Der Traum ist ausgeträumt

  22.12.2020 Leserbriefe, Wegenstetten, Schule

Offener Brief an den Regierungsrat

Herr Hürzeler

Monatelanges Zittern, unzählige Sitzungen, gutgeheissene Ausgangslagen, Zugeständnisse der Gemeinden, Personen, welche sich mit Herzblut eingesetzt haben, Kontakte geknüpft und Zusagen erhalten, Vertrauen aufgebaut haben, all diese Zuversicht und Hoffnung wurden zunichte gemacht.

Unsere Schüler müssen nun den weiten Weg nach Möhlin auf sich nehmen und unsere beliebten, geschätzten, kompetenten über Jahre treu gedienten Lehrer/innen verlieren ihren Arbeitsplatz und somit ihre Anstellung.

Ich bin zutiefst enttäuscht über den Beschluss von Ihnen und den vom BKS, uns einen Aufschub von einem (für Sie) lächerlichen Jahr zu gewähren. Wir haben alle Anforderungen fortlaufend erfüllt. Zurzeit fehlen uns lediglich wenige Realschüler, um gemäss Schulgesetz eine eigenständige Oberstufe führen zu können. Dennoch könnte die Schule mit den aktuellen Ressourcen problemlos die Stundentafel abdecken und weiterhin qualitativ guten Unterricht bieten. Weiter sind in den folgenden Jahrgängen klar steigende Schülerzahlen zu verzeichnen. Aber diese Zahlen und Fakten muss ich ja dem BKS nicht ausrechnen, die wissen Sie ja sicher bereits. Wissen Sie, was alles verloren geht? Was Sie mit Ihrer vernichtenden Absage alles anrichten?

Kein Schüleraustausch kann mehr genützt werden, auch nicht für «Problemfälle». Die pädagogisch sinnvolle Variante mit kleineren Klassen und eingehender Unterricht kann nicht mehr stattfinden. Menschlichkeit bleibt auf der Strecke. Ist ein Postauto überhaupt organisiert? Dies wird wohl von Nöten sein, werden doch 80 Schüler vom Wegenstettertal nach Möhlin fahren und dort noch 10/15 Minuten zu Fuss zurücklegen müssen.

Wer bezahlt den Bus, welcher extra angeschafft werden muss? Wer bezahlt den Chauffeur? Wäre es nicht günstiger gewesen, die Oberstufe in Wegenstetten zu lassen? Oder spekulieren Sie etwa, dass die Schüler in den normalen Kursen mitfahren sollen?

Sie sind nicht nur für die Schule das gewählte Oberhaupt, sondern auch für unsere Sportvereine. So viele Male habe ich Sie an Turnfesten predigen hören, wie wichtig der Sport sei, wie wichtig der Ausgleich zum Alltag und für die Entwicklung sei. Speziell für ein zukünftiges Vereinsleben im Dorf sei es wichtig, dass die Jugendlichen daran teilnehmen können. Ja wie denn bitte schön, wenn sie danach noch Hausaufgaben erledigen sollen? Über den Mittag wird dies ja nicht mehr möglich sein, da die Zeit nicht mehr reichen wird. Ist ein Mittagstisch organisiert? Wer trägt die Kosten? Ist eine Betreuung vor Ort? Oder wollen Sie die Jugendlichen etwa unbeaufsichtigt lassen? Muss hier Möhlin auch ein Konzept einreichen, welche Schüler wo eingeteilt sind, ob die Ressourcen gerecht verteilt sind/werden? Oder gelten in Möhlin nicht die gleichen Voraussetzungen und Bestimmungen? Oder ist dies sogar noch ein abgekartetes Spiel?

Warum kommt die Absage so prompt? Warum haben Sie uns zwei Jahre lang an einem Projekt arbeiten lassen, zu welchem Sie nie nein sagten? Die Bevölkerung steht hinter unserer Oberstufe, dies haben die vielen Unterschriften bewiesen. Die Niederlage akzeptieren zu müssen unter anderem durch etliche Falschmeldungen und Falschinterpretationen fällt uns schwer. Nun geht so viel Herzblut einfach den (Möhlin)-Bach runter. Covid-19 hat uns Zeit geklaut und somit die Möglichkeit, alles zu klären. Warum wird uns dieses eine für uns so wichtige Jahr nicht gewährt? Haben denn nicht alle Bürger der Schweiz Nachteile durch die Pandemie erlitten? In Aarau ist wohl Corona nicht angekommen, sonst hätte die Absage den Weg ins Wegenstettertal sicher nicht so eilig gefunden.

Wir fühlen uns vom Kanton im Stich gelassen und verarscht, hat dieser doch gegen uns statt mit uns gearbeitet. Alle erdenklichen Möglichkeiten und Anstrengungen wurden zunichte gemacht.

Ich finde es eine verdammte Schweinerei, die Bevölkerung so zu umgehen. Wir haben Sie gewählt (noch) im Glauben und in der Hoffnung, Sie würden zum Wohl unse- rer Kinder und Steuerzahler entscheiden. Die Bevölkerung hat ein Recht zu erfahren, was alles einfach so bestimmt wird und der Steuerzahler dies, ohne auch nur an einer Versammlung mitbestimmen zu können, zu bezahlen hat. Wäre doch zu fragen, ob die Steuerzahler, mit oder ohne schulpflichtige Kinder, gerne die Kosten für das Schülergeld, die Transportkosten, die Mittagstisch-Verpflegung und die leerstehenden Gebäude zahlen möchten. Die Schule ist ein Volksgut und somit sollten auch diese ein Mitspracherecht haben dürfen. An einer Volksabstimmung hätte dies demokratisch entschieden werden können.

Wie können Sie nur ruhig schlafen mit dem Wissen, dass Sie so viele Schüler, Sportler, willensstarke, engagierte Personen und die Aargauer Bevölkerung vor den Kopf gestossen haben. Ich kann seit Wochen nicht mehr schlafen, dies aber wohl, so schliesse ich daraus, weil ich ein Gewissen habe…

In diesem Sinne, besinnliche Weihnachten.

KAROLINA STAHEL, SCHULPFLEGE WEGENSTETTEN


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