Bei Yvonne Boss dreht sich alles um den Puck

  09.02.2022 Persönlich, Sport, Rheinfelden

Als langjährige Betreuerin der U13-Moskitos und im Vorstand Zuständige für Vereinsevents, kennt Yvonne Boss das Wesen des EHC Rheinfelden bestens. Jetzt hat sie sich entschieden, ausserplanmässig das Präsidentenamt zu übernehmen.

Birgit Schlegel

Yvonne Boss ohne Eishockey ist undenkbar. In Meiringen-Hasliberg ist sie aufgewachsen, war dort in der Freizeit oft beim «schlööfle» anzutreffen und hat von Kindheit an mit ihrem Bruder die Matches des SC Bern besucht. Mit ihrem ersten KV-Lohn hat sie sich das erste eigene Fantrikot des SCB gekauft, mit Renato Tosios Namen drauf. «Mein Vater als Pöstler war alles andere als begeistert. Denn per Nachnahme verschickt hat es mich ein Vermögen gekostet», erzählt sie lachend in ihrem Hasliberger Dialekt. Dem Berner Schlittschuhclub ist sie bis heute treu geblieben. Noch immer versucht sie, so viele Spiele wie möglich zu besuchen. Dieselbe grosse Leidenschaft gilt auch schon seit längerem dem EHC Rheinfelden. Seit Beginn des neuen Jahres ist Yvonne nun daran, sich in ihr neues Amt als Präsidentin einzuarbeiten.

Bananen schnetzeln und Trickots waschen
Seit Yvonne Boss mit ihrer Familie im Baselbiet ansässig ist, beschäftigt sie sich mit dem regionalen Eishockey. Ihr Schwiegervater war der erste Eismeister der damals neu eröffneten Kunsteisbahn in Sissach. Mit ein Grund, warum auch ihr Mann schon immer mit dem Eissport verbunden ist. Doch erst vor rund zehn Jahren, als ihr Sohn sich für den Sport zu interessieren begann, kam der Kontakt zur Rheinfelder Kunsteisbahn zustande. Denn in diesem Winter musste die Sissacher Eishalle wegen Einsturzgefahr geschlossen werden. Seitdem steht die ganze Familie Boss im Dienst des EHC Rheinfelden. Über mehrere Jahre hat Yvonne die Spielerinnen und Spieler der Moskitos, die noch immer von ihrem Mann trainiert werden, während der Trainings und an den Spielen betreut. Bananen schnetzeln und Traubenzucker verteilen in den Spielpausen, Tee ausschenken, die Bandentüren für die Auswechslungen öffnen, und immer wieder trösten und irgendwo Eisauflegen. «Nach jedem Match war mein Wäscheständer jeweils blockiert mit all den Trikots und Stülpen.» Auch die erwachsenen Spieler der 2. Liga, die sie nach Möglichkeit an jedes Spiel begleitet, haben ihre Betreuung sehr geschätzt. Denn während der vergangenen vier Jahre war Yvonne fester Bestandteil des Betreuerteams der 1. Mannschaft. Ein sehr zeitintensives, aber auch abwechslungsreiches Amt, welches ihre Präsenz nicht nur bei den Trainings und Spielen verlangte, sondern auch bei sämtlichen Anlässen wie Trainingswochen oder Weihnachtsessen. «Für mich war dies immer eine Herzensangelegenheit.» Yvonne Boss, die für ein Basler Transportunternehmen arbeitet, hat die Betreuung nun schweren Herzens abgegeben. Ausserplanmässig hat sie diesen Januar das Präsidium übernommen, denn dieses war seit der vergangenen GV im Sommer vakant. Mehrere Gespräche hat sie als Vorstandsmitglied mit potentiellen Anwärtern geführt und nach einer Lösung gesucht. «Warum übernimmst eigentlich nicht du selber das Amt?», sei schliesslich jemand an sie gelangt. «Ich bin gerne aktiver Teil in einem Verein, habe auch bereits Erfahrungen in anderen Vereinsvorständen gesammelt.» Im Moment sei es aber noch «learning by doing». Intensiv beschäftigt sie sich nun mit der Struktur des EHC, entwickelt Strategien mit dem Vorstand und berät sich mit dem Sportchef. Die neue Nachwuchsstruktur HC Nordwest United, in welcher sich letzte Saison die drei regionalen Clubs aus Zunzgen-Sissach, Laufen und Herrischried/D mit Rheinfelden zusammengeschlossen haben, muss sich erst noch etablieren und braucht sicher noch Optimierung. «Sie ist die sinnvollste Lösung, um die Clubs und somit den Nachwuchs aufrecht erhalten zu können.» Talente können so besser gefördert werden, im Gegenzug haben aber auch nicht so ambitionierte Spieler und Spielerinnen Platz in einer weiteren Mannschaft, in welcher weniger Leistung gefordert wird. Das klare Clubziel, zwei Aktivmannschaften zu stellen, bleibt weiterhin bestehen. Und die Frage des Sponsorings ist immer aktuell, denn Eissport ist teuer. «Als Hockeyclub können wir jeden Rappen gebrauchen.»

Es stellt sich die Frage, ob da überhaupt noch Platz ist für eine andere Beschäftigung. Yvonne Boss muss erst überlegen. «Manchmal frage ich mich schon, ob ich überhaupt noch etwas anderes im Kopf habe.» Sowieso, was macht eine angefressene Eishockeyanerin im Sommerhalbjahr, wenn das Eisfeld in Rheinfelden schon längst geschmolzen ist? «Dann sind wir fast jedes Wochenende auf unserem Schiff in Le Landeron – das ist Erholung pur!» Auf dem See kein Handyempfang, keine Büroarbeit zu erledigen und den Kopf einfach mal frei haben. Zudem kann sich Yvonne dann ihrer zweiten Leidenschaft widmen: dem Schwingen. Immer wieder besucht sie im Sommer mit ihrem Mann ein Schwing- und Älplerfest. Denn wegen seiner langjährigen Verpflichtungen als ehemaliger Präsident des Schwingklub Pratteln und als Obmann der Jungschwinger fühlt sich Yvonne dieser Sportart gleichermassen verbunden. Lange war sie auch in diesem Verein aktiv. «Aber natürlich nicht als Schwingerin!», möchte sie betont haben. Wenig überraschend folglich, dass sich der EHC Rheinfelden bereit erklärt hat, am kommenden Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Pratteln während zweier Tage aktiv mitzuarbeiten. «Ganz klar, ich kann auch ohne Eis sein. Es tut gut, auch einige Wochen ohne Eishockey zu verbringen.» Ganz überzeugend wirkt dies allerdings nicht – mit einem Schmunzeln muss Yvonne doch noch erwähnen, dass im Mai ja jeweils die Eishockey-WM stattfindet, die sie immer verfolgt.

«Schlittschuhfahren ist eigentlich nichts für mich»
Bei einer Person, die dermassen angefressen von einer Sportart ist, drängt sich die Frage nach den eigenen Fähigkeiten unausweichlich auf. «Oh je, ich bin mehr Pylone als Spielerin und jedes Mal froh, wenn ich heil vom Eis komme», meint Yvonne lachend. Und dennoch stürzt sie sich immer wieder in die unzähligen Teile der Ausrüstung, um bei den «Parents» mitzuspielen. Diese kleine, aber feine Mannschaft hat sie mit ihrer Familie ins Leben gerufen. Ausschlaggebend war das Unverständnis über elterliche Fans, die sich während der Spiele immer wieder lautstark über Trainer und Spieler ausliessen. «Vielleicht muss man das wirklich zuerst selber einmal ausprobieren, bevor man zu meckern beginnt.» Yvonne Boss steckt voller Ideen. Ihr Wille, den EHC Rheinfelden in nächster Zeit mit ihrer offenen und herzlichen Art zu führen und weiterzubringen, ist deutlich spürbar.


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