luca Martin. Streng und unerbittlich. Und das war nicht das, was sich der junge Luca Martin vorgestellt hatte. «Ich hatte so meine Flausen im Kopf, Liebesgeschichten und dergleichen.» Das Geigenstudium hat Luca Martin dann bei einem anderen Lehrer am Konservatorium abgeschlossen.

Seine ersten Kompositionen
Dann aber lockte Neues: das Komponieren. Er habe allerlei Stücke komponiert, die er seinen Klassenkameraden vorspielte – zu deren grossem Gaudi. Er habe zum Beispiel ein Streichquartett geschrieben, das auch wirklich aufgeführt wurde. Und dann für ein Konzert im Fach Komposition ein Stück für zwei Bratschen, Motorsäge und Schlagbohrer. Überschrift: «Endzeit: eine Art Requiem». Auch das sei aufgeführt worden, allerdings erst am Ende des Abschlusskonzerts, weil die Motorsäge so viel Abgase ausstiess. Die Zuhörer hätten den Raum nach der Uraufführung fluchtartig verlassen. Manches sei ein bisschen schräg gewesen, was er sich als junger Komponist habe einfallen lassen, schmunzelt Luca Martin im Gespräch mit der NFZ.

Martin als Opernsänger
Dann aber habe ihn etwas Anderes gepackt: Das Singen. Er habe als Student zusammen mit Kollegen in einem Haus wohnen können, wo Sänger ihre Stimmen vor Aufführungen und Proben mit Vocalisen (Lieder ohne Worte) «aufwärmten». Er und seine Freunde hätten sich manchmal einen Spass daraus gemacht, dies nachzuäffen. Und da sei dann einmal einer gekommen und habe ihm gesagt, er hätte eine wunderbare Stimme. Er müsse Gesangsunterricht nehmen. Schon am nächsten Tag hätten sie damit angefangen. Eine neuer Abschnitt seines Musikerlebens habe damit begonnen. Später sei er nach Bologna gegangen zu einem der Stars dieser Zeit, zum weltberühmten Tenor Gianni Raimondi. Darauf studierte Luca Martin in Köln und entwickelte sich dort so gut, dass er für erste Rollen an der Oper Köln engagiert wurde. «Beim ersten Mal fühlte ich mich wie am falschen Platz: diese Sänger neben mir mit ihren fantastischen Stimmen schienen mir eine Nummer zu gross.» Doch alles sei gut gegangen. Die Bezahlung sei sehr bescheiden gewesen, aber er habe viel lernen können. An der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf debütierte er in Mozarts «Zauberflöte» in der Rolle des Tamino und landete schliesslich an der Oper in Bielefeld. Seine Frau, eine Kindergärtnerin, sei mitgekommen. Und so habe er in einem mittelgrossen Opernhaus die ganz grossen Rollen singen können. Von Mozart über Verdi bis Wagner. Darüber hinaus gastierte er an verschiedenen Bühnen des In- und Auslands.

Komponist und Hausmann
Aber Luca Martin fühlte sich eingeengt. «Ein Opernhaus und eine Inszenierung ist ein riesiges Räderwerk. Da muss man sich ein-, manchmal auch unterordnen können. Er könne das, aber auf die Dauer wünschte er sich doch etwas mehr Luft, mehr Raum für Eigenes. Und das war für ihn dann erneut das Komponieren. In Rheinfelden baute sich die Familie ein Haus. «Meine Frau stockte ihr Pensum auf und ich wurde Komponist und Hausmann.» Vom Komponieren könne man heutzutage nicht leben, auch wenn es immer wieder gut bezahlte Kompositionsaufträge gab. Ergänzend dazu gibt Luca Martin Gesangsunterricht und leitet zwei Chöre – im zürcherischen Wehntal und in Gelterkinden.

Als Komponist gewann Luca Martin mehrere, zum Teil gut dotierte Preise in Graz und in Basel. Zuletzt an der «Basel Composition Competition». Sein Werk «death dances4all» wurde vom Basler Kammerorchester uraufgeführt und ist unter anderem auf YouTube zu hören. Es ist kein Werk, das Musikfreunden, die mit zeitgenössischen Klängen wenig vertraut sind, sofort gefällt. Luca Martin komponiert keine eingängigen Melodien, sondern meist etwas widerspenstige, aber genau durchdachte und strukturierte Werke. In der Dachkammer eines ehemaligen Geräteschuppens neben seinem Haus erklärt er mir die Ideen für sein nächstes Werk. Es ist ein Violinkonzert, für das er die Inspiration in der mächtigen Kathedrale von Durham in Nordengland holte. Die Struktur dieses mächtigen romanisch-gotischen Baus soll sich in seiner Komposition widerspiegeln. Musik und Architektur hätten Vieles gemeinsam. Im Frühjahr 2023 soll zumindest ein Fragment des Werks bereit sein für eine Uraufführung. «Es eilt bereits ein bisschen, ich werde in den kommenden Wochen und Monaten konzentriert und hart arbeiten müssen», lacht Luca Martin.


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