Der Schiesssport stand und steht im Mittelpunkt

  21.10.2020 Laufenburg, Persönlich

Nicht nur Sonnenschein im Leben von Kurt und Margrith Güttinger

Weit über das Fricktal hinaus kennt man in Schützenkreisen den Laufenburger Kurt Güttinger. Bis 2006 war sein «Markenzeichen» der dicke Stumpen im Mund.

Dieter Deiss

Er ist so etwas wie die gute Seele der Laufenburger Stadtschützen und hilft aktiv mit, dass es diesen einstmals stolzen Verein trotz Mitgliederschwund heute noch gibt. Nicht selten vertritt er an Schiessanlässen die Stadtschützen zusammen mit nur einem oder zwei Kollegen. Es sei auch schon vorgekommen, dass er der einzige Laufenburger war. Als Fähnrich markiert er zudem immer wieder sichtbar Präsenz für den Verein. So auch beim letzten Habsburgschiessen, wo die Laufenburger eben wegen ihrer Geschichte und deren Verflechtung mit der Habsburg als Stammsektion zu den Gesetzten zählten.

Letztmals am Habsburgschiessen
Im vergangenen Jahr fand das traditionelle Schiessen ein letztes Mal statt. Auch hier nahm Güttinger nicht nur als aktiver Schütze teil, sondern repräsentierte das Städtchen Laufenburg mit dessen Schützenfahne. Stolz erzählt Güttinger, dass die Laufenburger bei den Stammsektionen als Sieger hervorgingen. «Dieser Tag, zwei Tage vor meinem Geburtstag, wird für mich unvergesslich bleiben», meint er rückblickend. Übrigens gehörte es ebenfalls zur Tradition, dass man den Weg zur Habsburg ganz auf Schusters Rappen beging, berichtet er. Während in neuerer Zeit der Rückweg mit dem Auto zurückgelegt wurde, habe er es sich viermal nicht nehmen lassen, als einziger den Heimweg ebenfalls zu Fuss zurückzulegen.

Seine Liebe zum Schiesssport trug Kurt Güttinger bereits in jungen Jahren in sich. Regelmässig beteiligte er sich erfolgreich am Volksschiessen der Laufenburger Kleinkaliberschützen und absolvierte den Jungschützenkurs. Gross war deshalb die Enttäuschung, als ihm wegen eines Herzfehlers der Militärdienst verwehrt wurde. Mit einer Leihwaffe der Armee betrieb er fortan trotzdem seinen geliebten Sport.

«Gütti kann das»
Nachdem er 1989 den Schützenmeisterkurs absolviert hatte, nahm er auch Einsitz im Vorstand der Stadtschützen. Dort bekleidete er im Laufe der Jahre aber nicht nur das Amt des Schützenmeisters. Je dünner die Personaldecke wegen der rückläufigen Mitgliederzahlen wurde, umso mehr Ämter wurden an Güttinger übertragen. Nebst dem Amt des Schützenmeisters ist er nämlich unterdessen auch Fähnrich und Materialverwalter und 2006 wurde er in Abwesenheit zum Vizepräsidenten erkoren. Güttinger verhehlt auf die entsprechende Frage nicht, dass er unterdessen bei den Stadtschützen zum «Mädchen für alles» geworden ist. «Umso mehr schmerzt es mich, wenn man mir dann Vorwürfe wegen meiner Arbeit macht», meint er.

Trotzdem, oder vielleicht gar jetzt erst recht, widmet er die Schaffenskraft seinem Verein und sorgt dafür, dass das zarte Lebensflämmchen nicht ganz erlischt. Es stimmt ihn schon traurig, dass es im Verein nur noch zwei regelmässig aktive Schützen gibt. Nicht mehr möglich sei wegen der zu kleinen Mitgliederzahl die Teilnahme an Schützenfesten oder die Durchführung einer Jahresmeisterschaft, berichtet er. Damit er trotzdem noch an kantonalen und eidgenössischen Anlässen teilnehmen kann, ist er noch sogenanntes B-Mitglied bei den Schützen von Oeschgen sowie Mitglied bei den Kleinkaliber-Sportschützen der Tonwerke Keller. Bei Letzteren ist er übrigens auch noch Schützenmeister, Fähnrich und Materialverwalter. Gelte es eine Aufgabe anzupacken, so heisse es nicht selten: «Gütti (sein Spitzname) kann das, also soll er es auch machen!»

«Hat da, bei so viel Engagement für das Hobby, überhaupt noch ein Familienleben Platz?» wird man sich fragen. «Ja, hat es!» erzählt seine Gattin Margrith, die übrigens selber nie geschossen hatte. «Nachdem Kurt einen grossen Teil seiner Freizeit im Schützenhaus verbringt, liess ich mich nicht zweimal bitten, als man eine Wirtin für die Schützenstube suchte.» Während mehr als 25 Jahren war Gattin Margrith offizielle Schützenhauswirtin. Mit derselben Liebe und Energie, mit welcher Kurt seinen Sport betreibt, sorgte sie für das Wohl der Schützinnen, Schützen und Gäste. Sie kennt sich im Schützenmilieu bestens aus. Es ergaben sich im Laufe der Jahre zahlreiche Freundschaften und Bekanntschaften. An der letzten GV stellte sie das Amt aus gesundheitlichen Gründen zur Verfügung.

Vom Berner Oberland ins Fricktal
Dass Margrith keine echte Fricktalerin ist, verrät ihr unverkennbarer Berner Oberländer-Dialekt. Aufgewachsen ist sie in Reichenbach im Kandertal, von wo sie die Liebe ins Fricktal führte, dies allerdings über Umwege. Kennen gelernt hat sie Kurt 1971 im Rahmen einer Ferienwoche im Ferienzentrum Randolins oberhalb von St. Moritz. Sehr beeindruckt habe sie damals nicht nur der junge Kurt, sondern auch der Lagerleiter Fritz Wartenweiler, der bekannte Erwachsenenbildner und Schriftsteller. Es sei schon erstaunlich gewesen, was der damals bereits 80-jährige Wartenweiler, den sie übrigens ganz offiziell Onkel Fritz riefen, noch zu leisten vermochte.

Der Wechsel der auf einem Bauernhof aufgewachsenen Margrith ins Fricktal fiel ihr nicht ganz leicht. Längst fühlt sie sich aber in Laufenburg zuhause und das Oberland wäre ihr heute zu eng, meint sie, fügt aber gleich an: «Auch wenn es mir hier gefällt, fühle ich mich nicht als Laufenburgerin.» Hier in Laufenburg liebt sie vor allem den Rhein, den sie bis vor Kurzem direkt aus ihrem Stubenfenster bewundern konnte. Ein unglücklicher Unfall mit einer schwerwiegenden Blutvergiftung als Folge, brachten ihr fünf Monate Spital- und Rehaaufenthalt. So lernte Margrith, die während 24 Jahren im Pf legeheim Laufenburg gearbeitet hatte, das Spitalleben auch mal von einer anderen Seite kennen. Die 43 Treppenstufen aber, die vom Laufenplatz hinauf zur Wohnung führten, vermochte sie inskünftig nur noch mühselig zu bewältigen, weshalb das Paar jetzt in eine Parterrewohnung umgezogen ist, wo sie jetzt insbesondere den Blick auf den Rhein vermisst.

Schwerer Start ins Leben
Und Kurt Güttinger? Ist er ein Laufenburger? «Ja und nein», meint er dazu, der seit seinem siebten Lebensjahr in Laufenburg zuhause ist und sich zusammen mit Margrith über die vier Enkel freut, die ihnen die beiden Söhne geschenkt haben. Allerdings stand Kurt nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens. So verbrachte der heute 75-jährige Rentner seine ersten sieben Jahre im St. Josefsheim in Bremgarten. Es sei eine schreckliche Zeit gewesen meint er: «Wer nicht gehorchte, wurde gnadenlos bestraft, so beispielsweise durch Eintauchen in heisses oder kaltes Wasser.» Mit sieben Jahren holten ihn seine Mutter und sein Stiefvater nach Laufenburg. Eine Lehre als Sattler, Tapezierer und Bodenleger eröffnete ihm dann berufliche Perspektiven. Im Alter von 55 Jahren wurde er bei der EGL ein Opfer des Personalabbaus. Der kürzlich verstorbene Dölf Schmidli, damals Personalchef bei der Tonwerke Keller AG, habe ihm dann eine Stelle in seinem Betrieb angeboten. «Ich weiss, dass du arbeiten kannst», habe er ihm damals gesagt, und Kurt Güttinger konnte bis zu seiner Pensionierung bei seinem neuen Arbeitgeber bleiben.


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