Regierungsrat will kein Aargauer Tiefenlager

  13.04.2021 Aargau, Fricktal

Nutzungskonflikte und überproportionale Lasten

Aktuell läuft die dritte und letzte Etappe der Standortsuche für ein geologisches Tiefenlager, das entsprechende Verfahren wird von der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE) umgesetzt. Das BFE hat die Standortkantone nun aufgefordert, ihre Positionierungen zu den Vorschlägen der Nagra für die Oberf lächeninfrastruktur der geologischen Tiefenlager einzureichen. Anschliessend nehmen die beteiligten Regionalkonferenzen im 2. bis 3. Quartal 2021 zu diesem Thema Stellung. Bei der Oberf lächeninfrastruktur handelt es sich um alle für den Betrieb eines Tiefenlagers nötigen Bauten an der Erdoberfläche – zusätzlich zum eigentlichen unterirdischen Tiefenlager. Die markantesten Teile sind die Anlage am Zugang des Portals des Lagertunnels, die Oberf lächenanlage inklusive Verpackungsanlage für Brennelemente sowie die Nebenzugangsanlagen für Bau und Belüftung. Die Erschliessung dieser Anlagen (zum Beispiel ein Umladebahnhof ) und temporär benötigte Flächen für den Bau der Anlage (zum Beispiel Installationsplatz, Ausbruchdeponie) werden ebenfalls zu den Oberflächeninfrastrukturen gezählt. Der Regierungsrat hat nun zu den möglichen Standorten dieser Oberflächenanlagen im potentiellen Standortgebiet Jura Ost, das vollständig im Kanton Aargau liegt, Stellung genommen. Er stellt Forderungen zu zahlreichen Nutzungskonflikten und übergeordneten Interessen, die vor einem Standortentscheid zwingend geklärt werden müssen. Zudem hat er seine bisherige Haltung bestätigt: Der Regierungsrat will grundsätzlich kein geologisches Tiefenlager im Kanton Aargau. Er ist der Überzeugung, dass der Kanton Aargau nicht nur im Verkehrsbereich überproportionale Lasten trägt, sondern auch in der Stromproduktion aus Kernkraft sowie mit dem Zwischenlager Würenlingen (Zwilag). Er ist aber gewillt, im Standortauswahlverfahren weiterhin konstruktiv mitzuarbeiten. Zu den Vorschlägen der Nagra stellt der Regierungsrat verschiedene Forderungen. Die Standortvorschläge zur Oberf lächeninfrastruktur tangieren zahlreiche übergeordnete Interessen mit diversen Nutzungskonflikten, unter anderem der Wildtierkorridor von überregionaler Bedeutung (Böttstein-Villigen), das Naturschutzgebiete und Landschaften von nationaler und kantonaler Bedeutung, den Grundwasser- und Hochwasserschutz, den Auenschutzpark Aargau und Waldgebiete, Fruchtfolgeflächen sowie den wirtschaftlichen Entw icklungsschwerpunkt von kantonaler Bedeutung, das Untere Aaretal / Paul Scherrer Institut. Der Regierungsrat ist der Auffassung, dass eine Bereinigung dieser Nutzungskonflikte nicht im Rahmen der aktuellen Positionierung geschehen kann.

Der Kanton sieht sich verpflichtet, bereits heute auf bestehende und potenzielle Konflikte hinzuweisen und fordert, dass sich die Nagra in den weiteren Projektphasen vertieft mit den Nutzungskonf likten und Schutzinteressen auseinandersetzt und Lösungen entwickelt. Die Nagra gibt 2022 ihre Standortwahl bekannt und reicht für die gewählten Standorte Ende 2024 Rahmenbewilligungsgesuche für geologische Tiefenlager ein. Diese werden anschliessend von den Behörden geprüft. 2029 entscheidet dann der Bundesrat über die Bewilligung der Gesuche. Möglich sind mehrere Standorte für die beiden Lagertypen «Schwach und mittelaktive Abfälle» und «Hochaktive Abfälle» sowie ein einziger Kombistandort für beide Lagertypen. (nfz)


KAIB fordert Unterstützung der Gemeinden

Wie die Bürgerorganisation «Kein Atommüll im Bözberg» KAIB mitteilt, begrüsst und unterstützt sie die ablehnende Haltung des Regierungsrates.

Sie hält weiter fest, dass der Bau und Betrieb eines solchen Atommülltiefenlagers mitten im wasserreichen Bözberggebiet geologische Risiken berge. So sei bekannt, dass die Bözbergregion tektonisch vorbelastet ist und der Untergrund mit Brüchen in den Gesteinsschichten und Störungszonen durchzogen ist. Ein Atommülllager in diesem geologisch fragwürdigen, wasserreichen Gebiet, sei keine gute Idee. Ferner vertrage sich die Planung eines Atommülltiefenlagers im Bözberg schlecht mit dem Nachhaltigkeitslabel «Jurapark Aargau» und beim Bau und Betrieb eines Tiefenlagers würde der regionale Siedlungsraum mit zusätzlichem Mehrund Schwerverkehr belastet. Aus all diesen Gründen stellt sich KAIB gegen ein mögliches Atommülllager im Bözberg und ruft die Gemeinden in der Region auf, sich ebenfalls offen gegen das Atommülllager im Bözberg auszusprechen und damit dem Aargauer Regierungsrat und der direktbetroffenen Bevölkerung den Rücken zu stärken. (nfz)


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