«Aufeinander achtgeben»
05.10.2022 Laufenburg, PersönlichElse und Rolf Maier aus Laufenburg sind seit 65 Jahren verheiratet
Vor 66 Jahren haben sich Else und Rolf Maier in der Backstube kennengelernt und vor 65 Jahren wurde geheiratet. Die beiden blicken auf eine harmonische Ehe zurück. Aus der glücklichen Beziehung ist eine Grossfamilie entstanden.
Karin Pfister
Von ihrer Hochzeitstorte haben Else und Rolf Maier damals nichts gegessen. Als diese in Laufenburg angeschnitten wurde, sass das frischvermählte Paar schon im Zug nach Venedig. Die kirchliche Trauung hatte in Einsiedeln stattgefunden, organisiert von der Schwiegermutter, welche auch das Hochzeitskleid von Else selber geschneidert hatte. Danach fuhren die Gäste nach Laufenburg, um die Torte zu essen. Rolf und Else Maier reisten nach Italien. «Die Zöllner wollten uns zuerst nicht ausreisen lassen, weil ich noch so jung aussah. Sie dachten wohl, ich sei entführt worden», erinnert sich Else Maier schmunzelnd. Die Reise führte übers Tessin nach Genua und Florenz nach Venedig. «Die Schwiegermutter hatte gesagt, wie müssen gleich nach der Hochzeit verreisen, danach haben wir dann keine Zeit mehr für Ferien.»
Drei Mal nein gesagt
«Es hat gleich gefunkt», sagt Rolf Maier über die allererste Begegnung mit seiner Ehefrau. «Er hat meine Hand nicht mehr losgelassen», so Else Maier. Getroffen haben sich die beiden in der Backstube im über 400 Jahre alten Altstadthaus, welches der Stammsitz der Bäckerei Maier ist. Das heutige Gross-Unternehmen mit über 130 Mitarbeitern wurde 1898 von Friedrich Ernst Maier gegründet.
Else Maier ist in Heidelberg aufgewachsen und konnte ihre Lehre als Konditorei-Fachverkäuferin in einem bekannten Mannheimer Café, wo die «bessere Gesellschaft» verkehrte, absolvieren. «Die Chefin wurde mit gnädige Frau angesprochen.»
Nach der Lehre fuhr die 18-Jährige in die Schweiz. «Ich hatte ein Inserat der Bäckerei Maier gesehen. Dass eine junge Frau ins Ausland ging, war damals etwas Spezielles», so Else Maier, die Jahrgang 1939 hat und trotz des Krieges in Deutschland eine glückliche Kindheit in einer gesangsbegeisterten Familie verbringen durfte.
Rolf Maier ist vier Jahre älter als seine Frau und fragte sie nach der ersten Begegnung in der Backstube, ob sie ihn nach Badisch Laufenburg ins Kino begleitet. «Drei Mal habe ich nein gesagt, weil mir meine Mutter eingebläut hatte, dass man Männer die ersten drei Male abweisen muss.» Als sie endlich ins Treffen eingewilligt hatte, sei sie fast zu spät gekommen. «Er wollte schon allein los.»
Am 15. Oktober 1956 sei sie damals am Badischen Bahnhof in Basel angekommen, ein Jahr später wurde geheiratet und es kam, wie die Schwiegermutter gesagt hatte. Nach der Hochzeit blieb wenig Zeit für Ferien und Freizeit, die Arbeit in der Bäckerei und die Familie sorgten für lange Tage. Die drei Söhne Guido, Beat und André sind quasi in der Backstube aufgewachsen. «Manchmal sassen sie mitten im Teig, wenn ich herunterkam», so Else Maier.
Else und Rolf Maier sind in den 65 Jahren ihrer Ehe immer zusammen gewesen. «Ausser als ich im Spital war, als die Kinder geboren wurden.» «Unsere drei Buben waren immer das Wichtigste für uns», sagt Else Maier. Zur Familie gehören inzwischen fünf Enkel und zwei Enkelinnen sowie acht Urenkelinnen und Urenkel. «Alle nennen uns Mami-Gros und Papi-Gros». Zur Feier des 65. Hochzeitstages haben sich alle im Haus in der Altstadt eingefunden und zusammen Torte gegessen. «Zum 60. Hochzeitstag haben wir quasi die Hochzeit wiederholt und sind mit der ganzen Familie nach Einsiedeln gefahren. Das war sehr schön.» Vor fünf Jahren in Einsiedeln mit dabei gewesen sei auch seine Gotte Johanna, welche erst kürzlich im 101. Lebensjahr verstorben sei, so Rolf Maier.
Das Wort schön fällt viele Male im Gespräch mit dem Ehepaar Maier. «Es ist alles schön gewesen», sagt Else Maier und ihr Mann nickt. Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen habe es selten gegeben und wenn seien sie immer schnell bereinigt worden. «Wir vertrauen uns voll und ganz», sagen beide und beide sagen über den andern, dass der Partner sehr hilfsbereit sei. Else Maier: «Wenn ich am Morgen in die Küche komme, hat mein Mann immer schon den ‹Z’Morgetisch› gedeckt.»
Das Altstadthaus ist ein lebendiges Haus, auch wenn sich die Backstube inzwischen nicht mehr im Städtli befindet. «Wir sind hier nie alleine.» Viele Jahre lang haben die beiden Personal beschäftigt, welches auch im Haus gewohnt hat. Mit den drei Söhnen sind sie jeweils im Sommer nach Italien auf den Campingplatz gefahren. «Wir haben immer einen Lehrling oder eine Lehrtochter mitgenommen, damit die jungen Leute auch etwas von der Welt sehen konnten.» Auch mit den Schwiegereltern sei es immer sehr gut gegangen und man habe es schön gehabt zusammen. Inzwischen wird die Bäckerei Maier von Söhnen und Enkeln geführt. «Wir haben uns zurückgezogen. Ich mache jeweils noch die Fahrten für den Mahlzeitendienst über Mittag», so Rolf Maier.
Rolf und Else Maier blicken auf eine lange, glückliche Ehe zurück. Im Mittelpunkt standen immer Geschäft und Familie, alles haben die beiden zusammen organisiert und getragen. «Wir sind ein Team.» Auch nach 65 Jahren verbringen die beiden gerne Zeit miteinander und gestalten den ganzen Alltag gemeinsam. «Wir sind immer zusammen unterwegs.» Nach einem Rezept für eine gute Beziehung gefragt, fällt den beiden nur eines ein: «Miteinander reden und aufeinander achtgeben.»