Kahlschlag beim Rheinufer
15.11.2022 Brennpunkt, MöhlinWarum im Möhliner Wald drei grosse Flächen gerodet werden
«Das ist gar nicht schön», sagt Revierförster Urs Steck zum geplanten Kahlschlag nahe des Rheinufers. Die Bäume würden jedoch zu einem Risiko für die Menschen.
Ronny Wittenwiler
Es ist nicht die erste radikale Massnahme in dieser Gegend. Vor vier Jahren bereits wurde ein kranker Buchenbestand im Gebiet «Bürkli» geräumt. Nun dasselbe in unmittelbarer Nähe, rheinaufwärts. Wieder steht Urs Steck da, der Revierförster blickt nach oben: «Wir beobachten zunehmend, wie hier die Buchen kaputt gehen.» Schön werde es nicht sein, wenn an dieser Stelle bald ein Loch klaffe. «Das gefällt auch mir nicht, aber wir müssen diese Räumung dringend vornehmen.» Gerodet wird an drei Stellen, hinaus bis zum Gebiet Chräbis, und rund 1,5 Hektaren Wald kommen dabei weg; das entspricht etwa der Fläche von zwei Fussballfeldern.
Die Gefahr von abknickenden Baumkronen und herabstürzenden Ästen sei zu gross geworden, sagt Steck. Das Waldstück wird von einem Wanderweg durchschnitten, gleich daneben befindet sich die Waldstrasse, die auch als internationale Veloroute genutzt wird. Die Strasse führt hinaus zur Fischerzunft. Steck sagt: «An Orten wie diesen, wo sich so viele Menschen auf halten, müssen wir handeln. Sonst wird dieser Waldabschnitt zu einem Hochrisiko.»
Folgen des Klimawandels
Das Absterben des über einhundertjährigen Buchenbestands zuerst im «Bürkli», nun an weiteren Abschnitten in unmittelbarer Nähe: Es kommt nicht von ungefähr. Die Bäume befinden sich entlang der Hangkante zum Rhein und auf einem kargen Untergrund aus Sand und Kies, wo das Wasser rasch abfliesst und nicht gespeichert werden kann. Gerade für Buchen, welche viel Wasser brauchen, sei das problematisch. Steck erklärt: «Kommt es dann zu längeren Trockenperioden über zwei, drei Monate, dann werden die Kronen kaum mehr mit Wasser versorgt.» Es ist quasi ein Absterben von oben nach unten, und es seien ohne Frage die Folgen eines Klimawandels. «Dabei wäre die Buche unsere Mutterbaumart.»
Die bald gerodeten Flächen werden stattdessen mit Eichen verjüngt. «Wir machen einen Versuch mit Flaumeichen und Zerreichen. Sie kommen im Tessin vor und vertragen Trockenheit und Wärme noch besser als unsere Trauben- und Stieleichen.» Kombiniert mit einer Naturverjüngung dauert es fünf bis sechs Jahre, bis wieder so etwas wie ein Dickicht zu sehen sein wird.
Der Kanton hat die zusätzlichen Rodungen bewilligt. Deshalb stellt der Forstbetrieb Region Möhlin andere Schläge des Holzschlagprogramms 2022/2023 zurück. Das schadhafte Buchenholz könne man als Hackholz energetisch nutzen, sagt Steck. «Die Nachfrage ist momentan vorhanden.» Und doch geht es ihm vielmehr darum, einen anderen, viel zu hohen Preis irgendwann nicht zahlen zu müssen. Vor vier Jahren, als im Naherholungsgebiet «Bürkli» der Kahlschlag der toten Buchen fällig wurde, sagte es Steck so: «Wir können nicht warten, bis jemand erschlagen wird.»

