Der Wald der Zukunft

  30.08.2022 Natur, Rheinfelden

Welche Konsequenzen entstehen für den Wald durch den Klimawandel und welche Herausforderungen ergeben sich dadurch für die Forstbewirtschaftung? Diesen Fragen ging der Naturund Vogelschutz Rheinfelden (NVR) unter der kundigen Exkursionsleitung von Stadtoberförster Kurt Steck im Rheinfelder Wald nach.

Christian Vaterlaus – NVR

Die grosse Trockenheit dieses Jahres lässt keine Zweifel offen: Das Klima verändert sich und wir müssen vermehrt mit langen Trockenperioden leben. Das sehen wir nicht nur an unseren Pärken und Gärten, sondern auch am Wald, der zunehmend unter Trockenstress leidet. Das bedeutet wiederum die grosse Herausforderung für die Forstwirtschaft, den Wald für die Zukunft so zu gestalten, dass wir nicht einen Grossteil der Biodiversität verlieren. Kurt Steck, Stadtoberförster von Rheinfelden, führte vor einer Gruppe interessierter Vereinsmitglieder des NVR die Strategie des Forstes Rheinfelden aus, wie der Wald für die Zukunft funktionstüchtig gemacht wird und welche weiteren Faktoren neben der Klimaerwärmung eine wichtige Rolle für den Wald spielen. Die Rotbuche, mit 25 Prozent Anteil am Rheinfelder Wald und seit jeher dominierender Laubbaum in unserer Region, ist empfindlich auf Hitze und Trockenheit und es muss damit gerechnet werden, dass dieser Baumbestand abnehmen wird. Ebenso wird die Rottanne mit 15 Prozent Anteil auch zurückgehen, weil sie als Flachwurzler anfällig auf Sturmböen und Borkenkäfer ist. Der Forst pflanzt auch keine neuen Rottannen mehr an.

Kompensiert wird der Verlust mit der Strategie, vermehrt Eichen zu pflanzen. Eichen (Stiel- und Traubeneichen) können viel besser mit Hitze und Trockenheit umgehen, da ihr Verbreitungsschwerpunkt im Mittelmeerraum liegt. Im Moment gibt es rund 10 Prozent Eichen in unseren Wäldern. Das Ziel des Rheinfelder Forsts ist, diesen Anteil auf 20 Prozent zu erhöhen. Bei den Nadelbäumen werden neben Föhren vermehrt Lärchen und Douglasien die Rottannen ersetzen. Der Kanton Aargau begrenzt allerdings alle fremdländischen Bäume auf einen Anteil von zehn Prozent. Dabei sollen aber radikale Massnahmen vermieden werden und die Pf lanzung neuer Arten, nebst der Erhaltung der bestehenden, f liessend geschehen. Als weitere Massnahme übernimmt der Forst die so genannte «biologische Automation», das heisst, man bewirtschaftet den Wald so, dass nicht mehr alles vom Menschen gesteuert wird, sondern der Natur einen Teil der Waldentwicklung überlassen wird. Die konkurrenzfähigsten und vitalsten Bäume selektieren sich dabei selber heraus und werden als Zukunftsbäume ausgewählt. Damit erhöht sich auch die biologische Diversität. Dazu tragen auch die im Rheinfelder Wald ausgeschiedenen Naturwaldzellen (Altholzinseln) bei, in denen Altholzbestände bewusst nicht geerntet werden. Eine der grossen Schwierigkeiten für den Forst ist es, ein mögliches Klimaszenarium zu wählen und die Strategie darauf auszurichten. Im Moment geht man davon aus, dass sich das Klima um zwei bis vier Grad Celsius erwärmen wird. Ob sich die neue Strategie bewährt, wird dann allerdings erst die nächste Generation beurteilen können. Der von Rheinfelden betreute Wald, immerhin etwa 15 Quadratkilometer gross, wird von vier Forstwarten unterhalten. Eine Mammutaufgabe, die dazu geführt hat, dass der Wald immer extensiver gepflegt werden kann, was sich grundsätzlich positiv auf die Biodiversität auswirkt.

Das führt aber zu einer weiteren Problematik, die den Wald und seine Vielfalt zunehmend gefährdet: Eingeschleppte Tier- und Pflanzenarten wie Staudenknöterich, Berufskraut, Blauglockenbaum, drüsiges Springkraut und andere invasive Arten können nicht mehr im gewünschten Mass bekämpft werden, weil personelle Ressourcen fehlen. Da ist es wichtig, dass NVR und Forst zusammenarbeiten und gemeinsam versuchen, diese Neophyten zu bekämpfen.


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