Der Herr mit der Geige

  12.11.2022 Musik, Rheinfelden, Persönlich

Präsident des Orchesters beider Rheinfelden

Sein Beruf als Pflanzenvirologe führte Jean Jacques de Wijs von Holland über Frankreich in die Elfenbeinküste und schliesslich in die Schweiz. Seit 38 Jahren ist er Präsident des Orchesters beider Rheinfelden. Im Januar gibt der 82-Jährige das Amt ab – wird aber weiterhin mitspielen.

Valentin Zumsteg

Die Musik hat Jean Jacques de Wijs ein Leben lang begleitet. «Mit neun Jahren begann ich, Geigenunterricht zu nehmen. Ich spielte im Schülerorchester, dann im Studentenorchester und in meiner Zeit in der Elfenbeinküste war ich Mitglied in einem Orchester des Konservatoriums. Ich bin aber nur ein Amateur», erzählt der 82-Jährige.

Auch als er 1973 mit seiner Familie nach Rheinfelden zog, suchte er schon bald ein Ensemble. Beim Orchester beider Rheinfelden wurde er fündig. Seit 1974, also seit 48 Jahren, ist er dort Mitglied. «Als Amateur braucht man eine Anregung, um regelmässig zu üben und zu spielen. Ein Orchester ist dafür ideal.»

Die Arbeit brachte ihn in die Schweiz
Aufgewachsen ist de Wijs in der Provinz Zeeland in den Niederlanden. Seine Jugendjahre und Schulzeit verbrachte er in Haarlem in der Nähe von Amsterdam. Später studierte er Pf lanzenkrankheiten an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Wageningen. «Nach dem Abschluss des Studiums war klar, dass ich ins Ausland gehen will. Das war damals normal», erzählt de Wijs. Er erhielt eine Anstellung bei einem französischen Forschungsinstitut, für das er auch vier Jahre als Pf lanzenvirologe in der Elfenbeinküste arbeitete. Danach kehrte er zurück in die Niederlande – aber er blieb nicht lange dort. «Ciba-Geigy suchte einen Pf lanzenvirologen. Sie meldeten sich bei mei-

«Als Amateur braucht man eine Anregung»

nem ehemaligen Professor und er empfahl mich.» So kam de Wijs in die Schweiz. Er arbeitete in Basel und zog mit seiner Familie in die neue Siedlung Augarten in Rheinfelden – wo er auch heute noch mit seiner Partnerin lebt.

«In den Anfangsjahren wohnten viele junge Familien im Augarten, auch zahlreiche Holländer. Der Zusammenhalt war sehr gross, es herrschte ein richtiger Enthusiasmus. Das hat sich im Laufe der Jahrzehnte etwas geändert. Heute ist der Augarten eine normale Siedlung. Diese Entwicklung ist verständlich», sagt der Vater von zwei erwachsenen Söhnen. Er lebt aber immer noch gerne im Augarten und fühlte sich dort sehr wohl. Häufig ist er im Städtchen mit dem Velo unterwegs, er kennt viele Leute in Rheinfelden.

Aktiv auch nach der Pensionierung
Nach der Fusion von Ciba und Sandoz zur neuen Novartis wurde de Wijs, wie viele andere auch, mit 58 Jahren frühpensioniert. Er begann sich danach als Wanderleiter bei Pro Senectute zu engagieren; 19 Jahre lang hat er Wanderungen organisiert und durchgeführt. «Das war eine gute Sache, so kam ich selber raus und konnte anderen eine Freude bereiten.»

Der Musik blieb er treu: «Der Orchesterverein ist ein wichtiger Teil meines Lebens. Ich könnte mir ein Leben ohne Musik nicht vorstellen», sagt Jean Jacques de Wijs. Er spielt dort nicht nur Geige, er ist auch seit 1984 Präsident des Vereins. «Das Schönste sind die Konzerte und der Applaus des Publikums.» Das Orchester, das aus Mitgliedern von beidseits des Rheins besteht, zählt aktuell rund 30 Mitglieder. «Wir sind immer so auf dem Existenzminimum, aber das ist schon seit 40 Jahren so. Wir retten uns immer wieder», sagt de Wijs mit einem Lachen. Auf die nächste Generalversammlung im Januar 2023 gibt er nun – nach fast vier Jahrzehnten – sein Amt ab. Als Nachfolger ist Carlo Habich vorgesehen. «Irgendwann kommt immer ein Ende. Jetzt ist es an der Zeit, ich bin nicht mehr der Jüngste und freue mich, die Verantwortung abgeben zu können», sagt de Wijs und fügt an: «Ich werde aber weiterspielen im Orchester, solange es die Gesundheit zulässt.»


Heimat und Ferne
Am Sonntag, 27. November, tritt das Orchester beider Rheinfelden um 17 Uhr im Musiksaal der Kurbrunnen-Anlage in Rheinfelden/Schweiz auf. Das Programm steht unter dem Titel «Heimat und Ferne». Zu hören sind unter anderem Werke von Alexander Borodin, Sergei Rachmaninoff, Edvard Grieg und Jean Sibelius. Der Orchesterverein kann auf eine lange Geschichte zurückblicken: Gegründet wurde er 1879. Jedes Jahr führt er zwei Konzerte auf. Alle Mitglieder des Vereins sind Amateure. (nfz)

https://orchesterverein. wixsite.com/rheinfelden


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