Es brodelt noch immer im Stadelbach

  27.08.2021 Brennpunkt, Möhlin

Das Wohn- und Pflegezentrum Stadelbach in Möhlin hat turbulente Zeiten hinter sich. Entspannung ist nicht in Sicht. Angehörige von Bewohnern und Mitarbeitende äussern Kritik.

Janine Tschopp

«Es gibt ständig Wechsel beim Personal. Viele Mitarbeitende sind gegangen. Nun hat es viele junge Leute, die vermutlich nur temporär hier sind.» Angehörige von Bewohnerinnen des Wohn- und Pflegezentrums Stadelbach bedauern, dass ihre Verwandten kaum mehr Bezugspersonen haben. Es mache den Anschein, dass man unterbesetzt sei. Das würde sich auch dadurch äussern, so eine Angehörige, indem der Bewohnerin erst um 9 Uhr das Frühstück ins Zimmer gebracht werde. Manchmal käme am Morgen erst um 9.30 Uhr jemand zu ihr, um ihr beim Anziehen zu helfen.

Von mehreren Angehörigen, die alle nicht namentlich genannt werden wollen, wird bemängelt, dass sich die Bewohner nur für das Mittagessen im Speisesaal treffen. Da das Frühstück und das Nachtessen aufs Zimmer gebracht werden, hätten die Senioren und Seniorinnen nur wenig Möglichkeiten, sich auszutauschen. «Seit dem Umbau des Eingangsbereichs gibt es keine Stühle mehr, wo sich die älteren Leute, zum Beispiel vor dem Mittagessen, treffen können», ist ein weiterer Kritikpunkt einer Angehörigen. Zudem sei die Kommunikation sehr schlecht. Als Angehörige würde man kaum etwas erfahren.

Hausarzt: «Situation ist unverändert»
Dass es insgesamt zu wenig Personal und zu viele Temporäre gebe, empfinden auch die Mitarbeitenden. Eine Mitarbeiterin, die anonym bleiben möchte, ist der Meinung: «Temporäre können nicht auf die gleiche Art pflegen wie langjährige Mitarbeiter, weil sie die Geschichte der Bewohner nicht kennen.» Viele Mitarbeitende, auch langjährige Diplomierte, hätten das Stadelbach im letzten Jahr verlassen. «Es geht an die Substanz, wenn man immer unterbesetzt arbeiten muss», so eine Mitarbeiterin. Und weiter: «Man hat zu wenig Zeit für die Bewohner. Würdevoll pflegen geht nicht mehr.» Mitarbeitende haben das Gespräch mit dem Vorstandspräsidenten, der Heimleiterin und dem Pflegedienstleiter gesucht. Es habe dann eine Informationsveranstaltung gegeben, an der Zahlen präsentiert wurden. Für einen Austausch zwischen den Mitarbeitenden und der Leitung reichte die Zeit nicht mehr.

Hagen Scheerle, Hausarzt von der Praxis Oberdorf in Möhlin, beklagte vor zwei Jahren Missstände im Wohn- und Pflegezentrum Stadelbach und hörte aus diesem Grund auf, seine Patienten vor Ort zu betreuen (die NFZ berichtete). Auf aktuelle Anfrage der NFZ sagt er: «Weil sich die Situation für Bewohner und Pflegekräfte für mich unverändert darstellt, betreue ich meine Patienten nach wie vor nur noch in meiner Praxis und nicht im Stadelbach vor Ort.»

«Absenzquote durch Krankheiten ist hoch»
Gemeinderat Karl Eiermann, Präsident des Trägervereins «Wohnen im Alter», äussert sich gegenüber der NFZ zu den Kritikpunkten: «Die Absenzquote durch Krankheit ist bei unseren Mitarbeitenden in der Tat hoch. Das muss man vertieft anschauen.» Weil sich viele kranke Mitarbeitenden kurzfristig abmelden, müssten dann Temporäre einspringen, was sich wiederum schlecht auf den Informationsf luss auswirke. Auch habe man tendenziell zu viel Hilfspersonal und zu wenig diplomierte Pflegende. «Da sind wir dran. Das ist ein langwieriger Prozess», sagt Eiermann. Grundsätzlich habe man jedoch genug Personal. Manchmal liege es vielleicht an den Arbeitsabläufen, die nicht optimal seien. Dass viele langjährige Mitarbeitende in den letzten Monaten den Betrieb verlassen hatten, habe «gewöhnliche» Gründe wie die unregelmässigen Arbeitszeiten oder Pensionierungen. «Die Fluktuation ist nicht bedenklich», meint Eiermann. Dass es bei der Informationsveranstaltung nicht zum Austausch mit den Mitarbeitenden kam, sieht der Vereinspräsident anders: «Ich hatte den Eindruck, dass die Mitarbeitenden ihre Anliegen platzieren konnten. Sie wurden sogar aufgeschrieben und fotografiert.» Das Mitspracherecht des Personals sei in Bearbeitung. «Das Reglement einer Personalkommission steht.»

Bei den Stühlen im Eingangsbereich sei es Corona bedingt zu Lieferverzögerungen gekommen. Im September würden die Stühle geliefert. Abschliessend sagt Karl Eiermann: «Der Wunsch von der Geschäftsleitung und vom Vorstand ist, dass im Stadelbach Ruhe einkehrt, und die Bewohner im Mittelpunkt stehen und ihren Lebensabend in Würde erleben können.» Zentrumsleiterin Trinidad Coi, die seit Dezember 2019 im Amt ist, teilte gegenüber der NFZ mit, dass sie zu den Kritikpunkten von Angehörigen und Mitarbeitenden, welche ihr durch die NFZ vorgelegt wurden, «zu diesem Zeitpunkt» keine Stellung nehmen werde.


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