Fasziniert davon, wie ruhig die Welt damals war

  28.04.2021 Persönlich, Sulz

Christoph Stäuble aus Sulz sammelt seit über 40 Jahren Ansichtskarten

Christoph Stäuble ist schon seit seiner Kindheit auf Sammelbörsen unterwegs. Über 6000 Karten besitzt er inzwischen und hat dafür eigens einen Raum in seinem Wohnhaus eingerichtet.

Karin Pfister

Es sah zuerst gar nicht spektakulär aus. Ein alter Mann habe ihm einen Stapel Karten verkauft und er habe sie durchgesehen. «Plötzlich hielt ich eine Karte der Beatles mit Originalautogrammen in den Händen», erzählt Christoph Stäuble. Solche Momente seien die Höhepunkte seiner Sammlerleidenschaft. Die älteste Karte seiner Sammlung ist aus dem Jahre 1895 und zeigt die Landschaft rund um Sulz und einzelne Gebäude. Christoph Stäuble sammelt Karten aus der ganzen Schweiz. Themengebiete sind Ortschaften, Militär oder Rüeblikarten, vor allem des Kantons Aargau. Ob beschrieben oder unbeschrieben, spiele für ihn keine Rolle. «Wenn die Karten beschrieben sind, sind sie einfacher zuzuordnen, da der Text manchmal wichtige Informationen enthält.»

Zuerst Briefmarken dann Ansichtskarten
Aufgewachsen ist Christoph Stäuble in Sulz, wo er heute noch zusammen mit seiner Frau Erika und seinen drei erwachsenen Kindern wohnt. Die vergitterten Fenster zeugen von der Vergangenheit des Gebäudes. Sein Vater Arthur war viele Jahre lang Posthalter in Sulz; auch Christoph Stäuble arbeitet seit über 35 Jahren bei der Post; aktuell ist er in Laufenburg stationiert und mit dem Posttöff li oder dem Auto als Zustellbeamter in den umliegenden Gemeinden unterwegs.

Sein Vater war ein begeisterter Briefmarkensammler und so sei er schon als Bub oft am Wochenende an Sammlerbörsen unterwegs gewesen. Zuerst habe er auch Marken gesammelt, dann hätten ihn die Ansichtskarten angefangen zu faszinieren. Noch lieber als Börsen seien ihm Hausräumungen und Flohmärkte. «Ich wühle lieber selber in alten Sachen, immer auf der Suche nach einem besonderen Fundstück, als an einer Börse einfach Karten zu kaufen.» Er besitzt 35 Postkarten der Gemeinde Sulz; das seien längst noch nicht alle, die es gebe. «Besonders gefragt unter Sammlern sind Karten, die belebte Szenen aus dem Leben von früher zeigen.» Auf einer Karte ist zum Beispiel die Sulzer Jugend am Jugendfest, das 1929 in Sulz stattfand, zu sehen. Eine andere zeigt den zugefrorenen Rhein in Laufenburg. Diese stammt auch aus dem Jahre 1929. Christoph Stäuble: «Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie ruhig die Welt damals war. Die Menschen hatten auch Probleme, aber andere als heute. Es gab viel weniger Hektik.»

Mitglied im Ansichtskartenverein
Das Sammeln von Karten ist ein aussterbendes Hobby und er sei unter den Sammlern quasi noch ein Junior. Christoph Stäuble: «Ich bin Mitglied in einem Ansichtskartenverein. Jedes Jahr kommt das Vereinsbüchli mit der Mitgliederliste. Die Liste der verstorbenen Mitglieder ist lang, Neueintritte gibt es nur wenige.» Er verstehe gut, dass die jungen Menschen andere Interessen haben. Trotzdem mache er sich schon hin und wieder Gedanken, was mit seinen Karten geschehe, wenn ihm etwas passiere. «Ich investiere sehr viel Zeit in mein Hobby. Das ist wie ein Lebenswerk.» Es werde immer schwieriger, noch ganz alte Karten zu finden. Immer wieder käme er zu spät, zum Beispiel bei Hausräumungen nach einem Todesfall. «Die Menschen sagen mir, dass sie alle Schriftstücke verbrannt haben, weil sie nicht wussten, dass die noch jemand brauchen könnte.» Für ihn sei das jeweils wie ein Stich ins Herz. Durch die Ansichtskarten – er hat die 6000 Karten in Kisten nach Kantonen geordnet – habe er viel über die Schweiz gelernt. Wenn er in die Ferien fahre, nehme er die alten Karten aus der Gegend mit. «Das ist immer wieder spannend. So kann ich vor Ort vergleichen, wie die Region heute und früher aussah.»

Christoph Stäuble ist ein fleissiger Besucher von Flohmärkten und einmal im Jahr – am Fricker Flohmarkt auf dem Ebnet – steht er selber hinter dem Marktstand. Um an Märkten etwas zu finden, müsse man allerdings früh aufstehen. «Um 10 Uhr sind die guten Sachen weg.» Für ihn seien nicht nur die Karten, sondern auch die Kontakte wichtig. «Ich schätze dem Austausch und das Gespräch mit andern Sammlern sehr.»


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