«Im ersten Kindergarten durfte ich ein Schaf spielen»
19.08.2022 Möhlin, PersönlichNadine Condor und ihre grosse Leidenschaft: das Theater
Seit dem ersten Kindergarten ist Nadine Condor begeistert vom Theaterspielen. Bei der aktuellen Produktion des Lehrertheaters Möhlin, «Der eingebildete Kranke», verkörpert sie Toinette, das Dienstmädchen des Hypochonders Argan.
Janine Tschopp
Vor 42 Jahren wurde sie in Möhlin geboren und kann sich nicht vorstellen, diesen Ort je zu verlassen. «Es ist das schönste Dorf», sagt Nadine Condor mit einem Strahlen. Als sie aufgrund ihrer damaligen Stelle einmal für dreieinhalb Jahre in Aarau wohnte, verspürte sie Heimweh. Dort war es auch, wo sie ihren Mann kennengelernt hatte. Sie ist sehr glücklich, dass sie ihn davon überzeugen konnte, gemeinsam in ihre Heimat und zu ihren Wurzeln zu ziehen. «Ich reis it gärn», sagt sie. Ihrem Grossvater habe das Reisen ebenfalls nie zugesagt. Während ihren Ferien könne sie auch zu Hause gut ausspannen. Und langweilig werde es ihr nie. «Auch nicht bei schlechtem Wetter.»
Während Nadine Condor erzählt, wird der Journalistin bald bewusst, dass die Möhlinerin gerne Konstanten hat in ihrem Leben. So wie sie einen gleichbleibenden Lebensmittelpunkt schätzt, geniesst sie es auch, sich bei der Arbeit in bekanntem Gebiet zu bewegen. So arbeitet sie seit der Lehre in der Bankbranche und fühlt sich dort sehr wohl. «Ja, ich schätze es, wenn ich weiss, wie der Hase läuft», bestätigt sie. Und weiter: «Wenn man Konstanten im Leben hat, bleibt eine gewisse Flexibilität für Unvorhergesehenes.» Denn eigentlich verlasse sie ihre Komfortzone gerne ab und zu, und da sei es wichtig, gewisse Fixpunkte im Leben zu haben.
Die Komfortzone hatte sie auch verlassen, als sie vor sechs Jahren beschloss, berufsbegleitend einen gymnasialen Maturitätsabschluss zu absolvieren. Im Anschluss daran begann sie an der Fachhochschule Nordwestschweiz Betriebsökonomie zu studieren und befindet sich nun im fünften (von acht) Semester. Neben ihrem Studium arbeitet sie zu 60 Prozent in der Marketingabteilung einer Bank im Fricktal.
Ihre grosse Liebe
Ihre grosse Liebe ist ihr Mann, aber auch das Theaterspielen. Und dieses hat Nadine Condor schon ganz früh entdeckt. «Im ersten Kindergarten durfte ich ein Schaf spielen. Eine Glanzrolle», erzählt sie schmunzelnd und kommt ins Schwärmen: «Ich fand es toll, mich zu verkleiden und so zu tun, als sei ich jemand anderes.» Sie war natürlich aufgeregt und spürte schon damals, wie viel ihr das Theaterspielen bedeutete. Immer wenn sie als Kind Gelegenheit hatte, spielte sie Theater und erhielt auch viele Komplimente dafür.
In der Bezirksschule besuchte sie während zwei Jahren den Theaterkurs bei Dieter Schlachter, der gleichzeitig ihr Klassen- und Deutschlehrer war. Der Kurs gefiel ihr sehr gut. Ihre Leidenschaft fürs Theater war so gross, dass sie sich überlegte, diesen Weg beruflich einzuschlagen. «Dann bekam ich kalte Füsse.» Sie musste ihren Eltern beipflichten, dass es nicht schlecht wäre, zuerst einen «sicheren» Beruf zu lernen. Zudem hatte sie Angst, dass das Theater die grosse Magie, welche sie seit dem Kindergarten dafür empfunden hatte, verlieren könnte. «Ich wollte mir das nicht nehmen lassen, indem ich die Schauspielerei zu meinem Beruf machte.»
So absolvierte sie nach der Bezirksschule eine kaufmännische Banklehre und hatte von Anfang an Freude, in dieser Branche zu arbeiten. Dann kam eine Phase, in welcher sie absichtlich Abstand von der Bühne nahm. «Ich habe das Theater gemieden, weil es zu fest wehtat, dass ich mich beruflich dagegen entschieden hatte.» Wie bei einer grossen Liebe eben.
Das Lehrertheater Möhlin
Ihre erste Begegnung mit dem Lehrertheater Möhlin hatte Nadine Condor als 15-Jährige. «Ich durfte bei der Eingangskontrolle und als Platzanweiserin helfen.» Es sei immer ihr Traum gewesen, dort einmal selber mitzuspielen. Da es aber «Lehrertheater» heisse, dachte sie, dass dies als «Nicht-Lehrerin» nicht möglich sei.
Dann kam dieser Samstagvormittag im Frühling 2013, als sie mit ihrem Mann im Auto auf dem Weg nach Basel sass. Ihr Handy klingelte und sie ging ran, obschon sie die Nummer nicht kannte. Am anderen Ende war Dieter Schlachter. Er fragte sie, ob sie bei der Produktion 2013 des Lehrertheaters Möhlin, «Traumfrau Mutter», mitspielen wolle. «Ich musste mir das keine Sekunde überlegen.» Lediglich zwei organisatorische Anrufe seien nötig gewesen. Zum Beispiel musste sie mit ihrer Arbeitskollegin abklären, ob sie während der Intensivwoche eine Woche frei nehmen könne. Nach sehr kurzer Zeit konnte sie Dieter Schlachter, der die Regie für das Stück führte, anrufen und ihm definitiv zusagen. Seit diesem Tag ist Nadine Condor fester Bestandteil des Lehrertheaters Möhlin. Heuer bereitete das Ensemble, ebenfalls unter der Leitung von Dieter Schlachter, die Produktion «Der eingebildete Kranke» von Molière vor. Nadine Condor spielt Toinette, das Dienstmädchen des Hypochonders Argan. «Ich liebe meine Rolle», sagt sie. «Damals, im 17. Jahrhundert hatten die Frauen noch nicht so viel Gewicht in der Gesellschaft. Toinette aber ist eine bedeutsame Strippenzieherin. Sie ist kess, ehrlich und mutig.»
Die Faszination für die Schauspielerei hat Nadine Condor seit dem Kindergarten nie verloren. Was gefällt ihr so gut daran? «Auf der Bühne kann man vieles ausleben, was im Alltag nicht möglich wäre. Es ist befreiend und man lernt viel über sich selber. Und es ist einfach toll, eine Auszeit vom Alltag zu nehmen und in eine andere Welt abzutauchen.» Zudem mache es grossen Spass, gemeinsam mit anderen Menschen etwas auf die Beine zu stellen.
Bei der aktuellen Produktion des Lehrertheaters Möhlin, «Der eingebildete Kranke» von Molière, spielt Nadine Condor Toinette, das Dienstmädchen. Premiere ist am Samstag, 20. August, um 20.15 Uhr im Bata-Clubhaus in Möhlin. Informationen unter www.lehrertheater.ch