Essen unter Zeitdruck

  17.12.2020 Fricktal, Gastronomie

Wie Corona-Massnahmen die Gastronomen einschränken

Wer den Partner oder die Partnerin abends zum Essen ausführen will, muss sich sputen – oder er hat Pech und der Speisesaal bleibt gleich geschlossen.

Ronny Wittenwiler

Abends um 19 Uhr: Lichterlöschen in den Speisesälen. So auch in Möhlin. Branka Geiger vom Restaurant Sonnenberg in Möhlin sagt, die vom Bundesrat veranlasste Schliessung bereits um 19 Uhr sei tödlich für das Abendgeschäft. «Das ist viel zu knapp. Niemand will dann noch auswärts schön essen gehen und geniessen. 21 Uhr wäre viel besser gewesen.» Branka Geiger, die das Restaurant zusammen mit ihrem Mann Marcel führt, spricht im Rückblick auf die letzten Tage von einer Testphase. Am Samstag und am Sonntag habe man noch ein paar Gäste gehabt, die sich überzeugen liessen, etwas früher als ursprünglich zum Nachtessen zu erscheinen. «Für andere war es definitiv zu früh. Am Montagabend war es dann aber sehr ruhig.» Die Aussage zeigt: Gerade für Betriebe, die nicht vom schnellen Imbiss zwischendurch leben, sind die jüngsten Massnahmen besonders einschneidend. Essen unter Zeitdruck will praktisch niemand.

«Umsatzeinbusse von 40 Prozent»
Eine Einnahmequelle für Gastronomen bleiben Lieferdienste für Mahlzeiten sowie Take-away-Angebote, die bis 23 Uhr geöffnet bleiben dürfen. «Wir betreiben unseren Take-away von 17 bis 21 Uhr», sagt Atilla Akkaya vom Restaurant Warteck in Möhlin. Auf die massiven Einschränkungen mit der abendlichen Sperrstunde reagierte er umgehend. Der Speisesaal bleibt am Abend gleich ganz geschlossen. «Die Hauptspeisezeit der Schweizer liegt zwischen 18 und 20 Uhr. Wir würden Gäste, die extra zum Essen kommen, nur verärgern, wenn wir sie bereits um 19 Uhr nach Hause schicken müssen.» Mit den Pizzen zum Mitnehmen, die der Warteck-Wirt jeweils von 17 bis 21 Uhr anbietet, lässt sich der Ausfall abends keinesfalls kompensieren. «Das steht in keinem Verhältnis. Wer abends zum Essen kommt, geniesst eine Vorspeise, bestellt Getränke, ein Dessert und vielleicht einen Espresso.» Generell habe Corona stark eingeschenkt. «Seit Mitte Oktober haben wir eine Umsatzeinbusse von vierzig Prozent.»

Dann doch lieber einen Lockdown
Auch das Restaurant Sonnenberg bietet diese Woche vorerst noch eine Auswahl an Take-away-Menüs an. Für Familie Geiger aber ist klar: Unter solchen Voraussetzungen den Betrieb weiterzuführen, sei schwierig. Für die Angestellten habe man Kurzarbeit anmelden müssen. «Sie haben auch Familie und müssen leben können», sagt Branka Geiger. Sie und ihr Mann können als Wirtepaar dagegen keinerlei Entschädigung in Anspruch nehmen – da bislang keine Zwangsschliessung verordnet wurde. «Mit den aktuellen Einschränkungen können wir aber kaum kalkulieren. Wir hoffen, dass der Bundesrat bald etwas kommuniziert, das Hand und Fuss hat», sagt Branka Geiger. Die Ware einkaufen und dennoch ein Minus schreiben, mache nun mal keinen Sinn. «Unter solchen Umständen wäre ein Lockdown für uns sogar besser.» Auch im Restaurant Warteck kennt man diese Sorgen. Für das Personal wurde Kurzarbeit angemeldet. Auch ihm, Atilla Akkaya, wäre ein verordneter Lockdown lieber. In der aktuellen Situation hat auch er keinen Anspruch auf Entschädigung, obschon sich abends kaum mehr etwas verdienen lässt. «Käme ein zweiter Lockdown, würde das die Situation erleichtern. Und mit den Erträgen aus dem Take-away könnte ich den Mietzins bezahlen.»

Bereits morgen Freitag informiert der Bundesrat voraussichtlich über mögliche neue Massnahmen.


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