«Mein Leben ist aufgebaut auf fünf Säulen»

  03.03.2021 Persönlich, Schupfart

Dass Anni Amsler den Kneipp-Verein Fricktal reanimiert hat, ist eigentlich nur eine logische Abfolge ihrer Lebensphilosophie, die auf fünf Säulen beruht. Als ausgeprägter Bewegungsmensch animiert, motiviert und engagiert sie sich tatkräftig seit Jahrzehnten für die Lust und Freude am Turnen, Wandern, der Bewegung und ein genussvolles gesundes Leben.

Paul Roppel

«Es erfüllt einen mit einem unbeschreiblichen Glücksgefühl, einer harmonischen inneren Befriedigung und Freude, wenn die Vögel in der Dämmerung zu pfeifen beginnen und die Sonne in der Morgenröte langsam über den Berggipfeln erscheint und man das Ziel vor Augen hat», beschreibt Anni Amsler ihren Gemütszustand, wenn sie nach 50 Kilometer Nachtmarsch den Rigi-Gipfel erreicht. Schon dreimal hat sie die Strecke von Bremgarten auf den Rigi Kulm mit 1600 Höhenmetern Unterschied jeweils in der Nacht auf Auffahrt absolviert. «Am happigsten ist der letzte Aufstieg von der Seebodenalp auf den Gipfel, wo viele Treppenstufen in die Beinmuskeln gehen. Aber auf dem Gipfel gibt es dann dafür die herrliche Rundsicht und ein ausgiebiges, gemütliches Frühstück», bringt die unternehmungslustige Frau ihren 12-stündigen Marsch auf den Punkt.

Bewegung ein Lebenselixier
Für Anni Amsler ist Wandern Bewegung pur und ein Lebenselixier. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass sie im In- und Ausland schon unzählige Touren unternommen hat und ihre Vernetzung mit vielen Menschen ständig wächst. Zum Jahresritual gehört auch die Fusswallfahrt von Hornussen nach Todtmoos im Schwarzwald, wo sie sicher schon gegen zwanzigmal dabei war. «Die Ambiance ist einmalig. Das Beten gibt einen Rhythmus oder Takt im Schritt vor. Der Schweigemarsch ist wie Meditieren. Der Einmarsch in Todtmoos, der Applaus der Leute am Strassenrand und das Glockengeläute lösen ein Glücksgefühl aus, das mit einer Fussmassage abgerundet wird», verrät Anni Amsler. «Letztes Jahr hat mir die wegen Corona abgesagte Wallfahrt, aber auch viele andere Treffen, sehr gefehlt», fügt sie an. «Wir sind eine Gruppe, die sich am Abend bei einem feinen Essen gut unterhält und es immer wieder gemütlich hat», zeigt sie eine andere Seite des 40 Kilometermarsches auf.

Pferdesalbe im Rucksack
Seit zehn Jahren ist sie jeweils mit Leuten aus verschiedenen Ländern für zwei Wochen auf dem Pilgerpfad des Jakobswegs unterwegs. «Nachdem jemand von diesem Weg so geschwärmt hatte, wollte ich ihn auch mal kennenlernen und habe mich einer Gruppe angeschlossen», erinnert sie sich. Kurioserweise war die Formation schon auf dem letzten 200 Kilometer messenden Abschnitt des Pfades von Ponferrada nach Santiago de Compostela unterwegs. «So habe ich die ersehnte Endstation schon früh kennengelernt», schmunzelt Anni Amsler. Am wohlsten fühlt sie sich in der Gruppe. Seither ist sie auf weiteren Abschnitten in Spanien, Frankreich und in der Schweiz unterwegs, dokumentiert mit vielen schönen Erinnerungen und aufstellenden Erlebnissen. «Letztes Jahr machten wir ein Trostpilgern von Schaffhausen nach Rapperswil, etwa 85 Kilometer; das war superschön», kommt sie ins Schwärmen. Was es braucht, hat Platz im Rucksack und dazu gehören extrem wenig Kleider, ein Regenschutz, ein Knirps und Pferdesalbe. «Das ist ein Allerweltsmittel, das die Knie und Füsse geschmeidig hält. Ich gehöre zu den Glücklichen, die noch nie Blasen an den Füssen bekommen haben», lacht die vife Seniorin, die täglich für eine Stunde mit ihren Walkingstöcken unterwegs ist und den Tag mit Yogaübungen abrundet, wöchentlich Tanzen und Schwimmen geniesst und Ausflüge mit dem E-Bike macht.

Eine starke Lebensformel
Neben dem heimischen Schupfarter Berglauf hat Anni Amsler auch schon unzählige andere Läufe, darunter Stadtläufe, absolviert. «Vor 10 Jahren war ich erstmals am Vogellisi-Berglauf in Adelboden. Der ist so wunderbar, dass ich ihn alle Jahre wieder mit Lust wiederhole», verrät sie ihren Lieblingslauf. Unbestritten, die 72-jährige Mutter von sechs Kindern und Grossmutter von acht Enkeln, von denen vier jeden Donnerstag zu ihr kommen, ist beneidenswert fit und bezeichnet sich als ausgesprochener Bewegungsmensch; aber neben Bewegung gehört noch einiges mehr dazu. «Mein Leben ist auf fünf Säulen aufgebaut», gibt sie ihre Lebensformel preis. Neben der Bewegung trägt die Hydrotherapie, die Behandlung mit kaltem und warmem Wasser, Wickel und Sauna zum Wohlbefinden bei. Dazu gehört auch das ausgelassene Spurenziehen im Schnee – natürlich barfuss – mit ihren Enkeln. Dann die Phytotherapie, die Anwendung von Kräutern für die Gesundheit und Küche. «Der Herrgott hat für die Linderung jedes Leidens ein Kraut wachsen lassen», sagt Anni Amsler, die in Garten, Feld und Wald erlesene Kräuter für Küche, Tinkturen und Salben holt.

Grosses Beziehungsnetz
Einen hohen Stellenwert hat die Ernährung. «Wir sind fast Selbstversorger mit Gemüse und Früchten, ergänzt mit regionalen Produkten und von Hofläden», sagt Anni Amsler, die auch gerne in der Küche wirkt, sterilisiert, einmacht und einfriert. Mit Stolz zeigt sie auf den von Ehemann Kurt erbauten Holzbackofen im Garten, wo wöchentlich Brote, Zöpfe und leckere Backwaren entstehen. Anni Amsler ist eine lebensfrohe, motivierende, anpackende Person, die sich in Schupfart und in der Region engagiert und deren Lebensordnung stimmig mit einem grossen Beziehungsnetzwerk verwoben ist. So hat sie die Mädchenriege initiiert und zehn Jahre lang geleitet, wurde Ehrenmitglied im Damenturnverein und im Velo-Moto-Club. Zudem war sie zwölf Jahre Mitglied der Schulpflege. Zehn Jahre lang hat sie Kinder an den von ihr angeregten Gesundheitstagen an der Schule für das Bewusstsein der eigenen Gesundheit sensibilisiert. Seit 18 Jahren ist sie Präsidentin des über 140 Mitglieder zählenden Kneipp-Vereins Fricktal, dessen Reaktivierung sie initiiert hatte. Die fünf Säulen ihrer Lebensphilosophie postulierte natürlich Sebastian Kneipp, dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird. «Ich werde sicher mit Freunden das Jubiläum in Bad Wörishofen besuchen, falls es stattfindet», sagt Amsler. Corona hat gemeinsame Aktivitäten und das Vereinsleben gestoppt, was sie sehr vermisst. Trotzdem stehen schon 20 abwechslungsreiche Aktivitäten im neuen Jahresprogramm an, das mit dem Pfingstmontag-Walking auf dem Walking-Trail von Postauto Schweiz in Schupfart starten kann, hofft sie. Deren Bau hat Anni Amsler in einem Wettbewerb für die Gemeinde gewonnen. Akzente mit Kneippanlagen setzt Schupfart mit dem Barfusspfad, diversen Brunnen und dem Kräutergarten bei der Turnhalle.


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