Der Profi unter den Freiwilligen

  27.05.2021 Persönlich, Rheinfelden

David Sommer ist hauptamtlicher Feuerwehrkommandant

Badisch-Rheinfelden hat bald seinen ersten hauptberuflichen Feuerwehrkommandanten. Auch für eine Stadt mit nur 33 000 Einwohnern ist das nicht länger ungewöhnlich: David Sommer soll vor allem eine bürokratische Entlastung sein.

Boris Burkhardt

Der 43-jährige David Sommer kennt die Feuerwehr von klein auf; schon in Magdeburg ist er in der Jugendfeuerwehr aktiv, später in der Aktivmannschaft der Freiwilligen Feuerwehr. Die Hauptstadt Sachsen-Anhalts mit knapp 240 000 Einwohnern hat auch eine Berufsfeuerwehr: «Aber es gab dort immer mehr Bewerber als Stellen», sagt Sommer. Trotz der Ausbildung als Metallbauer bleibt es sein Berufsziel, hauptamtlicher Feuerwehrmann zu werden. Dafür zieht er 2006 sogar mit seiner Frau ins 750 Kilometer entfernte Grenzach-Wyhlen, wo er hauptverantwortlicher Einsatzleiter der Werkfeuerwehr von DSM wird.

Als es dort vor über zwei Jahren eine Umstrukturierung gibt, nutzt Sommer die Chance und bewirbt sich auf die interne Ausschreibung der Stadt Badisch-Rheinfelden, die zu diesem Zeitpunkt einen hauptamtlichen Kommandanten sucht – ihren ersten hauptamtlichen Kommandanten überhaupt. Denn inzwischen ist es auch für eine Stadt mit lediglich 33 000 Einwohnern durchaus nicht mehr ungewöhnlich, einen Berufsfeuerwehrmann als Kommandanten zu haben. Anders als in der Schweiz beruht das deutsche System der Freiwilligen Feuerwehren tatsächlich auf dem rein freiwilligem Engagement ihrer Mitglieder; ein Pflichtabgabe für die, die keinen Dienst leisten, gibt es nicht. Vorerst wird der bisherige, ehrenamtliche Kommandant Dietmar Müller auch im Amt bleiben.

Seinen Dienst in Rheinfelden trat Sommer bereits am 1. März 2019 an. Er nahm zunächst vor allem politische Termine war, stellte sich dem Gemeinderat und der Stadtverwaltung vor und lernte die internen Abläufe kennen. Nach genau einem Jahr, am 1. März 2020, begann er seine dreizehnmonatige Weiterbildung zum gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst, wo er bei Berufsfeuerwehren in ganz Deutschland hospitierte. Auch bei der Berufsfeuerwehr Basel war er für vier Wochen. Dazwischen absolvierte er theoretische Schulblöcke. Die Abschlussprüfungen, vier schriftliche, drei mündliche und eine praktische, bestand Sommer im März dieses Jahres an der Landesfeuerwehrschule in Bruchsal bei Karlsruhe. Unter Corona-Bedingungen sei das eine Herausforderung gewesen; aber die Schule habe sich Mühe gegeben, unter anderem mit Webinaren der Situation gerecht zu werden.

Für fünf Jahre gewählt
Seit April ist Sommer wieder zurück in Rheinfelden. Neben ihm gibt es drei Gerätewarte sowie eine Sachbearbeiterin, die in der Hauptwache in der Hardstrasse hauptberuflich angestellt sind. Sommer wird sich vor allem der stetig zunehmenden Bürokratie widmen, brandtechnische Stellungnahmen erstellen und Bauprojekte beurteilen: «Das ist etwas, was Dietmar Müller nicht mehr in seiner Freizeit leisten kann.» In der Kommandostruktur während des Einsatzes ist Sommer vorerst ein einfacher Zugführer der Abteilung Rheinfelden. Müller, der zuletzt 2019 von der Mannschaft und dem Gemeinderat für fünf Jahre gewählt wurde, wird seine Amtszeit vermutlich noch vollenden; dann wird Sommer sein Nachfolger als Kommandant – hauptamtlich eben. Dass damit ein Stück Demokratie in der Feuerwehr verloren geht, sei der Preis für die Professionalisierung.

Rheinfelden habe mit über 260 freiwilligen Männern und Frauen in seinen zehn Abteilungen eine sehr grosse Feuerwehr, sagt Sommer. Auch das sei ein Grund gewesen, warum sich die Stadt für einen hauptamtlichen Kommandanten entschieden habe. Des Weiteren unterhält die Evonik eine eigene hauptberufliche Werkfeuerwehr, mit der die Zusammenarbeit laut Sommer «total unkompliziert» ist: Die Evonik-Feuerwehr ist freilich auf Chemieunfälle spezialisiert und hilft der städtischen Feuerwehr im Notfall mit Gerät aus. Die beiden Feuerwehren treffen sich vierteljährlich zum Austausch. Auch die Aluminium unterhält eine kleine Werkfeuerwehr.

«Schweizer Milizsystem würde in Deutschland nicht funktionieren»
Zu den schweizerischen Kameraden in Rheinfelden, Möhlin und Kaiseraugst-Augst-Giebenach (Feuerwehr Raurica) bestehe seit Jahrzehnten ein freundschaftliches Verhältnis, sagt Sommer: Vor Corona habe er vor allem zum Schweizer Rheinfelder Kommandanten Marc Leber eine gute Beziehung aufbauen können. Einmal im Jahr findet der Atemschutzpokal-Wettbewerb abwechselnd auf einer Rheinseite statt. Seit der Pandemie tauschen sich die Wehren monatlich per Videochat aus. Auf Nachfrage sagt Sommer, er glaube nicht, dass das Schweizer Milizsystem in Deutschland funktionierte: «Das ist ein gewachsenes System in der Schweiz.» In Deutschland wäre die Motivation der Feuerwehrleute fragwürdig, wenn ihnen statt dem Dienst Abgaben drohten.

Sommer wohnt weiterhin in Wyhlen – «am Ortsrand», wie er betont, noch im Umkreis von der Wache, den die Rheinfelder Feuerwehrsatzung erlaubt. In Wyhlen wurde auch seine Tochter geboren. Sommer geht gerne laufen und trainiert seit 2006 Kickboxen. Er fühle sich wohl hier im Dreiländereck, sagt er: «Ich lernte anfangs viele offene Menschen kennen, die mir halfen, mich zu orientieren.»


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