Hofstetters haben sich auf dem FiBL-Hof gut eingelebt

  20.02.2021 Frick, Persönlich

Leben und arbeiten im Einklang mit der Natur

Zum Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in Frick gehört auch ein Landwirtschaftsbetrieb mit rund 30 Hektaren Acker und Grünland. Im vergangenen Frühjahr haben Anna und Gerhard Hofstetter-Müller die Pacht übernommen.

Dieter Deiss

Zusammen mit ihren vier Kindern, der ganzen Fahrhabe des Landwirtschaftsbetriebs samt Kühen, Jungvieh, Schafen und Hühnern zügelten sie vor knapp zehn Monaten von Tarasp nach Frick. Was veranlasste die Familie Hofstetter zu diesem Wechsel? «Wir sind überzeugte Bio-Bauern», beantwortet Anna Hofstetter diese Frage. «Das, woran hier im FiBL gearbeitet wird, deckt sich vollumfänglich mit unserer inneren Überzeugung. Wir schätzen es, dass wir hier an der Forschung und Entwicklung im Bio-Landbau mitarbeiten dürfen» Der Betrieb der Hofstetters ist zertifiziert mit der «Knospe» von Bioswiss aber auch gemäss den Demeter-Richtlinien. Während Bio für eine nachhaltige Landwirtschaft stehe, spreche man bei Demeter von einer biodynamischen Landwirtschaft nach dem Grundsatz «Gut ist es, wenn es jedem Teil gut geht» werden die beiden Labels von Anna Hofstetter kurz zusammengefasst.

Start auf der Eggenalp
Anna und Gerhard Hofstetter sind im Emmental aufgewachsen. Hier fanden sie sich, die Lehrerin und der Landwirt und Alpsenn mit Meisterprüfung. In Hondrich pachteten sie im Jahr 2000 den Gutsbetrieb der Bergbauernschule mit der zugehörigen Eggenalp, ob Zweisimmen. Hier waren sie auch Gastfamilie im Projekt Alp. Dieses Projekt vermittelt Menschen mit psychischen Krankeiten, Suchtproblematik und Jugendliche, die aus verschiedenen Gründen einen geschützten und betreuten Rahmen benötigen. Die von Fachleuten des Projekts unterstütze Aufgabe habe vor allem darin bestanden, den jungen Menschen in ihrem Leben wieder Strukturen und einen sicheren Halt zu geben.

«Die Eggenalp ist der schönste Wohnort, den man sich vorstellen kann», blickt Anna Hofstetter fast etwas wehmütig zurück. Mit Kindern sei die Abgeschiedenheit dann aber doch etwas beschwerlich geworden. Unterdessen hatte sie übrigens auch den Abschluss als Bäuerin mit Fachausweis erworben.

Nach langem und sorgfältigem Abwägen gab es 2014 eine totale Luftveränderung: Samt Hab und Gut zügelte die Familie nach Tarasp ins Unterengadin. Hier wurde der Biohof Chaposch für die kommenden sechs Jahre ihr neuer Mittelpunkt. Es war nicht nur eine völlig neue Umgebung, sondern es galt auch Romanisch zu lernen. Denn nur wenn man die Sprache der dortigen Leute spricht, werde man auch vollumfänglich in die Gemeinschaft aufgenommen.

Vom Unterengadin ins Fricktal
Während der Betrieb in Tarasp sehr familiär war, so sei man nun im Hof zur Linde in Frick ein Teil der grossen FiBL-Gemeinschaft, erzählt Anna Hofstetter. «Diese Art der Zusammenarbeit entspricht uns sehr.» Für den Betrieb ist die Familie völlig eigenverantwortlich, es gebe denn auch von FiBL-Seite her keinerlei Vorgaben, dies mit einer Ausnahme: «Unsere Kühe werden mit einem Melkroboter gemolken», berichtet Gerhard Hofstetter. Für lediglich 30 Kühe sei dies eigentlich eine unrentable Investition. Ein Chip am Halsband liefere den wissenschaftlich Mitarbeitenden aber wichtige Informationen über das Verhalten der Kühe. Zusätzlich steht der Betrieb teilweise auch für Feldversuche zur Verfügung.

«Seit fünfzehn Jahren verfüttern wir bei uns kein Kraftfutter mehr», betont Gerhard Hofstetter. «Die Kühe sollen Gras und Heu fressen und nicht das für den Mensch bestimmte Getreide», ergänzt er dazu. «Unsere Tiere sind dadurch gesünder.» Augenfällig denn auch die prächtigen Kühe im nahen Laufstall: Sie dürfen nämlich noch ihren Hornschmuck tragen und haben ganz normal ausgebildete Euter. Es sind keine Hochleistungskühe. «Auch unsere Kühe geben in ihrem Lebenszyklus rund 70 000 Liter Milch pro Tier. Allerdings benötigen sie dazu fünfzehn Jahre, während die Hochleistungskuh dies in sieben Jahren schafft, dann aber ausgebrannt ist und geschlachtet wird.»

Tiere gehören zur Familie
Für die Hofstetters sind Tiere nicht einfach Fleisch-, Milch- und Eierproduzenten, sondern es sind Lebewesen, die des Menschen Achtung verdienen. «Die Tiere geben uns etwas, wir geben ihnen etwas», ergänzt Anna Hofstetter. «Die Tiere gehören bei uns zur Familie.» Muss ein Tier geschlachtet werden, gibt es oft auch Tränen. «Ich begleite eine Kuh zum Schlachthof», führt Gerhard Hofstetter aus. «Es wäre feige, wenn ich dies nicht täte.» Grundsätzlich werden auf dem Hof nur so viele Tiere gehalten, wie es das auf dem Betrieb produzierte Futter erlaubt. Sobald man Dünger und Futter zukaufe, komme die Landwirtschaft aus dem Gleichgewicht. Dasselbe gilt auch bei der medizinischen Versorgung der Tiere. «Antibiotika werden bei uns nur im Notfall verabreicht, im schlimmsten Falle einmal jährlich», erzählt Gerhard Hofstetter. «Wir verabreicehn in der Regel homöopathische Produkte. Diese Mittel verlangen eine genaue Beobachtung des kranken Tieres, man muss sich intensiv mit diesem befassen und ständig die direkten Auswirkungen eines Mittels überprüfen.» Und weiter: «Dank der natürlichen Haltung fühlen sich die Tiere bei uns wohl und sind in der Regel gesund.»

Das tönt eigentlich alles schön und gut. Wie steht es aber mit dem Ertrag? «Kein Problem», meinen dazu Anna und Gerhard Hofstetter. «Wir können auf den Kauf von Dünger, Spritzmitteln und Kraftfutter verzichten, dies spart viel Geld.» Zudem wolle man nicht möglichst viel produzieren, vielmehr stehe stets die Nachhaltigkeit im Vordergrund. Man wisse zudem über die Auswirkungen der industriell produzierten Landwirtschaftsprodukte auf die Gesundheit der Menschen noch viel zu wenig.

Attraktives Hoflädeli
«Viele Konsumentinnen und Konsumenten sind heute bereit, für Bioprodukte, bei denen man die Herkunft kennt, auch etwas mehr zu bezahlen» führt die Bäuerin aus. Sie spricht aus Erfahrung, betreibt sie doch direkt neben dem Wohnhaus ein übersichtlich und mit zahlreichen Produkten ausgestattetes Hoflädeli. Nebst Milchprodukten, so auch dem hauseigenen Käse, findet man da Salben, Sirup, Süssmost, Konfi und Holzofenbrot. Seit einem Monat gibt es zudem einen Milchautomaten, wo man direkt mit dem Auto vorfahren und jederzeit frische Milch beziehen kann. Die Hofstetters spüren ein zunehmendes Interesse an ihren Produkten.

Wie einst auf der Eggenalp möchten sie auch hier in Frick zeitweise wieder Menschen aufnehmen, die einer besonderen Betreuung bedürfen. «Uns geht es gut, wir wollen der Gesellschaft auf diesem Weg wieder etwas zurückgeben», erklärt dazu Anna Hofstetter und Gerhard Hofstetter ergänzt: «Es gibt keinen besseren Ort für einen Menschen mit Problemen als den Stall. Hier herrscht Gemächlichkeit und Ruhe.» Diese Ruhe und Ausgewogenheit empfindet man auch als Besucher. Hier auf dem Hof zur Linde wird nicht einfach nach dem Bio-Label produziert. Bio und Demeter sind längst zu einer Philosophie geworden, welche von der gesamten Familie Hofstetter gelebt wird.


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