«Im Fokus steht immer, wie das Leben der Menschen damals war»
17.03.2021 Frick, PersönlichKantonsarchäologe Thomas Doppler wacht über Funde aus vergangener Zeit
Der Kanton Aargau ist reich an archäologischen Fundstellen. Alle Funde sollen fachgerecht geborgen, geschützt, erforscht und dem interessierten Publikum erklärt und vermittelt werden. Verantwortlich dafür ist seit letztem Jahr der neue Kantonsarchäologe Thomas Doppler.
Edi Strub
Thomas Doppler (44) ist ein Wahlaargauer. Aufgewachsen und in die Schule gegangen ist er in Pratteln, studiert hat er in Basel und nachher wohnte er mit seiner Frau in Füllinsdorf. «Als ich dann Kantonsarchäologe wurde, hielten wir Ausschau nach einem Ort im Aargau mit viel Sonne und schöner Natur – wie wir es auch im Baselbiet hatten.» Die Wahl fiel auf Frick, «ein Ort mit Dorfcharakter, aber dennoch mit sehr guter Infrastruktur.» Und Thomas Doppler freut sich nun jeden Tag über den wunderbaren Ausblick auf das Fricktal. «Wir wurden auch gut aufgenommen in Frick. Schon vor dem Umzug wurde ich angefragt, ob ich Mitglied der Fricker Saurierkommission werden möchte. In Frick ist 1978 in der Gruhalde ein vollständiges, 210 Millionen Jahre altes Skelett eines Plateosaurus geborgen worden, das nun in einem eigens dafür geschaffenen Museum ausgestellt ist. Thomas Doppler hat ausser Archäologie und Anthropologie auch Zoologie studiert und verfügt so über die Expertise, die für eine Mitarbeit in dieser Kommission gefragt ist.
Als Kantonsarchäologe ist Thomas Doppler für zwei der international bekannten Fundstellen im Aargau verantwortlich: für das römische Augusta Raurica (Kaiseraugst) sowie Vindonissa (Windisch). Ebenso spektakulär findet er aber die Fundstellen aus anderen Epochen auf aargauischem Kantonsgebiet. Zum Beispiel die keltischen Grabhügel aus dem 8. Jahrhundert vor Christus in Unterlunkhofen: 63 Grabhügel hat es dort, die ausser Reste von menschlichen Körpern, Schmuckstücke aus Bronze und Silber, ein Schwert und Teile eines Wagens enthielten. Die Grabhügel sind heute mit dichter Vegetation überwachsen, der Wald soll nun aber ausgelichtet werden, damit die eindrückliche Grablandschaft wieder als Ganzes erkennbar wird. «Als die Grabhügel errichtet wurden, war an diesem Ort wohl kein Wald vorhanden. Sie war dadurch von weitem sichtbar, was wohl auf den hohen Status der darin bestatteten Menschen hinweist», erklärt Doppler.
Vieles bleibt im Dunkeln
Über die Kultur und die Lebensumstände der Kelten jener Zeit weiss man relativ wenig. «Zu den Römern gibt es viele zeitgenössische schriftliche Quellen und sehr viele archäologische Funde. Von den Kelten hingegen ist wenig überliefert und so gibt es viele Fragezeichen.» Dank neuen Methoden aus der DNA- oder der Isotopenforschung kommt man in der modernen Archäologie dennoch immer wieder zu erstaunlichen Erkenntnissen. Durch die Isotopenanalyse an Zähnen und Knochen lassen sich beispielsweise die Ernährungsgewohnheiten und Herkunft von Menschen und Tieren rekonstruieren. Und die DNA-Forschung gibt Aufschluss über Verwandtschaften und zum Beispiel auch Virenkrankheiten, an denen die Menschen litten. «Das gibt Einblicke in die Vergangenheit, die noch vor wenigen Jahren unvorstellbar waren.»
Was fasziniert Thomas Doppler an der Archäologie? – «Sie gibt uns Antworten auf Fragen, wie der Mensch zu Urzeiten gelebt hat. Man erfährt, wie er sich ernährte, wie er Jagd auf Tiere machte, wie er seine Nahrung zubereitete oder wie er sich gegen Kälte schützte.» Vieles verbleibt aber dennoch im Dunkeln. Zum Beispiel die Frage, seit wann sich der Mensch mit Sprache verständigen konnte. Oder was dazu führte, dass Menschen ihre Ursprungsgebiete in Afrika verliessen und nach Europa, in den Orient und schliesslich über Asien bis nach Amerika und Australien gelangten. Warum zogen sie los in immer neue Umgebungen und Erdteile? In einigen Gebieten – im Vordern Orient zum Beispiel – wurde der Mensch schon früh vom Jäger und Sammler zum sesshaften Bauern. Was bewog ihn dazu? – Die Wissenschaft gehe davon aus, dass unter anderem Klima- und Landschaftsveränderungen eine grosse Rolle spielten. Andere Faktoren, wie Veränderungen im Sozialgefüge, seien sicher auch von Bedeutung gewesen, aber nicht so klar zu fassen.
Nicht mehr auf Ausgrabungen tätig
Als Archäologe erlebe man immer wieder ergreifende Momente, sagt Thomas Doppler. So etwa bei der Freilegung von Fundobjekten, die oft viele Jahrhunderte unberührt im Boden lagen. Bei seiner ersten Ausgrabung in Kaiseraugst wurde zum Beispiel ein Spielstein gefunden. Besonders faszinierend seien auch Musikinstrumente, etwa aus Schwanenknochen gefertigte Flöten. Solche Funde zeigten, dass Spiel, Spass und Musik ganz tief im Menschen verankert sind. Als Kantonsarchäologe ist Thomas Doppler nicht mehr selbst auf Ausgrabungen tätig. «In meiner neuen Funktion bin ich vor allem der Manager, der für seine Mitarbeiter optimale Rahmenbedingungen schaffen muss. «Aber die Leidenschaft, sich mit Fragen rund um den Ursprung unserer heutigen Gesellschaft zu beschäftigen, brennt weiterhin in mir», sagte er.